Wie funktioniert die CO₂-Speicherung im tiefen Untergrund?

publiziert: Mittwoch, 23. Mai 2012 / 09:39 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 23. Mai 2012 / 19:02 Uhr
Diesen Blogbeitrag hat Mischa Werner gemeinsam geschrieben mit Daniel Sutter. Beide sind Doktoranden am Laboratorium für Trennprozesse der ETH Zürich.
Diesen Blogbeitrag hat Mischa Werner gemeinsam geschrieben mit Daniel Sutter. Beide sind Doktoranden am Laboratorium für Trennprozesse der ETH Zürich.

Zukünftige Schweizer Gaskraftwerke müssen ihre CO₂-Emissionen per Gesetz zu 70% im Inland kompensieren. Besser fürs Klima wäre, wenn das CO₂ gar nicht erst in die Luft gelangen würde. Möglich macht dies die hierzulande noch wenig bekannte Carbon Capture and Storage Technologie (CCS).

Um 70% ihrer CO₂-Emissionen im Inland zu kompensieren, müssten zukünftige Schweizer Gaskraftwerke nach heutiger Ausgangslage Projekte wie Gebäudesanierungen oder Erdwärmeheizungen mitfinanzieren. Günstige und mit vertretbarem Aufwand realisierbare Projekte in der Schweiz sind in ihrer Zahl jedoch insgesamt begrenzt, so dass die Kompensationskosten pro Kraftwerk mit jedem Betriebsjahr steigen werden. Ausserdem werden die verfügbaren inländischen Kompensationsprojekte dringend benötigt, damit die Schweiz ihre international vereinbarten CO₂-Reduktionsziele erreichen kann.

Eine Alternative bietet die Carbon Capture and Storage Technologie (CCS): Statt auf Kompensation zielt CCS darauf ab, das bei der Gasverbrennung entstehende CO₂ abzuscheiden und an einem geeigneten Ort im tiefen Untergrund zu speichern.

Für die CO₂-Abscheidung stehen verschiedene Prozesse bereit, von denen die meisten in der Verfahrenstechnik seit Jahrzehnten erfolgreich zum Einsatz kommen. Die CO₂-Speicherung wird momentan international in verschiedenen Projekten und Forschungsprogrammen weiterentwickelt und auch schon industriell angewendet, so zum Beispiel seit 16 Jahren im Norwegischen Sleipner-Projekt.

Trillionen von Poren und eine Deckschicht bilden den Speicher

Eine Speicherformation besteht aus einer durchlässigen Gesteinsschicht (z. B. Sandstein) und einer darüber liegenden dichten Deckschicht (z.B. Tongestein). In grosser Tiefe von mindestens 800 m enthält der Porenraum der durchlässigen Gesteinsschicht sehr salzhaltiges, ungeniessbares Wasser. Genannt wird diese Schicht «saliner Aquifer». CO₂ wird nun beispielsweise bei einem Gaskraftwerk abgeschieden und gezielt in diesen Porenraum gepumpt. Der dafür verwendete Injektionsdruckübersteigt denjenigen der Umgebung nur um wenige bar - gerade um so viel, dass das CO₂ das Speichergestein durchdringen kann, ohne dieses zu beschädigen. CO₂ ist bei diesem Druck stark verdichtet und verhält sich ähnlich einer Flüssigkeit. Allerdings ist das verdichtete CO₂ etwas leichter als Salzwasser, weshalb es Auftrieb erhält. Die Deckschicht verhindert jedoch den auftriebsbedingten Aufstieg und zwingt das CO₂, sich im Porenraum des salinen Aquifers horizontal zu verteilen. Nebst der undurchlässigen Deckschicht sorgen weitere physikalische und chemische Prozesse für die Dauerhaftigkeit der Speicherung. Dank der Kombination von drei Speichermechanismen stabilisiert sich das CO₂ mit der Zeit von selbst immer weiter:

  1. Immobilisierung durch Tröpfchenbildung: Bei der Ausbreitung des CO₂ im Speichergestein bleiben kleine CO₂-Tröpfchen an den engen Verbindungen einzelner Poren hängen und werden dadurch effektiv immobilisiert.
  2. Auflösung im Salzwasser: Rund um die Tröpfchen löst sich CO₂ im Salzwasser und bildet Kohlensäure. Die Dichte dieser Lösung ist höher als diejenige des umliegenden, CO₂-freien Salzwassers. Die Lösung sinkt deshalb ab und verwahrt das CO₂ am Grund des salinen Aquifers.
  3. Umwandlung in Feststoffe: Die Mineralogie der meisten in Frage kommender Speicherschichten ermöglicht eine Reaktion des kohlensäurehaltigen Salzwassers mit dem Gestein des salinen Aquifers zu Karbonaten (z.B. Kalk oder Dolomit). Dies geschieht nur sehr langsam, doch in mineralisierter Form bleibt CO₂ über Jahrmillionen stabil gespeichert.

Erfahrungen mit der CO₂-Speicherung liefern zum einen die bereits bestehenden Projekte. Zum anderen nützen auch die Erfahrungen aus Erdgas-Speichern in salinen Aquiferen, die zum Ausgleich saisonaler Bedarfsschwankungen betrieben werden. Allein in Deutschland sind 23 solcher Erdgas-Porenspeicher in Betrieb, einer davon direkt unter Berlin.

Unbegründete Ängste in der Bevölkerung durch fehlendes Wissen

Im Unterschied zu den als nützlich wahrgenommenen Erdgasspeichern, begegnen Anwohner der CO₂-Speicherung im Untergrund mit grosser Skepsis. Gerade in Deutschland zeichnet sich entschiedener Widerstand ab. Untersuchungen zeigen jedoch, dass die ablehnende Haltung der Bevölkerung vorwiegend auf emotionale Eindrücke gestützt ist. Fakten bezüglich der naturwissenschaftlichen Grundlagen, Nutzen und Risiken von CCS sind der Bevölkerung kaum bekannt. Zusätzlich schüren Kritiker der CSS-Technologie unbegründete Ängste durch die Verbreitung falscher Bilder (CO₂-Geysir im Einfamilienhausquartier) und dem Gebrauch von reisserischem Vokabular («geologische Zeitbombe»). Deshalb kommt den Medien und der Wissenschaftskommunikation allergrösste Bedeutung zu. In der Schweiz sollten wir die Chance nicht verpassen, mittels neutraler, qualitativ hochstehender und trotzdem leicht verständlicher Informationen die Basis für eine rationale öffentliche Debatte über Vor- und Nachteile von CCS zu schaffen.

(ETH-Doktorand Mischa Werner/ETH-Zukunftsblog)

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