AKW-Tschernobyl: Kein Hafen der Biodiversität

publiziert: Sonntag, 19. Aug 2007 / 10:24 Uhr / aktualisiert: Sonntag, 19. Aug 2007 / 10:56 Uhr

London/Kiew - Die Idee, dass das Sperrgebiet um das zerstörte Atomkraftwerk Tschernobyl zu einem Hafen für Tiere wurde oder je wird, ist wissenschaftlich nicht haltbar. Zu diesem Schluss kommt eine Studie internationaler Forscher. Offensichtlich haben auch Tiere wie etwa Vögel grosse Probleme mit der erhöhten Radioaktivität.

Sperrzone um das AKW-Tschernobyl.
Sperrzone um das AKW-Tschernobyl.
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Die Forscher kommen in der jüngsten Untersuchung, die im Journal Biology Letters der Royal Society erschienen ist, zum Schluss, dass die Auswirkungen auf die Natur wesentlich schlimmer sind, als bisher angenommen.

Am 26. April 1986 ist der Reaktor Nummer Vier im ukrainischen Kernkraftwerk Tschernobyl explodiert. Die radioaktive Belastung nach dem Unfall war in fast jedem Land der nördlichen Hemisphäre messbar.

Die Autoren der Studie, Anders Möller von der Universite Pierre et Marie Curie in Frankreich und Tim Mousseau von der University of South Carolina, sind davon ausgegangen, dass die schwache Radioaktivität doch Auswirkungen auf die Fauna hat.

Tschernobyl kein lebendiges Ökosystem

«Erst kürzlich wurde vom Tschernobyl-Forum der UNO und in verschiedenen anderen Medien darüber berichtet, dass die Region um das Kernkraftwerk ein lebendiges Ökosystem mit einer immer grösseren Zahl an verschiedenen Spezies wäre», so die Autoren. Das treffe jedoch nicht zu.

«Die Arten-Vielzahl, die Häufigkeit und die Populationsgrösse von Brutvögeln nehmen mit zunehmender radioaktiver Strahlung ab», kommen die Forscher zum Schluss. In der Studie wurden 1.570 Vögel von 57 Vogelspezies untersucht.

In den am stärksten radioaktiv verstrahlten Regionen nahm die Zahl der Tiere um 66 Prozent im Vergleich zu normal belasteten Gebieten ab. Zudem mussten die Forscher auch feststellen, dass rund um den Unglücksreaktor mehr als 50 Prozent der Vogel-Spezies abgenommen hatten.

Schwalben gaben erste Hinweise

Diese Zahl beruhe auf einer Untersuchung von Schwalben, die in der Umgebung von Tschernobyl genau unter die Lupe genommen wurden. Die Wissenschaftler vermuten, dass die fallende Zahl der Zugvögel auf die niedrigere Zahl von Antioxidantien zurückzuführen sei, wenn diese nach der langen Wanderung endlich in der Ukraine ankommen. Das mache die Tiere anfälliger für die Strahlung, subsumieren die Forscher.

«Wir nehmen an, dass die Schwalben aber nicht die einzigen Tiere sind, die unter der Situation leiden. Es gibt eine ganze Reihe von Spezies, die in einer ähnlichen Art und Weise betroffen sind», erklärt Mousseau. Das gelte auch für Vögel, die sich von Insekten ernähren.

Unklar ist allerdings noch, ob die Insekten verseucht sind oder ob die Zahl der Insekten deutlich zurückging. «Wir suchen nach finanzieller Unterstützung, um die Untersuchung auch auf wirbellose Tiere und Pflanzen auszudehnen», so der Forscher.

Naturschutzgebiet in AKW-Sperrzone

Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko erklärte erst diese Woche die fast 49'000 Hektar grosse Zone um das Kernkraftwerk Tschernobyl zum zoologischen Naturschutzgebiet, berichtete der russische Nachrichtendienst RIA-Novosti.

Durch diese Verordnung soll, so die Pressemitteilung, «die einmalige Waldflora der Sperr- und Pflichtaussiedlungszone an den Grenzen des Kiewer Gebietes, die eine der grössten Wildfauna-Reservate des Landes ist, erhalten bleiben.»

Dem Erlass zufolge soll die Regierung innerhalb von drei Monaten die Anordnung über das gesamtzoologische Naturschutzgebiet bestätigen und dieses Territorium der Verwaltung für die Sperr- und Pflichtaussiedlungszone unterstellen.

(tri/pte)

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Die Kernenergie ist alles andere als sicher.
 
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