5 Mrd. Franken Schaden für die Schweiz: Wirtschaftskriminalität überlastet die Strafverfolgung

publiziert: Montag, 4. Aug 2003 / 08:12 Uhr

Zürich - Die Wirtschaftskriminalität bürdet der Zürcher Bezirksanwaltschaft III immer mehr Arbeit auf und verursacht dem Bund Kosten von bis zu 5,4 Mrd. jährlich. Pendent sind 128 Strafverfahren, darunter grosse Fälle von prominenten Managern.

Philippe Bruggisser (SAirGroup), Hans-Peter Bachmann (Bank Vontobel), Percy Barnevik (ABB), Daniel Affolter (Kuoni) oder Martin Ebner - die Liste von Strafuntersuchungen der Zürcher Bezirksanwaltschaft III liesse sich problemlos mit weiteren bekannten Namen und Unternehmen der Schweizer Wirtschaft ergänzen.

Die Häufung von Untersuchungen gegen "Top Shots" seit 2001 bedeutet für die Bezirksanwaltschaft eine steigende Arbeitsbelastung. Am aufwendigsten ist das Strafverfahren zur SAirGroup. Das 2500 Bundesordner umfassende Dossier wird von drei Bezirksanwälten und vier juristischen Sekretären bearbeitet.

Dreimal mehr Bezirksanwälte nötig

Ende Juni waren insgesamt 128 Strafverfahren pendent. Auf jeden der total 14 Bezirksanwälte fallen knapp neun Fälle, die parallel bearbeitet werden müssen.

"Statistisch gesehen bräuchten wir dreimal mehr Leute", erklärt Christian Weber, Staatsanwalt und Geschäftsleiter der Bezirksanwaltschaft III für den Kanton Zürich.

Die Überbelastung sei schon seit Jahren ein Problem. Mit durchschnittlich 1,5 bis 2 Mannjahren dauerten die Verfahren zu lange. Eine Besserung der personellen Situation ist kaum in Sicht, weil der Kanton Zürich sparen muss.

Laut Weber müssen Prioritäten gesetzt werden; es gibt aber keine Fälle, die unbearbeitet bleiben. Es sei noch nie ein Verfahren gesamthaft verjährt, mit Ausnahme von Einzelfällen, bei denen die Beschuldigten trotz Fahndung nicht eruiert werden konnten.

Die Arbeitslast hat klar zugenommen, "weil die Fälle komplexer, umfangreicher und internationaler geworden sind", sagt Weber, der seit 1986 gegen die Wirtschaftskriminalität kämpft.

In manchen Fällen ist auch eine Zusammenarbeit mit den kantonalen Bezirksanwaltschaften für Organisierte Kriminalität und Rechtshilfe erforderlich.

Die Beschuldigten unternehmen laut Weber immer mehr Anstrengungen, die Strafverfahren zu behindern. Dabei versuchen sie, praktisch jeden Untersuchungsschritt mit prozessualen Verfahren zu verzögern. Auffallend ist zudem, dass prominente Verdächtige oft die Dienste von Top-Anwälten in Anspruch nehmen.

Mehrheitlich Fälle von Betrug

Das Team von Weber hat es vor allem mit Betrug zu tun. Typisch für neuere Tricks von Betrügern ist der "Sola-Fall". Dabei soll eine international tätige Gruppe Kredite angeboten haben - die Kunden mussten dafür aber zuerst eine Versicherung abschliessen.

Die Kunden zahlten im Voraus bis zu 700 000 Franken an bekannte Versicherungen, wie sie glaubten. Die 20-köpfige Bande verwendete jedoch gefälschtes Briefpapier von Versicherungen wie die französische Axa.

Dabei entstand ein Schaden von 28 Millionen Franken. Im "Sola-Fall" dürfte es bis Ende Jahr zur Anklage kommen. Die Mehrheit der Strafuntersuchungen kommt nicht zur Anklage. Zum Beispiel wurden im vergangenen Jahr 75 Verfahren eingestellt oder sistiert.

Eine Anklage erhob die Bezirksanwaltschaft in 22 Fällen. Ausserdem erledigte sie 13 Verfahren per Strafbefehl.

Erfolg nicht von Urteil abhängig

Wenn es zu einem Prozess komme, folge meist eine Verurteilung, erklärt Weber. Eine Aufsehen erregende Ausnahme war der Freispruch im Insider-Prozess gegen einen früheren "Zürich"-Finanzchef vor zwei Jahren.

Laut Weber muss die Insider-Strafnorm wohl anders gefasst werden, "damit eine Anklage vor Gericht bestehen kann".

Lediglich auf Grund von Urteilen lasse sich die Arbeit der Bezirksanwaltschaft III aber nicht beurteilen, erklärt Weber. "Unser Erfolg misst sich daran, einen Fall zu durchleuchten und festzustellen, ob strafrechtliches Verhalten vorliegt oder nicht."

In den Jahren 2000 bis 2002 konnte die Bezirksanwaltschaft jeweils 80 bis 100 Fälle abschliessen. Bei über 50 Prozent der Verfahren handelt es sich um Betrug und Urkundenfälschung, bei zirka 30 Prozent der Fälle geht es um Veruntreuung und ungetreue Geschäftsbesorgung, der Rest sind Börsen- und Konkursdelikte.

(Vincenzo Capodici/sda)

 
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