Versenkt im Stadt-Land-Graben

publiziert: Montag, 14. Feb 2011 / 11:37 Uhr / aktualisiert: Montag, 14. Feb 2011 / 12:19 Uhr
Heidi: Stadthasserin und Indoktrinatorin
Heidi: Stadthasserin und Indoktrinatorin

Stadt und Land waren schon immer durch unterschiedliche Interessen und Ansichten getrennt, wobei in früheren Zeiten (bis zum zweiten Weltkrieg) die ländlichen Gebiete aber unter einem entscheidenden Nachteil litten: Das Ansehen des Ruralen war – gelinde gesagt – schlecht: Rückständigkeit, Armut und Landflucht prägten das Bild. Doch irgendwann wurde das Städtische, das Urbane zum Bösen.

1 Meldung im Zusammenhang

Dies hing sicher auch mit der Sehnsucht der Städter nach einer 'natürlichen' Welt zusammen: Der Wunsch nach offenen, aus einzelnen Baumgruppen bestehenden Landschaften ist eventuell schon evolutionär in uns angelegt. Forscher stellten fest, dass die als am gelungensten bezeichneten von Menschen gestalteten Parklandschaften topologisch verblüffend der Steppenlandschaft gleichen, in der sich die Vorfahren des Menschen entwickelt haben.

Doch dieses Sehnen nach einer gewissen Natürlichkeit der Landschaft ist nur ein Faktor eines kulturellen Wertewandels, der mit der schrecklich-schön-idealistischen Romantik richtig angestossen wurde. Diese Gegenbewegung zur vernunftgeprägten Aufklärung trug von Anfang an eine Lüge in ihrem Herzen: Jene der kuschligen Geborgenheit, welche das Landleben biete.

Die ständige Landflucht , die auch heute noch ein globales Phänomen ist, zeigt hingegen, dass das ganz so nicht sein kann. Doch die Verklärung des Ländlichen blieb bestehen und damit eine neue Welt der Klischees. Städter sind hart, verschlagen, unehrlich, gewalttätig, feige und falsch, Landmenschen hingegen grosszügig, herzlich, ehrlich, friedliebend, wehrhaft und echt. Stadt ist schlecht. Land ist gut.

Dass praktisch jede Verbesserung des Lebens auf dem Land ihren Ursprung in der Stadt hatte, wird geflissentlich vergessen: Landmaschinen, Kunstdünger, flächendeckende medizinische Versorgung, Bildung für alle, Agrarwissenschaften... Ohne die städtische Erfindung der Universität, ohne das geballte Wissen an einem Ort, das ausstrahlt auf das Land hinaus, gäbe es in der ruralen Welt auch heute noch mühselig harte Arbeit ohne echten Lohn dafür (o.k. Bauernvertreter behaupten, das sei immer noch so, weshalb sie ja auch immer mehr Geld aus den Städten wollen).

Statt dies einzusehen, begann und beginnt die Indoktrination beim Kleinsten: Stichwort Heidi – die inkarnierte Stadthasserin. Heidi erweicht steinerne Herzen und lehrt Gelähmte laufen... wofür? Damit sie auf einer Alpwiese das Böse der Stadt exorziert? Mitnichten.

Die Idealisierung des Ländlichen und die Dämonisierung des Städtischen im politischen Diskurs, die Beschwörung der Heidi-Schweiz, die Angst vor dem Fremden und die Wahrnehmung dessen in der eigenen Mitte - nämlich den Städten - schadet der Schweiz, die einst mal ein revolutionärer Ort war und jetzt droht, zu einer hohlen Postkartenidylle zu verkommen, zu einer Kuriosität, die sich dereinst im von sich selbst ausgehobenen Graben in ihrer Mitte versenken wird.

(Patrik Etschmayer/news.ch)

Lesen Sie hier mehr zum Thema
Städte
Sind das Zentrum jedes Landes, da wird das Zusammenleben auf engsten Raum gelebt und gelitten. Das Städte eher Zukunftsorientiert sind, ist ja logisch, Stillstand bedeutet in einer Stadt Rückschritt. In einer Stadt ballten sich Hochschulen, Zentralen vieler Firmen und Kunst und Kultur. Der Mix aus vielen Kulturen und Gesellschaftsschichten macht das leben in einer Stadt sehr interessant und fordernd, Warum solche Mixe eher Sozialdemokratisch und Grün wählen....... ja da kann jeder selber darauf kommen.

Richtige Schweizer Städte sind für mich, Bern, Zürich, Basel und Genf, eventuell noch St Gallen. Wobei St Gallen nur mit Augen zu drücken als Stadt gelten kann. Sie ist doch schon sehr Provinz...... Also Ostschweizer tut mir diese Aussage in der Seele weh.....
Das tun Sie ja!
Sie voten ja für Mickey Mouse, nämlich eine gute Beschreibung von Toni Brunner :)

"wie es sein sollte" ha ha ha...da habe ich ja voll in die rechtsbürgerlichen Wunden gegriffen.

Ich darf ja wohl noch meine Meinung kund tun oder?

Hier noch ein Zitat aus meinem Post:

"...den nötigen Kontrast zu den manchmal zu weltoffenen Ja Voten der Grossstädte."

Wieso kommen Sie wieder mit der SP und dem Kapitalismus?
Diese Partei und ihr Programm sind genau so ätzend und gefährlich für die Schweiz wie der populistische Müll der SVP.

Es ist schon übel, sobald man gegen etwas der SVP ist wird man gleich als linker roter kommunistischer Anti-Kapitalist oder ähnliches beschumpfen.

Ich bin überzeugt von der Wichtigkeit der politischen Mitte, die meiner Meinung nach immer gleich Stark sein sollte wie beide Pole zusammen. Leider bewegt sich das Wählervolk aber immer mehr von der Mitte weg zu den Polen. Das ist auch die Schuld der nach rechts Ar**hkriechenden FDP und der links abdriftenden CVP.
Mickey Mouse for President
"Nicht umsonst stimmen gerade diese Kantone (Städte) eigentlich immer so wie es sein sollte.
Und vielmals eben gegen den Landstrom. "

Wow Jason. "so wie es sein sollte". Was für eine Demokratieverständnis! Wie es sein sollte für wen? Für Sie? Für die Linken? Für die welche glauben die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben? Wie sollte es den sein?

Ist St.Gallen für Schweizer Verhältnisse eine Stadt oder nicht? Also in der Stadt Zug sehen Sie wahrscheinlich relativ wenig Landeier. Auch In Lugano ist diese Spezies äusserst rar. Selbst dass Aargauer weisse Socken tragen und schlechte Autofahrer sind ist eine Mythos der sich hartnäckig hält. Ist das arrogante Zürich die Schweizer Referenz oder das Multikulti-Basel?

"Rechtsbürgerlichen Landeier die es nicht verputzen können dass seit Jahren in den grossen Städten eher die Linken Kräfte mit Erfolg regieren und die Bevölkerung dort zufrieden ist". Träumen Sie weiter!

Wieso müssen Traditionen und Werte negativ sein? Bei anderen Nationen heisst das "unsere Kultur" und die Schweizer biegen alles damit diese Leute ihre Kultur auch bei uns beibehalten können. Nur der Schweizer darf keine Kultur oder Tradition haben.

Die SP mit der Abschaffung des Kapitalismus im Programm ist für mich rückständiger und antiquierter als jeder Bauer im Kanton Uri.

Wenn ich also vor zwei Wahlplakaten stehen würde, rechts Mickey Mouse gegen die EU und links ein Politiker für die Abschaffung des Kapitalismus und den EU-Beitritt, dann wähle ich Mickey Mouse.
Meinungsterror
Zitat JB
"Nicht umsonst stimmen gerade diese Kantone (Städte) eigentlich immer so wie es sein sollte."

Sie bestimmen also was gerade sein sollte? Der Himmel bewahre uns davor.
Basel Zürich Genf
Nicht umsonst stimmen gerade diese Kantone (Städte) eigentlich immer so wie es sein sollte.
Und vielmals eben gegen den Landstrom.

Der Hass der Ländler auf die Städte ist etwas herbeigeredet, da geht es eher um die Rechtsbürgerlichen Landeier die es nicht verputzen können dass seit Jahren in den grossen Städten eher die Linken Kräfte mit Erfolg regieren und die Bevölkerung dort zufrieden ist.

Natürlich ist es aber schnell vergessen wenn man wieder mal die hohle Hand aufmachen möchte für ein paar Zustupfe.

Trotzdem, die Schweiz besteht nun mal aus sehr unterschiedlichen Kantonen. Deshalb gibt es ja auch das Ständemehr, eine sehr gute Sache.
Auch AI oder Uri haben das Recht ihre Meinung kund zu tun bei Abstimmungen, sei es noch so antiquiert und rückständig.
Das gibt zuweilen den nötigen Kontrast zu den manchmal zu weltoffenen Ja Voten der Grossstädte.

Die konservative Welle die über die Schweiz hinwegfegt ist eh auf die äusseren Umstände zurückzuführen und nicht unbedingt auf das gescheite Politisieren der Rechtsparteien.

Gäbe es weder Krise, noch Druck der EU, Bankenprobleme, Gaddaffiidioten usw. würden das traditionelle und zuweilen rückständige Denken mehrheitlich ausbleiben.
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
«Hier hätte ich noch eine Resistenz - gern geschehen!» Schematische Darstellung, wie ein Bakerium einen Plasmidring weiter gibt.
«Hier hätte ich noch eine ...
In den USA ist bei einer Frau mit Harnwegsinfektion zum ersten mal ein Bakterium aufgetaucht, das gegen das letzte Reserve-Antibiotikum resistent ist. Wer Angst vor ISIS hat, sollte sich überlegen, ob er seinen Paranoia-Focus nicht neu einstellen will. Denn das hier ist jenseits aller im Alltag sonst verklickerten Gefahren anzusiedeln. mehr lesen 4
Durch ungeschickte Avancen von SBB- und Post-Chefs, droht die Service-Public-Initiative tatsächlich angenommen zu werden. Von bürgerlicher Seite her solle ... mehr lesen  
Künftig mindestens 500'000.-- und die ganze Schweiz inklusive: SwissPass, der schon bald mal GACH heissen könnte.
Eine renommierte US-Kanzlei stellt einen neuen Anwalt Namens Ross ein. Die Aufgabe: Teil des Insolvenz-Teams zu sein und sich durch Millionen Seiten Unternehmensrecht kämpfen. Und nein, ROSS ist kein armes Schwein, sondern ein Computerprogramm. mehr lesen  
In letzter Zeit wurden aus Terrorangst zwei Flüge in den USA aufgehalten. Dies, weil Passagiere sich vor Mitreisenden wegen deren 'verdächtigen' Verhaltens bedroht fühlten. Die Bedrohungen: Differentialgleichungen und ein Telefongespräch auf Arabisch. Sollten Sie also in nächster Zeit in den USA unterwegs sein, hier ein paar Tipps fürs problemlose Reisen. mehr lesen  
Typisch Schweiz Der Bernina Express Natürlich gibt es schnellere Bahnverbindungen in den Süden, aber wohl ...
Highlight der Kollektion: Eine Gibson Les Paul von 1959, die 300.000 bis 500.000 Pfund einbringen soll.
Shopping Mark Knopfler verkauft seine Gitarrensammlung Die Gitarrensammlung vom Dire Straits-Gitarristen Mark Knopfler wird am 31.01.2024 bei Christie's versteigert.
Erstaunliche Pfingstrose.
Jürg Zentner gegen den Rest der Welt.
Jürg Zentner
Frauenrechtlerin Ada Wright in London, 1910: Alles könnte anders sein, aber nichts ändert sich.
Regula Stämpfli seziert jeden Mittwoch das politische und gesell- schaftliche Geschehen.
Regula Stämpfli
«Hier hätte ich noch eine Resistenz - gern geschehen!» Schematische Darstellung, wie ein Bakerium einen Plasmidring weiter gibt.
Patrik Etschmayers exklusive Kolumne mit bissiger Note.
Patrik Etschmayers
Obama in Hanoi mit der Präsidentin der Nationalversammlung, Nguyen Thi Kim Ngan auf einer Besichtigungstour: Willkommenes Gegengewicht zu China.
Peter Achten zu aktuellen Geschehnissen in China und Ostasien.
Peter Achten
Recep Tayyp Erdogan: Liefert Anstoss, Strafgesetzbücher zu entschlacken.
Skeptischer Blick auf organisierte und nicht organisierte Mythen.
Freidenker
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Fr Sa
Zürich 2°C 7°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Basel 3°C 9°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt, Regen
St. Gallen 0°C 3°C starker Schneeregenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig trüb und nass starker Schneeregen
Bern 1°C 6°C starker Schneeregenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Luzern 1°C 7°C starker Schneeregenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Genf 4°C 11°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wolkig, aber kaum Regen
Lugano 7°C 14°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich recht sonnig
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten