Am kommenden Dienstag wird der in Köln wohnhafte Polke, ein Star
der internationalen Kunstszene, 60 Jahre alt. Dutzende von
Journalisten haben ihn vergeblich um Geburtstagsinterviews gebeten.
Der Künstler ist offenbar an den Medien nicht interessiert.
Für seine Gemälde erzielt er mittlerweile Spitzenpreise: 300 000
Mark bekommt er für ein Bild mittleren Formats, Frühwerke erzielen
Millionensummen.
Experimentelle Arbeitsweise
«Polke ist sehr schwer einzuordnen», finden Kunstexperten. Das
hängt auch mit seiner Experimentierfreude zusammen. Den Einstieg in
die Kunstszene verschafften ihm vor allem seine Raster- und
Dekostoffbilder.
Er setzte Bilder aus überdimensionalen Rasterpunkten zusammen,
und statt Leinwand nahm er synthetische Flauschdecken, gestreiften
Schlafanzugstoff oder Plastikfolien als Bildträger, auf die er
Themen aus der Werbung, Filmwelt oder Comics malte.
In den 70er Jahren durchkämmte Polke ferne Länder wie Mexiko,
Australien oder Pakistan nach neuen Motiven und Mythen, wobei die
Kamera sein ständiger Begleiter war. In den 80er Jahren wurde er
nach Ansicht von Evelyn Weiss, Kuratorin des Kölner Museums Ludwig,
«fast ein Alchimist der Kunst». Er experimentierte mit sich
verändernden Thermo- und Hydrofarben.
So bot er 1986 im deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig
ein alchimistisches Schauspiel: Seine wärmeempfindlichen Bilder,
die je nach Tagestemperatur in jeweils anderen Farben leuchteten,
wurden mit dem «Goldenen Löwen» für die beste künstlerische
Leistung belohnt.
In seinem Kölner Atelier experimentierte Polke, der auch als
«Meister des Stilpluralismus» bezeichnet worden ist, wie in einem
chemischen Laboratorium. Er hantierte und experimentierte mit
Silbernitrat, verschiedensten Lacken, mit Kunstharz, Schellack,
unterschiedlichen Pigmentträgern, Eisenglimmer, Kopiergeräten und
Computertechniken. Auch die Fotografie hat für den Maler eine
zentrale Rolle gespielt.
Beuys-Schüler
Polke wurde in Oels in Niederschlesien geboren. Seine Familie
floh 1945 nach Thüringen und übersiedelte 1953 nach West-Berlin und
anschliessend nach Düsseldorf. Dort begann er zunächst eine
Glasmalerlehre und studierte dann von 1961 bis 1967 an der
Kunstakademie in Düsseldorf. Zu seinen Lehrern zählte auch Joseph
Beuys.
Je mehr Polke zum Star der internationalen Kunstszene wurde,
umso mehr schottete er sich ab. Über das Privatleben des Malers ist
wenig bekannt. Der Nichtraucher und - inzwischen - Nichttrinker ist
inzwischen geschieden und lebt mit einer Lebensgefährtin zusammen.
In Köln-Zollstock teilt er sich mit einem Schreiner ein ehemaliges
Fabrikgebäude, das ihm als Atelier dient.
Polkes Schaffen ist in zahlreichen Ausstellungen auf der ganzen
Welt gezeigt worden, er wurde mit vielen Kunstpreisen
ausgezeichnet, darunter der mit 300 000 Gulden dotierte
niederländische Erasmus-Preis.
(la/sda)