Wo das «ü» im Zurich Filmfestival ist

publiziert: Freitag, 26. Sep 2008 / 10:34 Uhr / aktualisiert: Freitag, 26. Sep 2008 / 20:50 Uhr

Aufblende. Zurich. Abend. Eröffnung des Filmfestivals. Totale: das Office der Administration. Nah auf einen Mann, der seinen Presseausweis abholen möchte, jenes Sesam-öffne-dich, das ihm bis zum 5. Oktober Zutritt zu den versprochenen Premieren verschaffen soll.

Zurich setzt auf Star-Power: Heute kommt Silvester Stallone auf den Roten Teppich.
Zurich setzt auf Star-Power: Heute kommt Silvester Stallone auf den Roten Teppich.
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«Für alle, die schon alles gesehen haben», lautet der Slogan, und klingt irgendwie, als bestehe die Zielgruppe aus verwöhnten Goldküsten-Bewohnern. Nah auf eine Uhr, die Fünf nach Sechs zeigt. Zoom auf eine junge Dame, die kaum alt genug sein kann, um «Rambo» noch im Kino gesehen zu haben.

Das Office sei jetzt zu, sagt sie. Ich soll mich um Sieben anmelden. Nun bin ich entweder zu spät oder zu früh und fühle mich genauso verloren wie die Pünktchen auf dem «u» des Zurich Filmfestivals. Es beginnt genau in diesem Moment zu regnen, wie es das in traurigen Filmen immer tut.

Viermal Stallone zeitgleich

So ein Glück, dass es am Bellevue nicht nur das Festivalkino, sondern auch eine Buchhandlung gibt. Wie schlägt ein Cinephiler eine Stunde tot? Mit Büchern über Filme. Hier hat man Romy Schneider einen nicht unerheblichen Altar aus neu erschienenen Bänden gebaut. Der Titel «1000 Filme die Sie gesehen haben sollten, solange Sie leben» sorgt aber schlagartig dafür, dass ich mich pflichtbewusst wieder vor dem Kino in die Schlange stelle. So viele Filme, so wenig Zeit.

Diese Ahnung beschleicht einen auch beim Durchsehen des Programmhefts. Heute Abend laufen gleich vier Stallone-Streifen zeitgleich – der gevierteilte Filmfan. Süsse Erinnerung an damals, als man nachts raubkopierte, und auf allen Geräten mehrere Stallone-Titel gleichzeitig den illegalen Weg ins private Filmarchiv fanden.

Dünner Programmführer in Technicolor

Dieser Programmführer ist dünner als jener von Locarno, dafür in Farbe. Und das umschreibt doch schon sehr akkurat den Unterschied der beiden konkurrierenden Filmbühnen: Hier Schwarzweiss, in üppiger Auswahl, da Technicolor, mit dünnerem Programm.

Auch in Zurich, und das passt schliesslich zu diesem harten Business-Pflaster, geht’s letztlich ums Gewinnen in einem Wettbewerb, dem Sieger gehört die Beute, die Letzen beissen die Hunde (schlimmer noch: die Zweitklassierten werden in keinem Medium erwähnt).

Zurich setzt auf Star-Power

Die Frage, ob und wie viel Glamour ein Filmfest braucht, sorgt für filmreife Szenen unter den Festivaldirektoren. Zurich setzt auf Star-Power. Dabei sind in einer Stadt, in der sich jeder selbst für einen Star hält, die echten Stars den Zürchern ziemlich schnurz. Vorbeihastende Investmentbanker schenken dem ausgerollten Teppich wenig Beachtung. Als Ersatz für kreischende Menschenmassen also einfach das Kreischen des Trämlis. Die eigentlichen Kinogänger braucht so eine Sause ohnehin nicht anzuziehen – die Medien sind an diesem Abend die wichtigsten und einzigen Zuschauer.

Der Vergleich der Pendlerzeitungen heute Morgen zeigt: Alle haben gleich gewichtet, der St.Galler Lehrermörder teilt sich die Schlagzeilen mit den Bellevue-Stars. Das Kino ist wie eine grosse Familie. Peter Fonda war da, seinen Papa Henry, seine Schwester Jane und seine Tochter Bridget kennen wir auch noch. Und Moritz Bleibtreu – seine Grossmutter hat schon in «Der dritte Mann» eine Grossmutter gespielt. Und wir, die Kinogänger, sind die Kinder, die zu Vaterfiguren aufschauen.

Gleich vis-à-vis gastiert der Zirkus Monti, und erinnert daran, dass Kino einst eine Jahrmarktattraktion, ein Schaubuden-Vergnügen war. Vielleicht ist es das heute noch. Abblenden.

(Roland Schäfli/news.ch)

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