Vom Vorbild zum Feindbild

publiziert: Donnerstag, 9. Jun 2005 / 18:00 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 9. Jun 2005 / 21:52 Uhr

Buenos Aires - Die USA haben in Südamerika zurzeit einen schweren Stand. Während die mächtige Nation unter Präsident George W. Bush den weltweiten Krieg gegen Terror führt, gehen ihr im eigenen Hinterhof die früheren Vasallen einer nach dem anderen von der Fahne.

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Mexiko und Mittelamerika marschieren schon wegen der geographischen Nähe noch einigermassen im Gleichschritt, aber in den vergangenen Jahren sind in den meisten grösseren Staaten Südamerikas USA-kritische linke Regierungen an die Macht gekommen.

Die Frustration über gescheiterte marktwirtschaftliche Reformen nach US-Rezept, die nur mehr Armut erzeugten, und das bisweilen arrogante Auftreten der USA entladen sich in einer weit verbreiteten Ablehnung.

Einziger Trost für Washington: Der Subkontinent hat seit dem Ende des Ost-West-Konflikts einen Grossteil seiner geostrategischen Bedeutung eingebüsst.

Nur selten reagieren die USA irritiert auf die Selbstständigkeit der armen Nachbarn. So etwa, als das nichtständige Mitglied des UNO-Sicherheitsrates Chile gegen den Irak-Krieg stimmte oder die USA ihren Kandidaten für das Amt des Vorsitzenden der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) nicht durchsetzen konnten.

Freihandelszone

Auch das vorläufige Scheitern jahrelanger Bemühungen um eine allamerikanische Freihandelszone hat Washington frustriert. "Die USA suchen doch nur Märkte für ihre Überschussproduktion", sagt Boliviens führender linker Politiker Evo Morales.

Während viele Regierungen verbal auf Abstand zu den USA gehen, herrscht hinter den Kulissen Pragmatismus. So bezichtigt Venezuelas linkspopulistischer Präsident Hugo Chavez die USA, ihn ermorden und militärisch in seinem Land einfallen zu wollen.

Die USA beschuldigen Chávez im Gegenzug der Unterstützung des "Terrorismus" und linker Rebellen im Nachbarland Kolumbien. Venezuelas Erdölexporte in die USA laufen unterdessen aber wie geschmiert.

Auslandschulden

Brasilien versucht sich unter dem linken Präsidenten Luiz Lula da Silva als Regionalmacht zu etablieren, was nicht unbedingt im Interesse von Washington liegen dürfte. Seine Auslandsschulden aber tilgt das Land auf Franken und Rappen.

Selbst Argentiniens unbequemer Präsident Néstor Kirchner setzt beim Abbau der Schulden seines Landes vor allem auf die Fürsprache der USA im Internationalen Währungsfonds (IWF) und bei der Weltbank.

Volkszorn

Komplizierter ist die Lage in den instabilen kleineren Ländern. In Ecuador hatte der Wahlsieg des mit einem linken Programm angetreten Lucio Gutiérrez 2002 im Norden zunächst Sorgen gemacht. Kaum im Amt, erwies sich der Militär aber als folgsamer Staatschef, der die liberale Wirtschaftspolitik seiner konservativen Vorgänger fortsetzte.

Lange währte die Freude der USA aber nicht, denn im April jagte ihn das Volk aus dem Amt. Ein ähnliches Schicksal hatte im Oktober 2003 schon Boliviens konservativen Präsidenten Gonzalo Sánchez de Lozada ereilt. Nachfolger Carlos Mesa erklärte gerade inmitten linker Massenproteste seinen Rücktritt.

Gute Siegeschancen bei Neuwahlen hätte der Führer der sozialistischen MAS-Bewegung Morales - sicher kein Kandidat der USA.

Die Liste der wirklichen Freunde der USA ist kurz: Kolumbiens konservativer Präsident Alvaro Uribe, dessen Kampf gegen linke Rebellen am Tropf der US-Militär- und Finanzhilfe hängt. Auch Perus Staatschef Alejandro Toledo gehört dazu. Dessen Popularität dümpelt seit Jahren um die zehn Prozent.

(Jan-Uwe Ronneburger, dpa/Si)

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