Vanessa Mae - die besondere Exotin

Die Nachricht hatte sich vorerst als Produkt eines Märchenerzählers angehört. Vanessa Mae als Riesenslalom-Fahrerin an den Olympischen Spielen in Sotschi. Die Reaktionen zielten allesamt in die gleiche Richtung. «Ein Gag erster Güte». «Kann die überhaupt skifahren?». «Ein Musik-Weltstar bei Olympia. Was soll das?».

Platz 2253 in der FIS-Liste

Doch Vanessa Mae machte ernst und brachte die kritischen Stimmen und zynischen Kommentare zum Verstummen. Mitte Januar senkte sie in Krvavec in Slowenien in zwei FIS-Rennen und bei zwei Starts an den nationalen Meisterschaften (mit zweit- und drittrangiger Beteiligung) im Riesenslalom ihre FIS-Punkte auf 112,12 und unterbot damit das vom Internationalen Ski-Verband FIS für eine Olympia-Teilnahme vorgegebene Maximum von 140 Punkten. In der aktuellen FIS-Punkte-Liste nimmt Vanessa Mae Platz 2253 ein.

Anfängerin war sie längst keine mehr; zum ersten Mal auf den Ski war sie schon als Fünfjährige gestanden. In den vergangenen fünf Jahren konnte sie ihr Können praktisch vor der eigenen Haustüre verbessern. 2009 hatte sie ihren Wohnsitz von London nach Zermatt verlegt. Den finalen Teil ihrer Olympia-Vorbereitung absolvierte Vanessa Mae in Flumserberg. Während ihres Aufenthalts im Sarganserland nahm sie an zwei weiteren FIS-Rennen teil, in den sie mit Rückständen von 21,83 respektive 22,70 Sekunden jeweils Letzte wurde. Das Ergebnis wird auch heute am Rosa Peak Nebensache sein. Im Vordergrund steht der olympische Gedanke. «Es geht für mich nur darum, in den zwei Läufen Spass zu haben.»

Im Namen des Vaters

Vanessa Mae wird unter dem Namen ihres Vaters als Vanessa Vanakorn und für dessen Heimatland Thailand antreten. Die heute 35-Jährige war als Tochter der Chinesin Pamela Soei Luang Tan und des Hoteliers Vorapong Vanakorn in Singapur geboren worden. Nach der Scheidung ihrer Eltern siedelte sie mit ihrer Mutter, einer Rechtsanwältin und halbprofessionellen Konzert-Pianistin, nach London über. Die Mutter heiratete noch einmal, ihr zweiter Ehemann, der Engländer Graham Nicholson, adoptierte die damals vier Jahre alte Vanessa, die damit auch die britische Staatsbürgerschaft erhielt.

Als Geigen-Virtuosin gehört Vanessa Mae zu den ganz Grossen der Branche. Mit ihrem Repertoire von Klassik bis Techno hat sie weltweit Musik-Preise gewonnen und sich zur Multi-Millionärin gemacht. Der Star-Kult verkommt dieser Tage an den Ausläufern des Kaukasus zur Nebensache. Mit Ausnahme von zwei Bodyguards verzichtet sie auf Sonderbehandlung. Unter den fünf Ringen will sie als Sportlerin so «normal als möglich» daherkommen. Auf Luxus verzichtet sie auch bei der Unterkunft. Für sie war es eine Selbstverständlichkeit, ihr Zimmer im olympischen Dorf zu beziehen.

(ig/Si)