Armseliges Gesellschaftsbild

publiziert: Freitag, 1. Apr 2011 / 13:52 Uhr
Gastautor Marcel Hänggi ist Wissenschaftsjournalist und Autor zweier Bücher.
Gastautor Marcel Hänggi ist Wissenschaftsjournalist und Autor zweier Bücher.

Wenn man in den Tagen nach dem Erdbeben und dem Tsunami die Situation im Atomkraftwerk Fukushima zu verfolgen suchte, konnte man eigentlich nur noch darüber staunen, dass jemals Menschen solche Höllenmaschinen in die Welt gesetzt haben.

Weiterführende Links zur Meldung:

Hitzesommer 2010
Pressemitteilung über eine Studie zum Hitzesommer 2010 von der ETH Zürich
ethz.ch

Und staunen kann man auch darüber, wie nun intelligente Menschen in Plattitüden daher reden: «Jede Technologie hat ein Restrisiko» - als wäre etwa das Restrisiko, dass ein Flugzeug abstürzt, auf eine Stufe zu setzen mit dem Restrisiko des atomaren Super-Gaus.

Aber was nun? Atomkraftwerke abstellen: ja, natürlich, sofort - aber dann? Jetzt müssten wir eben die «Bedeutung des Klimawandels revidieren», sagt etwa Kurt Rohrbach, CEO der AKW-Mühleberg-Betreiberin BKW. Die Bedeutung des Klimawandels revidieren? Dieser Tage verschickte die ETH Zürich eine Pressemitteilung über eine Studie zum Hitzesommer 2010 (siehe Link). Sie las sich apokalyptisch: heissester Sommer seit 500 Jahren - 38,2 Grad in Moskau - bis zu 13,3 Grad über dem Mittel - 25 Prozent Ernteeinbusse. Und bis Ende des Jahrhunderts könnten solche Sommer alle acht Jahre, solche wie 2003 alle zwei Jahre auftreten. Das ist nicht nur keine erträgliche Alternative zum Atomrisiko, sondern es verstärkt dieses noch: Was, wenn der Klimawandel zu wirtschaftlichem Zusammenbruch und politischem Chaos führt? Wer passt dann auf die Atomkraftwerke auf, wer sorgt für fachgemässen Rückbau der Anlagen, wer wird weiterforschen, ob sich noch eine Endlagerlösung finden lässt?

«Man kann nicht gegen jede Art der Energieerzeugung sein und immer mehr Strom konsumieren wollen», sagte Energieministerin Doris Leuthard. Das ist trivialerweise richtig. Aber wie kommt es, dass alle so tun, als könne man nur wählen, auf welche Art wir bei der Energieproduktion die Umwelt schädigen - und weshalb stellt niemand die zweite Hälfte des leuthartdschen Satzes in Frage: dass wir «immer mehr wollen»?

Man stelle sich vor, eine Studie der OECD würde vorhersagen, die Schweiz sacke in ihrer Wettbewerbsfähigkeit in naher Zukunft ab, weil ihre Schulen schlecht seien. Würde die Politik sagen: Stellen wir uns darauf ein, schaffen wir mehr Arbeitsplätze für Minderqualifizierte? Nein: Sie würde alles daran setzen, die Prognose nicht wahr werden zu lassen. Wenn aber Szenarien vorhersagen, dass wir immer mehr Energie verbrauchen, dann nimmt die Politik diese Szenarien wie Befehle hin. Wenn man so handelt, werden die Szenarien zur selbsterfüllenden Prophezeiung: Weil man einen Anstieg der Stromnachfrage annimmt und deshalb mehr Strom anbietet, wird dieser auch konsumiert. Würde man ihn nicht anbieten, würde er nicht konsumiert, und die Prognose wäre falsch gewesen!

Wer glaubt, der immer höhere Energiekonsum sei ein Sachzwand, dem man sichr nur beugen könne, hat ein sehr armseliges Bild von der Fähigkeit der Menschen, ihre Gesellschaft zu gestalten. Wer von einem liberalen Menschenbild ausgeht, sollte den Menschen ein bisschen mehr zutrauen.

(Gastautor Marcel Hänggi/ETH-Zukunftsblog)

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Lesen Sie weitere Beiträge und diskutieren Sie mit auf: www.ethz.ch/zukunftsblog

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