Der FC Wil erreichte zum vierten Mal die Aufstiegsrunde und
möchte künftig weder der kleine Bruder des FC St. Gallen noch
Trainer- und Spielerlieferant für NLA-Klubs sein. «Wir wollen
selber in die Spitzenliga», sagte Klubpräsident Andreas Hafen. «Wil
hat im Moment die spielerischen Mittel und die finanzielle
Sicherheit für die Nationalliga A. Längerfristig sehe ich aber dort
keinen Platz für uns.» Die Infrastruktur im Stadion Bergholz
erfüllt die Auflagen der Nationalliga für die A-Klasse nicht; der
FC Wil hat jedoch für den Fall des Aufstiegs die Zusicherung
erhalten, wenigstens in der ersten Saison im eigenen Kleinstadion
antreten zu können.
In Wil wird unter profihaften Bedingungen gearbeitet. Trainer
Heinz Peischl (Ö), der in der engeren Wahl um die Nachfolge von
Marcel Koller in St. Gallen stand, verfügt nach dem Zuzug von
Naldo, Rapo und Sereinig in der Winterpause über ein noch stärkeres
Kader. Dessen Stützen sind Leute wie Fabinho, Pavlovic, Isabella,
Dilaver und Gambino. Sawu, der erfolgreichste Stürmer des Teams,
ist freilich auf dem Absprung nach China.
Das Budget der Wiler ist mit 2,5 Millionen Franken relativ
bescheiden. Sportchef Armando Müller betonte, dass sich der Verein
auch in der Nationalliga A auf keine finanzielle Abenteuer
einlassen würde: «Wir wirtschaften seriös und schreiben schwarze
Zahlen. Alle Spieler sind Eigentum des FC Wil. Auch im Falle eines
Aufstiegs würden wir den Boden unter den Füssen nicht verlieren,
sondern unser Budget nur um eine Million aufstocken.»
Bangen in Luzern und Lausanne
Wil könnte von der finanziellen Not und dem spielerischen
Aderlass bei Luzern, Lausanne und Winterthur profitieren. Die
beiden NLA-Klubs und der Zürcher NLB-Verein, der im Herbst 14
Runden lang das Klassement in der zweithöchsten Spielklasse
anführte, müssen weiterhin um ihre Existenz bangen.
In Luzern blieb kein Stein auf dem andern. Der Verein trennte
sich seit dem Herbst notgedrungen von 16 Spielern; unter ihnen
befinden sich mit Ohrel und Lengen (Yverdon), Rey und Wiederkehr
(Xamax), Urdaneta (Waldhof Mannheim), Contini (Lausanne), Wyss
(Trainer in Grenchen), Türkyilmaz (Rücktritt), Alcorsé und Amarildo
(zurück nach Brasilien) und Torhüter Foletti (Derby County?)
zahlreiche Leistungsträger und Routiniers. Trainer und Manager
Raimondo Ponte hat eine neue, junge Mannschaft zusammengestellt,
deren Leistungspotenzial schwer abzuschätzen ist. Der Wille, den
FCL finanziell (bewilligte Nachlassstundung) und sportlich (1:0-
Sieg im Cup gegen Aarau) zu retten, ist vorhanden.
Barberis' Rückkehr
Lausanne, das seit der Einführung der NLA im Jahre 1944 noch nie
abstieg, hat einen neuen (alten) Trainer. Nach fünf Jahren Pause
kehrte Umberto Barberis (50) wieder an seine ehemalige
Wirkungsstätte zurück. Der nicht unumstrittene und eigenwillige
Italo-Schweizer trifft in Lausanne aber ganz andere Verhältnisse an
als in den Jahren 1987 bis 1993, in denen er die Waadtländer zu
einem Spitzenteam formte und in den UEFA-Cup brachte. Die
finanziellen Ressourcen sind beschränkt, noch immer ist Lausanne
auf das Wohlwollen von Waldemar Kita angewiesen, der Mitte Juni
2001 als Präsident demissionierte, aber immer noch die
Aktienmehrheit und die Transferrechte an den meisten Spielern hält.
Lausanne musste Massimo Lombardo für 500 000 Franken an Servette
abtreten und trennte sich auch von Pape Thiaw (Strasbourg) und
Daniel Puce (China). Mit der Basler Leihgabe Tchouga, mit Contini
und dem ehemaligen französischen Nationaltorhüter (und Geldgeber?)
Lionel Charbonnier verfügt Barberis dennoch über neue Spieler, die
mithelfen wollen, den Kollaps zu verhindern.
Aaraus Erfahrung
Aarau, das zum vierten Mal in Serie gegen den Abstieg kämpft,
und Neuchâtel Xamax wird der Ligaerhalt zugetraut. Die von Rolf
Fringer betreuten Aargauer mussten zwar den U21-Internationalen
Daniel Gygax und den Polen Slawomir Wojciechowski (ex Bayern
München) ziehen lassen, vertrauen aber den Künsten des von
Privatleuten zur Verfügung gestellten Ägypters Gouda (21), der bis
Saisonende eine Leihsumme von 70 000 Franken kosten soll. Xamax hat
die Abgänge des senegalesischen Internationalen Malik Diop
(Lorient/Fr) und des Kameruners Atouba (Basel) zu verkraften.
Trainer Alain Geiger hat sein Kader jedoch durch die Zuzüge von Rey
und Wiederkehr nahezu kompensieren können.
Delémont strebt zwar den Wiederaufstieg nach dem kurzen NLA-
Gastspiel in der Saison 1999/2000 an, aber die finanziellen und
spielerischen Mittel sind beschränkt; letzteres zeigte der
Ausrutscher im Cup gegen den Erstligisten Wangen. Der FC Thun, der
das Kader mit Aziawonou (Basel) und dem Kolumbianer Echeverry
ergänzte, wird sich wohl in der Rolle des Spielverderbers gefallen.
Beim darbenden FC Winterthur hat Sportchef René Weiler auch das
Traineramt übernommen, weil Urs Schönenberger zu Kriens wechselte.
Mit den Abgängen von Gerstenmaier (Baden), Brugnoli (Vaduz) und
Renfer (Zürich) büssten die Zürcher viel Substanz ein. Sie wollen
ohnehin nicht aufsteigen, sondern in der Nationalliga überleben.
(kil/sda)