Bei der Präsidenten-Wahl 1998 in Paris soll ein ganz klarer
Wahlbetrug stattgefunden haben, sagt Zen-Ruffinen in der gestrigen
SonntagsZeitung und schildert dabei Vorkommnisse, die letzten
Donnerstag in der Süddeutschen Zeitung ausführlich beschrieben
worden waren. Damals sei der Verbandspräsident von Haiti durch den
Sportminister seines Landes an der Reise zur Wahl in Frankreich
gehindert worden. In Paris wurde aber dennoch eine Stimme für Haiti
abgegeben. Und zwar durch einen engen Vertrauten von Jack Warner,
dem gestern wiedergewählten Präsidenten des Verbandes Nord-
/Mittelamerika und Karibik (CONCACAF). Zen-Ruffinen: «Laut FIFA-
Reglement hätte dieser Vertraute nicht für Haiti stimmen dürfen,
weil er Bürger von Trinidad und nicht von Haiti ist. Damit ist es
ein ganz klarer Wahlbetrug.»
Ähnliches sei bereits zwei Jahre früher bei einem anderen FIFA-
Kongress vorgekommen, weiss die Süddeutsche Zeitung. Damals hätte
die Freundin des Verbandspräsidenten von Jamaika für Haiti
gestimmt.
Zen-Ruffinens Vorwürfe richten sich in erster Linie gegen Jack
Warner und die CONCACAF, gegen die er am 16. April eine
richterliche Klage eingereicht hat. Warner hatte Zen-Ruffinen
Illoyalität gegen seinen Präsidenten Blatter vorgeworfen und ihn
zum Rücktritt aufgefordert. Nach seiner Klage musste der
Generalsekretär nun seine Reise zum CONCACAF-Kongress am Wochenende
in Miami absagen, weil er sich von Warner bedroht fühlte. Warner
habe ihm gedroht, er solle nicht so unvorsichtig sein und nach
Miami reisen.
Warner ist in Miami mit 36:2 Stimmen wiedergewählt worden. Sein
Gegenkandidat Edgar Codesal aus Mexiko wurde zuvor an einer
Kandidatur gehindert. Das hatte Zen-Ruffinen verbandsrechtlich
prüfen wollen und war dann von Blatter «zurückgepfiffen» worden.
Codesal wurde kurzfristig doch noch zur Wahl zugelassen, hatte aber
keine Chance mehr. Beim Kongress war auch der FIFA-Präsident
zugegen, während Zen-Ruffinen in der Schweiz die neuen Vorwürfe
erhob. Vorwürfe über verschwundene Aktin (SonntagsBlick) oder
irreguläre Vorgänge im Finanzwesen der FIFA (SonntagsZeitung). Er
sei oft bewusst abgeschnitten worden von kurzfristig gelösten
Entscheidungsprozessen, womit er sich schon auf Grund der FIFA-
Statuten nicht abfinden könne (NZZ am Sonntag).
Zen-Ruffinen findet es auch schlimm, dass die FIFA bisher nie
etwas gegen Warner, den einflussreichen Wahlhelfer Blatters, und
die CONCACAF unternommen habe: «Dieser Verband stolpert seit zehn
Jahren von einem Skandal zum nächsten, er zahlt und droht, es ist
unglaublich.»
Auch hierbei erhält er Unterstützung von der Süddeutschen
Zeitung (SZ), die einen früheren ISL-Manager zitiert, der mit
Warner über die TV-Rechte der Weltmeisterschaft 2002 für die
Karibik verhandelte. Warner habe bisher (1990, 1994 und 1998) die
TV-Rechte von der FIFA immer für einen Dollar (!) pro WM gekauft
und danach im karibischen Raum weiterverkauft. Damit sei der
kleingewachsene Schullehrer aus Trinidad über Nacht schwer reich
geworden. Die TV-Rechte für 2002 sollen nun durch die ISL nicht an
Warner, sondern an einen anderen Geschäftsmann für 2,5 Millionen
Dollar verkauft worden sein. Nach dem Zusammenbruch der ISL hätte
Warner nun aber die Rechte doch noch erhalten, schreibt die SZ.
Wie geht es weiter im Zwist zwischen Blatter und Zen-Ruffinen,
den der Generalsekretär nicht als Problem zwischen den beiden
Wallisern, sondern als Problem der FIFA sieht? Das persönliche
Gespräch vom Montag wird diese Probleme nicht lösen können. Es kann
wohl höchstens zu einem «Waffenstillstand» führen. Bis am 3. Mai,
wenn die FIFA-Exekutive zum nächsten Mal in Zürich tagt. Sie allein
ist für die Ein- und Absetzung des Generalsekretärs zuständig. Und
sie wird von Zen-Ruffinen Auskunft zu den Vorwürfen verlangen.
Will Zen-Ruffinen seinen Job retten, muss er dann Stellung
beziehen. Gestern erklärte er im SonntagsBlick: «Die Frage ist: Bis
wohin muss meine Loyalität gegenüber dem Präsidenten gehen? (..)
Muss ich schweigen und dementsprechend ein Komplize sein? Oder muss
ich die Wahrheit sagen, auch mit der Befürchtung, als Verräter
dazustehen?»
(kil/sda)