Witali Klitschko auf dem Prüfstein

Herausforderer Danny Williams (31), der sich mit einem überraschenden K.o.-Sieg gegen den ehemaligen Champion und muslimischen Glaubensbruder Mike Tyson die WM-Chance erkämpfte, warnte Klitschko an der abschliessenden Medienkonferenz: "Sei bereit für einen Krieg. Und sei bereit, mir den Gürtel zu überlassen, er gehört mir."

Der 33-jährige Champion schaute für einen Moment verdutzt drein. Denn Williams (32:3 Siege, 27 vorzeitig) ist wie der Zweimeter-Hüne Klitschko (34:2, 33) normalerweise kein Mann grosser Worte. Beide Protagonisten sind eher ruhige Familienmenschen mit Manieren, die jeder Schwiegermutter gefallen würden.

Kurz vor dem Kampf scheint aber Williams (im Gegensatz zu seinem Rivalen) nervös geworden zu sein. So bezeichnete der dunkelhäutige Brite Klitschko wegen dessen Doping-Affäre vor den Spielen 1996 in Atlanta als "Doper" und "Junkie" (Bruder Wladimir holte schliesslich Gold im Superschwergewicht).

Zudem behauptete er in Anspielung auf Klitschkos verletzungsbedingte Aufgabe-Niederlage im WM-Kampf gegen Chris Byrd (USA/heute IBF-Champion) vor vier Jahren, Klitschko habe ein "schwaches Herz".

Williams mit Bart?

Williams, der vor fünf Jahren zum Islam konvertierte, drohte gar damit, den Kampf platzen zu lassen, wenn die Nevada State Athletic Commission (NSAC) verlange, dass er seinen schwarzen Vollbart wegrasiere oder stutze.

Vor dem Wiegen in der Nacht zum Freitag wollte sich NSAC-Präsident Marc Ratner der Sache annehmen: "Sollte der Bart scheuern und könnten dadurch Gesichtsverletzungen auftreten, werden wir ihn bitten, ihn zu entfernen."

Im Klitschko-Lager stört sich an den Gesichtshaaren niemand, "zumindest so lange darin kein Hufeisen versteckt ist", lautet die offizielle Version.

Lewis für Klitschko

Der britische Ex-Schwergewichts-Weltmeister Lennox Lewis (Gb) sieht seinen einstigen Beinahe-Bezwinger Witali Klitschko ebenfalls in der Favoritenrolle. "Gegen Danny sprechen die Grössen- und Gewichtsverhältnisse."

Zugleich räumte der 39-Jährige seinem Landsmann Williams Aussenseiterchancen ein: "Die Entschlossenheit, mit der Danny Mike Tyson besiegte, zeigt, dass er entschieden hat, um jeden Preis Weltmeister zu werden. Und beim Boxen kann alles passieren."

Für Lewis ist der ältere der beiden Klitschko-Brüder derzeit die Nummer 1 im Schwergewicht. "Wenn ich entscheiden müsste, wer die Zunft anführt, würde ich Witali nennen." Der Olympiasieger von 1988 ist allerdings der Meinung, dass Klitschko "noch nie richtig geprüft" wurde: "Da gibt es viele offene Fragen. Wir leben in einer neuen Ära, ohne einen mit mir oder Tyson vergleichbar dominanten Boxer."

Ein Comeback schloss der ehemalige Champion der Weltverbände WBC (1993-94/1997-2003), WBA (1999-2000) und IBF (1999-2002) jedoch aus: "Ich komme nicht zurück. Ich habe zu Gunsten des Boxens lange darauf verzichtet, eine Familie zu gründen. Nun habe ich sie und keinen Grund, zurückzukehren."

(bert/sda)