Komödie des Theater Basel:

Applaus für Schweizer Erstaufführung von Thomas Jonigks «Täter»

publiziert: Samstag, 19. Feb 2000 / 13:32 Uhr / aktualisiert: Montag, 21. Feb 2000 / 18:50 Uhr

Basel - Mit der Schweizer Erstaufführung von «Täter» fand in der Komödie des Theater Basel die Wiederbegegnung des Theaterteams Thomas Jonigk (Autor) und Stefan Bachmannn (Regie) statt. Die beiden erforschen die gewalttätigen Abgründe der Familie.

Besprechung
Von Roland Maurer, SDA
Alles eigentlich ganz normal: bunt-fröhlich-geschniegelt das Dekor (Bühne: Ricarda Beilharz), freundlich-nett die von Annabelle Witt eingekleideten Leute (wenn auch vielleicht etwas sehr geschwätzig bemüht, sich als Gutmeinende ins rechte Licht zu stellen), flott-animierend die Rossini-Klänge - eine schöne, gute, bürgerliche Gesellschaft, die Façon bewahrt, koste es, was es wolle.
Nur sind da zwei Figuren in Frotté-Hasenkostümen, die spinnen. Die kommen einfach nicht klar, mit dem, was war. Paul sagt: «Ich lebe nicht. Ich überlebe.» Und Petra sagt: «Ganz bestimmt beende ich hoffentlich mein Leben, das ich immer lieber niemals gehabt hätte.» Sie fühlt sich verantwortlich und schuldig, denn sie kommt nicht los von der Liebe für ihren Vater, der ihr Peiniger war.

Missbrauch überall
Petra wurde von ihrem Vater vergewaltigt, Paul wurde von seiner Mutter vergewaltigt. Die Frau Doktor findet das medizinisch heraus und wirft der Mutter den Missbrauch vor. Nur: auch sie missbraucht ihre Tochter. Da ist die Justiz gefordert: Sie schiebt in der Gestalt von Karl ein kleines Töchterchen im Kinderwagen daher. Mit der einen Hand wird am Geschlecht des Kindes herumgefummelt, mit der andern onaniert.
Das ist die schöne liebe Familienwelt, die der 1966 geborene Autor Thomas Jonigk - er verfasste mehrere Stücke, Hörspiele, Libretti und den Roman «Jupiter» - in seinem Stück «Täter» vorführt.
Alle wollen immer nur das beste für ihre Kinder, sie lieben sie so sehr, dass sie sie und sich zugleich nach Lust und Laune befriedigen; und die Kinder wehren sich ja nicht, denn sie lieben ihre Lieben selber nach Lust und Laune und sind sowieso das Eigentum der Eltern. Und die Medizin vernebelt und die Justiz biegt paragraphenreich um. Es gibt keine Hoffnung.
Unerträgliche «Komödie»
Diese Geschichte bezeichnet der Autor als «Komödie». Zu Recht, denn es gelingt ihm, sie so präzise, unpolemisch-realistisch und kristallklar in Sprache zu fassen und in beispielhaften Geschichten aufzuzeichnen, dass das Publikum immer wieder verlegen in Gelächter ausbricht. Denn ohne diese gelegentliche Befreiungsgeste wäre die ausweglose Katastrophe, die das Dargebotene aufdeckt, kaum zu ertragen.
Nach längerer Pause haben Regisseur Stefan Bachmann und Thomas Jonigk - sie gründeten zusammen die freie Theatergruppe «Theater Affekt» - bei der Umsetzung dieses Stückes über sexuelle Gewalt an Kindern wieder einmal zusammengearbeitet. Und es standen ihnen Schauspielerinnen und Schauspieler zur Verfügung, die sich mit spürbarem Engagement in ihre heiklen Rollen warfen.

Solide, aber brandaktuell
«Raus aus dem Museum, hinein in die Gegenwart» forderte Jonigk in einem Essay über das heutige Theater. Formal ist die Aufführung von «Täter» freilich, wenn nicht gerade im Musealen, so doch in traditioneller Bühnenästhetik verhaftet. Ein gut geschriebener, gut gebauter Text, sorgfältig und einfühlsam inszeniert.
Wenn die Premiere der Schweizer Erstaufführung doch mehr wurde als ein gewöhnlicher Theaterabend, so ist dies dem brennenden, aktuellen, emotional beunruhigenden Thema zuzuschreiben, das zweifelsohne viele Diskussionen auslösen wird.
Und das ist wohl die wertvollste Leistung von Bachmann und Jonigk: Dass es ihnen gelingt, mit der Bearbeitung dieses unheimlichen Stoffes zu packen und zu verstören und Theater zu einem Forum der Auseinandersetzung zu machen. Es gab starken Applaus für die beiden und ihr Ensemble.

(ba/sda)

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