Angehört: Peter Gabriel - «And I'll Scratch Yours»

publiziert: Sonntag, 22. Sep 2013 / 16:39 Uhr / aktualisiert: Sonntag, 22. Sep 2013 / 17:14 Uhr
Cover von «And I'll Scratch Yours».
Cover von «And I'll Scratch Yours».

Nachdem vor drei Jahren Peter Gabriel auf seinem Album «Scratch my Back» Songs von anderen Künstlern in seinen Interpretationen vorstellte, läuft es nun umgekehrt: Die Musiker, die er 2010 coverte, durften sich nun bei seinen Songs bedienen und ihre eigenen Versionen vorstellen. Es ist ein hochkarätiges, spannendes Album entstanden, das zeigt, wie subjektiv Songs von verschiedenen Künstlern wahrgenommen werden.

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«Das Songschreiben hat mich zur Musik gebracht», sagt Peter Gabriel. «Es ist einfach spannend, einen guten Song zu schmieden, es hat etwas Magisches.»

Als Peter Gabriel 2010 den Entschluss fasste, sich den Werken seiner Songwriting-Kollegen zuzuwenden und diese selber zu interpretieren, dachte er nicht einen Moment daran, ein Album mit simplen Coverversionen aufzunehmen. Denn diesen leichten Weg haben einfach schon viel zu viele Künstler eingeschlagen. Gabriel ist schliesslich immer schon ein Musiker gewesen, der um konventionelle Regeln einen Bogen machte und sich weigerte, in die Fussstapfen zu treten, die andere hinterlassen hatten.

Gabriel schwebte etwas Phantastischeres vor - ein Song-Austausch. Der erste Akt bestand darin, aus dem Backkatalog einiger der grossartigsten Songwriter der modernen Popära ein Dutzend Songs auszuwählen und diese von Grund auf neu zu gestalten. Sein Ziel war schliesslich eine Hommage an die Kunst des Songwritings. Im zweiten Akt sollte es dann darum gehen, von diesen Songwritern eine adäquate Antwort zu erhalten. Dafür sollten alle, deren Stücke er auf «Scratch My Back» interpretiert hatte, nun Versionen ihrer persönlichen Favoriten aus Peter Gabriels Songbook aufnehmen. So würde es zu einem Austausch kommen, einer kreativen Korrespondenz. Deshalb gab er diesem zweiaktigen Projekt den vielsagenden Titel «Scratch My Back And I'll Scratch Yours.»

Kritische Stimmen mögen einwenden, dass die eigene Kreativität auf der Strecke bleibt, wenn man ganz auf die Werke anderer vertraut. Aber dadurch, dass er mit bereits existierenden Werke arbeitete, konnte Gabriel all seine Energie und Kreativität kanalisieren und sich auf die Feinheiten und Nuancen jedes einzelnen Songs konzentrieren. «Es ist einfacher, Löcher in einer Wand zu finden, als selber eine Wand aus dem Nichts zu errichten», erklärt er.

Die lange Liste, die anfangs annähernd 100 Songs umfasste, stutzte er nach und nach auf ein rundes Dutzend zusammen. Das Rennen machten Stücke aus den Federn von Lou Reed, David Bowie, Radiohead, Paul Simon, den Talking Heads, Randy Newman, Elbow, Arcade Fire und Bon Iver. Um zur Essenz jedes einzelnen Songs vorzudringen, legte Gabriel - zusammen mit seinem Pianisten Jason Rebello - die Songs bis auf die Knochen frei.

«Scratch My Back», der erste Teil dieses Song-Austausches, wurde ursprünglich 2010 veröffentlicht und wird nun in einer speziellen Edition zusammen mit «And I'll Scratch Yours» noch einmal neu herausgebracht. Für Neil Young und Radiohead, die beide verhindert waren, sprangen mit Joseph Arthur und Feist feat. Timber Timbre andere hochkarätige Künstler ein, die zu diesem aufregenden Projekt ihre Versionen von «Shock The Monkey» respektive «Don't Give Up» beisteuerten.

Die sich «revanchierenden» Künstler entschieden sich dafür, Gabriels Songs auf sehr unterschiedliche Weise anzugehen. Ein paar liessen sich auf das Risiko ein, das Originalmaterial radikal neu zu interpretieren und schafften es so, dass man die Ursprungsversionen in ihren Bearbeitungen kaum wiedererkennt. Beispiele dafür sind etwa Lou Reeds knurriges Remake von «Solsbury Hill» oder Brian Enos erschreckend futuristische Version von ?Mother of Violence?. Andere - wie Arcade Fire («Games Without Frontiers»), Elbow («Mercy Street») oder Regina Spektor («Blood Of Eden») - blieben mit ihren Interpretationen sehr viel näher an den Originalen dran.

Der Grossteil der Künstler, die sich an diesem Projekt beteiligten, wusste sofort, welchen Song sie sich vorknüpfen wollten. «Die Entscheidung fiel mir leicht», sagt Justin Vernon, der «Come Talk To Me» auswählte. «Es gibt eine Menge Songs von Peter, die für mich von Bedeutung waren, aber dieser ist für mich definitiv der wichtigste von allen. Ich bin in keinster Weise ein religiöser Mensch, aber wenn es für mich eine Religion gäbe, dann wäre es dieses Stück. Es ist ein suchender Song, ein göttlicher Song. Ich sagte mir: 'Ich möchte diesen Song singen. Ich möchte ihn neu beleben.'»

Von ähnlicher Bedeutung war für Joseph Arthur die Nummer «Shock The Monkey». Es war die erste Single gewesen, die er sich gekauft hatte. «Als ich jung war, gab es eine Phase, in der dies der einzige Song war, der bei mir lief. Er versetzt mich heute in meine Kindheit zurück und handelt auf abstrakte Weise - wenigstens in meinen Augen - davon, wie man sich durch Schmerz entwickelt.»

Arthurs Kommentar bringt auf den Punkt, worum es bei diesem Projekt ging. «Scratch My Back And I'll Scratch Yours» feiert sowohl die schöpferische Kunst der Songwriter als auch die Kunst der Interpretation. Die zwei Dutzend Songs dieses Projekts erinnern einen konstant daran, wie vielseitig und wohlkonstruiert ein Song sein kann - wie er seine ursprünglichen Kleider ablegen und sich vollkommen neu einkleiden kann, ohne seine Identität oder seine Seele zu verlieren. Der Sound mag ein anderer sein, aber die Botschaft bleibt klar. Der Song ist das A und O.

(fest/sda)

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