Über 600 Varianten bekannt

Viele Schlachtrinder tragen antibiotikaresistente Bakterien

publiziert: Freitag, 6. Sep 2013 / 10:20 Uhr
Inzwischen sind die Bakterien auch in gesunden Menschen und Nutztieren weit verbreitet.
Inzwischen sind die Bakterien auch in gesunden Menschen und Nutztieren weit verbreitet.

Bern/Zürich - Jedes zwölfte Schlachtrind in der Schweiz trägt Darmbakterien mit gefährlichen Antibiotika-Resistenzen. Zu diesem Schluss kommen Forscher der Vetsuisse-Fakultät der Universitäten Bern und Zürich in einer im Fachjournal «PLOS ONE» veröffentlichten Studie.

6 Meldungen im Zusammenhang
Das Team um Roger Stephan von der Uni Zürich hat 571 Schlachtrinder getestet und bei 48 davon sogenannte ESBL-produzierende Bakterien gefunden. Dies sind eigentlich gewöhnliche Darmbakterien, die aber ein Erbgutschnipsel namens "ESBL" besitzen. Es produziert ein Enzym, das Antibiotika wie Penizillin und Cephalosporine zerstört.

ESBL-produzierende Bakterien sind nicht nur selbst resistent gegen diese Medikamente, sondern können das Erbgutschnipsel auch an andere Bakterien übertragen. Sie stellten deshalb in der Human- und Tiermedizin ein gewaltiges Problem dar, sagte Stephan auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Etwa zwei Drittel der Humantherapien basierten auf dieser Klasse Antibiotika.

"Alarmierende Verbreitung"

Ursprünglich waren ESBL-produzierende Bakterien lediglich Spitalkeime, die zu zahlreichen Ausbrüchen führten. Inzwischen sind sie auch in gesunden Menschen und Nutztieren weit verbreitet; über 600 Varianten sind bekannt. Die Sorge wächst, dass ESBL-produzierende Kolibakterien im Nutzvieh herangezüchtet und über Milch und Fleisch auf den Menschen übertragen werden könnten.

Die aktuelle Studie deutet laut den Forschern darauf hin, dass es im Schweizer Rindvieh bereits ein solches Reservoir gibt. Ihre Proben stammen aus den fünf grössten Schlachthäusern der Schweiz und sind somit repräsentativ für die ganze Schweiz.

Bei anderen Tierarten schaut es noch schlimmer aus. In einer nicht repräsentativen Studie vom letzten Jahr fanden Stephan und Kollegen ESBL-produzierende Bakterien im Kot von 15 Prozent der Schweine, 13 Prozent der Rinder, 8 Prozent der Schafe - und sogar 63 Prozent der Hühner. Zudem fanden die Forscher solche Keime in 21 von 58 Schweizer Flüssen und Seen.

"Die weite Verbreitung dieses Resistenzmechanismus in Tieren, in Menschen und in der Umwelt ist alarmierend", sagte Stephan. Immerhin waren Milch sowie Rinds- und Schweinshackfleisch frei von diesen Bakterien - laut den Forschern wohl dank der hohen Hygienestandards in Schweizer Schlachthöfen.

Übertragbare Resistenz

Für den Menschen ist die Gefahr der ESBL-produzierenden Bakterien indirekt. Zwar könnten sie über rohe tierische Lebensmittel zum Menschen gelangen, aber weil sie durch Erhitzen zerstört werden, seien direkte Krankheitsausbrüche unwahrscheinlich, sagte Stephan.

Es könne aber vorkommen, dass ein solches E.-coli-Bakterium eine Harnwegsinfektion auslöse, die dann mit Antibiotika schwierig zu therapieren sei. Die Hauptgefahr sei jedoch, dass die Keime die Fähigkeit, resistent zu sein, über das Erbgutschnipsel zum Beispiel im Darm an andere, gefährliche Erreger übertragen könnten.

Antibiotika in der Milchproduktion

In der jüngsten Studie haben die Forscher weiter untersucht, welche Faktoren das Vorkommen dieser Keime begünstigen. Es zeigte sich, dass vor allem sehr junge Rinder und solche, die aus Milchbetrieben stammten, diese trugen. Als Grund vermuten die Forscher den häufigen Einsatz der modernen Antibiotika in Milchbetrieben gegen Euterentzündungen.

Dazu komme die Schweizer Tradition, Kälber mit der Milch zu füttern, die wegen des Antibiotika-Einsatzes unverkäuflich ist. Die Autoren plädieren deshalb für einen vorsichtigen Umgang mit diesen Antibiotika, die auch für die Humanmedizin wichtig sind, in der Milchwirtschaft.

(asp/sda)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Bern - Die Sonntagspresse veröffentlicht vertrauliche Zahlen zum Schweizer ... mehr lesen
«Schweiz am Sonntag»: Personen mit Migrationshintergrund wählen vermehrt links, wie aus einer Studie hervorgeht.
Es kann sein, dass die gleiche Art Bakterien auch in anderen Lebensmitteln vorkommt.(Symbolbild)
Saskatoon - Wissenschaftler der University of Saskatchewan haben mit Pseudomonas erstmals antibiotikaresistente Bakterien in Lebensmitteln nachgewiesen. Die Bakterien waren in ... mehr lesen
München - Antibiotika, die in der ... mehr lesen
Antibiotika in der Tierhaltung haben gravierende Auswirkungen.
Verantwortungsloser Umgang mit Antibiotika bei der Schweinemast in China.
Washington - Wissenschaftler haben vor dem unkontrollierten Einsatz von Antibiotika in der chinesischen Schweinemast gewarnt. Die massive Nutzung führe zur Ansammlung von ... mehr lesen
Weitere Artikel im Zusammenhang
Massentierhaltung wird zum Problem.
Bern - Resistente Bakterien in der ... mehr lesen
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
Zunächst einmal ist der Nothelferkurs von entscheidender Bedeutung, um im Falle eines Unfalls angemessen reagieren zu können.
Zunächst einmal ist der Nothelferkurs von ...
Publinews Laut aktuellen Statistiken des Bundesamts für Statistik kam es in der Schweiz im Jahr 2022 zu insgesamt 18.936 Unfällen im Strassenverkehr, bei denen Personen zu Schaden gekommen sind. 241 Menschen verloren ihr Leben, 4.002 wurden schwer und 17.896 leicht verletzt. mehr lesen  
Publinews CBD, oder Cannabidiol, hat in den letzten Jahren stark an Beliebtheit gewonnen, da immer mehr Menschen die potenziellen gesundheitlichen ... mehr lesen  
Die Integration von CBD in Mahlzeiten und Getränke kann eine angenehme und effektive Möglichkeit sein.
Drogerie News In unserer dynamischen Zeit suchen viele nach natürlichen Wegen zur Steigerung des Wohlbefindens. Adaptogene Kräuter, seit Jahrhunderten in der traditionellen Medizin genutzt, gewinnen nun im modernen Wellnessbereich an Popularität. mehr lesen  
Pilates stärkt Körper und Geist und fördert zugleich Gelassenheit und mentale Ausdauer.
Fitness Pilates erweist sich zunehmend als eine favorisierte und wirksame Methode zur Körperertüchtigung, die eine harmonische ... mehr lesen  
Titel Forum Teaser
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Fr Sa
Zürich 3°C 7°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Basel 4°C 9°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt, Regen
St. Gallen 0°C 4°C starker Schneeregenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig trüb und nass starker Schneeregen
Bern 0°C 6°C Schneeschauerleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Luzern 3°C 6°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Genf 4°C 9°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wolkig, aber kaum Regen
Lugano 9°C 14°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich recht sonnig
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten