Vom Vorbild zum Prügelknaben - und zurück?

publiziert: Montag, 28. Feb 2005 / 11:54 Uhr / aktualisiert: Montag, 28. Feb 2005 / 12:12 Uhr

Emmen LU - Früher einmal war Emmen ein Vorbild in Sachen Integration. In den letzten Jahren aber wurde es immer mehr zum nationalen Prügelknaben in Sachen Einbürgerungen. Mit dem Entscheid vom Sonntag hoffen die Gemeindeväter auf eine Beruhigung.

In den 90er Jahren hatte Emmen 7,8 Prozent Arbeitslose. Bild: Der Sonnenplatz in Emmen.
In den 90er Jahren hatte Emmen 7,8 Prozent Arbeitslose. Bild: Der Sonnenplatz in Emmen.
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Mit rund 27 000 Einwohnern ist Emmen die zweitgrösste Stadt in der Zentralschweiz. In Zeiten der Hochkonjunktur liefen die Maschinen in Emmens Fabriken (von Moos Stahl, Viscosuisse usw.) heiss und es schien, als habe man alles im Griff. Selbst Emmens Integrationspolitik galt damals als vorbildlich.

Doch dann drehte der Wind. In der Rezession wurden reihenweise Arbeitsplätze gestrichen. Plötzlich gab es fast nur noch Probleme. Der Ausländeranteil stieg seit 1990 von 18 auf 27 Prozent. Bei der Arbeitslosigkeit erreichte Emmen den Spitzenwert von 7,8 Prozent.

In dieser Situation fühlte sich Emmen allein gelassen. Inbesondere von der Wirtschaft, die sich aus der sozialen Verantwortung zurückzog. So entstand eine Atmosphäre, in der Ressentiments gediehen - gegen Ausländer und gegen die Ausländerpolitik des Bundes.

Einbürgerungen an der Urne - ein Ventil

In dieser Atmosphäre wurde Ende der neunziger Jahre von der SVP die Initiative für Einbürgerungen an der Urne lanciert. Zuvor war das Gemeindeparlament (Einwohnerrat) dafür zuständig, Probleme gab es kaum. Mit der Annahme Initiative - und den nachfolgenden Urnengänge - fanden die Unzufriedenen ein Ventil.

Wer vom Balkan kam, hatte keine Chance mehr auf eine Einbürgerung Unbestritten ist, dass der Gemeinderat das Problem der Einbürgerungen lange unterschätzt hatte. Er sonnte sich im Licht alter Zeiten. Dann kam im März 2000 der erste desaströse Urnenentscheid: 48 Einbürgerungen wurden abgelehnt. Ein böses Erwachen.

Emmen wurde über die Schweiz hinaus synonym für Rechtspopulismus und Ausländerfeindlichkeit - obwohl auch in andern Gemeinden Einbürgerungen serienweise abgelehnt wurden. Von allen Seiten hagelte es Urteile selbsternannter Richter in Sachen Toleranz. Grosszügig wurden Belehrungen erteilt. Doch die Frontstellung von aussen trug nur noch mehr zur Verhärtung in Emmen bei.

SVP-Initiative gegen Bundesgerichts-Urteil

Zwar gab es Versuche des Gemeinderates, die Situation zu beruhigen; z.B. ein Moratorium, durch höhere Hürden für Gesuchsteller. Doch die Situation blieb unbefriedigend. Erst der Entscheid des Bundesgerichtes von 2003, das Urnen-Einbürgerungen als unrechtmässig beurteilte, gab dem Gemeinderat das Instrument zur Wende.

Selbst die SVP stellte sich in Emmen hinter die jetzt vom Volk abgesegnete Lösung mit der Bürgerrechtskommission. Der SVP-Gemeinderat und am Sonntag in den Luzerner Regierungsrat gewählte Daniel Bühlmann hatte seinerseits erkannt, dass das Urnen-System bei den Einbürgerungen nicht funktioniert.

Trotzdem hat die SVP Schweiz 2004 die Volksinitiative für "demokratische Einbürgerungen" lanciert. Sie will, dass jede Gemeinde selber entscheiden kann, welches Organ das Bürgerrecht verleiht. Auch Entscheide an der Urne sollen wieder zulässig sein.

(fest/sda)

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