Zur Wertschätzung von Zukünftigem

publiziert: Dienstag, 12. Apr 2011 / 09:00 Uhr
Daniel Spreng ist emeritierter Professor, Bereich Energiewirtschaft und Energieanalyse.
Daniel Spreng ist emeritierter Professor, Bereich Energiewirtschaft und Energieanalyse.

Die anlässlich des diesjährigen WEF-Treffens in Davos befragten Wirtschaftsgrössen beurteilten im Januar den Klimawandel als das schwerwiegendste Risiko, das die Menschheit eingeht¹. Heute wären grosse Reaktorunfälle wahrscheinlich auch hoch oben auf der Liste.

Weiterführende Links zur Meldung:

NY Times vom 4. März 2011
On Climate, Who Needs the Facts?
nytimes.com

Los Angeles Times, 6. März 2011
Coastal cities prepare for rising sea levels
latimes.com

WEF-Bericht 2011
siehe Figur 1, «Global Risks 2011», pdf (5881 kb)
blogs.ethz

Reiche Gemeinden an der Küste Kaliforniens entwerfen Pläne, sich durch vorgelagerte Feuchtgebiete, höhere Seemauern, Schleusen und Dämme vor der zukünftigen, heute schon beobachtbaren, Erhöhung des Meeresspiegels zu schützen (Los Angeles Times, 6. März 2011, siehe weiterführende Link). Gleichzeitig hat der US Kongress beschlossen, den vom Präsidenten beantragten jährlichen Kredit für das IPCC (zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen) von bescheidenen $ 2.3 Millionen auf Null zu reduzieren und alle entsprechenden amerikanischen Programme so gut wie zu streichen (NY Times vom 4. März 2011, siehe weiterführende Link). Das Geschäft geht nun in den Senat.

Ursache und Wirkung liegen zeitlich weit auseinander

Trotz der Grösse des Risikos stuften die WEF-Teilnehmer die Wechselwirkungen zwischen Klimawandel und Stabilität und Wachstum der Wirtschaft als schwach ein und zogen die Möglichkeit eines grossen Reaktorunfalls gar nicht in Erwägung.

Offenbar spielt bei diesen Einschätzungen - wie auch bei den Republikanischen Kongressabgeordneten - die Dimension Zeit eine wichtige Rolle: Klimawandel wird sich - wenn überhaupt - in ferner Zukunft abspielen und ist deshalb heute nicht so wichtig. Ein möglicher, in ferner Zukunft sich vielleicht abspielender Unfall wird gar nicht in Betracht gezogen.

Die Herausforderung unserer Generation besteht darin, dass auch die Massnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und zur Verhütung unwahrscheinlicher aber sehr grosser Unfälle viel Zeit und eine hohe Wertschätzung des Zukünftigen erfordern.

Verbrauch befriedigt sofort, die Abkehr davon kostet im Voraus

Energie zu verbrauchen hingegen zeigt sofortige Nutzen: Das Drücken auf das Gaspedal erhöht die Fahrtgeschwindigkeit sofort und der Fahrtwind streicht sofort durchs Haar. Allein die Vorstellung von mehr Kraft verbessert die Stimmung. Als Faust sich - in Goethes Faust I - aufgrund seiner gescheiterten Suche nach «dem Unendlichen» vergiften will, muss ihm Mephisto nur einflüstern, dass er sich fremder Energie bedienen soll: «Wenn ich sechs Hengste zahlen kann, / Sind ihre Kräfte nicht die meine? / Ich renne zu und bin ein rechter Mann, / Als hätt ich vierundzwanzig Beine.» ... und schon ist Fausts Tatendrang wieder geweckt.

Beim Energiesparen aber sind Kosten und Nutzen meist durch lange Zeitspannen getrennt. Investitionen für Isolationen oder effizientere Einrichtungen kosten im Voraus, lange bevor man sich über ihre positive Wirkung freuen kann. Ebenso ist es mit den erneuerbaren Energien, seien es Solar-, Wind- oder Biomasseanlagen: sie alle haben höhere Investitionskosten als mit fossilen Brennstoffen gespiesene Anlagen und machen erst auf lange Sicht ökonomisch Sinn.

Notwendig ist institutionelle Innovation

Um klimafreundliches und risikoaverses Handeln zu fördern, sind institutionelle Innovationen notwendig. Damit meine ich nichts Exotisches, sondern Vieles das auf der Hand liegt:

1. Die transparente Unterscheidung von politischen Vorgaben und dem Design von Massnahmen

2. Eine wirksame Kombination der Belastung (Steuern, Abgaben und Auflagen) von Energieproduktion und -verbrauch mit der Förderung langfristiger Investitionen

3. z.T. wohl auch der Bewirtschaftung der Ressourcen von zentraler Bedeutung durch öffentlich-rechtliche Unternehmen.

Um dies umzusetzen braucht es politischen Willen, Einsicht von uns allen und nicht zuletzt solide wissenschaftliche Grundlagen, wie die vom IPCC.

¹ Einschätzung der Risiken, siehe Figur 1 des WEF-Berichts «Global Risks 2011», pdf (5881 kb) (siehe weiterführende Links)

(Prof. Daniel Spreng/ETH-Zukunftsblog)

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