Alzheimer-Kranke verlieren nach und nach ihre intellektuellen Fährigkeiten und damit ihre Selbstständigkeit. Die Probleme, denen sie und ihre Angehörigen begegnen, sind enorm, wie die Schweizerische Alzheimervereinigung (ALZ) aus Anlass des Welt-Alzheimertags am Freitag schreibt.
Oft werde die Diagnose zu spät oder gar nicht gestellt, bestehende Therapien und Lebenshilfen nicht genutzt. Die ALZ befasst sich am diesjährigen Welt-Alzheimertag deshalb mit der Früherkennung und führt in der ganzen Schweiz Informations-Tagungen für Angehörige sowie freiwillige und professionelle Betreuer statt.
75 000 Demenzkranke
Laut Adrian Küng, Psychiater und Geriater an der Memory-Klinik in Lausanne, leben in der Schweiz rund 75'000 Demenzkranke. Weitaus die meisten, 50'000, leiden an Alzheimer. Von ihnen leben 32'000 zu Hause und 18'000 in Institutionen.
Oft würden die Angehörigen erste Anzeichen übersehen, nichts unternehmen und erst von der Krankheit erfahren, wenn der Betroffene ins Altersheim kommt. Andere bereuten, nichts unternommen zu haben, sagt Küng, dessen Klinik Sprechstunden für die Abklärung von Gedächtnisstörungen anbietet.
Nur wenige zeigen laut Küng einen pragmatischen und nicht dramatischen Umgang mit einer möglichen Demenz und lassen vom Hausarzt und von neuropsychologischen Spezialisten Abklärungen treffen. "Dabei wäre dies das Ideal. Nur wer ein Problem erkennt, kann damit umgehen", sagt Küng.
Von Routineuntersuchung noch weit entfernt
Er plädiert dafür, dass jeder an den üblichen Routineuntersuchungen auch Alzheimer-Abklärungen zulässt. "Warum soll man so wie andere Körperfunktionen nicht auch die geistigen Leistungsfähigkeiten regelmässig kontrollieren und erkennen, ob sie normal oder dramatisch nachlassen?", fragt er.
Wie die ALZ erinnert auch Küng daran, dass es Medikamente gibt, die zwar nicht heilen, aber im beginnenden und mittleren Stadium wirken und die geistige Leistungsfähigkeit verbesserten. Schliesslich werde der Alltag immer komplexer und genau dies werde im Alter zum Problem.
Beschwerlicher Alltag
Geld abheben oder eine Telefonnnummer suchen bedeute oft, mit neuen technischen Mitteln zurechtzukommen - schon daran scheitert ein Alzheimerkranker. Der Alltag werde beschwerlich, für ihn und für die Angehören. Wären alle darauf eingestellt, könnten echte Lebenshilfen angeboten werden, sagt Küng.
"Doch wir Ärzte stossen auf grosse Widerstände, wenn wir den Patienten eine entpsrechende Routineabklärung schmackhaft machen wollen. Gegen physische Untersuchungen hat kein Mensch etwas, gegen psychische leider noch viel zu viele", bedauert er. Damit werde riskiert, dass es eines Tages zu spät sei.
(bb/sda)