Arno Ehrets Rückzug nach sechs Jahren

publiziert: Donnerstag, 18. Mai 2006 / 00:10 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 18. Mai 2006 / 00:27 Uhr

Der Schweizer Handball-Nationalcoach Arno Ehret zieht sich Ende Juni nach dem WM-Playoff gegen die Russen zurück. Sechs Jahre nach der Rückkehr zum Schweizer Handball-Verband (SHV) wird der 52-jährige Deutsche einen Schlussstrich ziehen.

284-mal hat Ehret die Schweizer Equipe während seinen beiden Amtszeiten gecoacht.
284-mal hat Ehret die Schweizer Equipe während seinen beiden Amtszeiten gecoacht.
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Festgelegt hat sich Ehret bereits vor einem Monat, publiziert wurde der Entscheid vom Verband indes erst am Mittwoch. Im Anschluss an die EM im eigenen Land hatte Ehret eine exakte Standortbestimmung vorgenommen -- oder wie er es formulierte: «Ich habe mal in die Landschaft gehört, um die Erwartungshaltung der anderen zu erfahren. Dabei spürte ich, dass meine eigene Einschätzung der Lage divergent ist.»

Fakt ist, dass Ehret einen (Wieder-)Aufstieg in den Kreis der internationalen Elite zwar nicht im Grundsatz ausschliesst, aber daran zweifelt, «dass das bereits in der unmittelbaren Zukunft passiert. Daran ändert nichts, dass wir weiter sind als vor sechs Jahren.»

Seiner Einschätzung zufolge benötigt das Nationalteam zur Ankunft im Zielbereich mehr Zeit. Aus dem ungeduldigen Umfeld vernahm er nun aber diesbezüglich andere Vorstellungen. «Und da fehlt mir die Überzeugung und auch die Energie, dies kurzfristig zu schaffen.»

Keine Überraschung

Die SHV-Entscheidungsträger traf der Rücktritt nicht unvorbereitet. Verbandsdirektor Max Schär hatte sich vor geraumer Zeit länger mit Ehret unterhalten und gespürt, wie der Nationalcoach die Ausgangslage einstuft.

Für ihn sei der Schritt von Ehret nachvollziehbar und richtig. «Und zwar unabhängig von den Resultaten der Vergangenheit. Es war keine Frage des Erfolgs. Arno weiss genau, dass man irgendwann einmal nicht mehr weiterkommt.» Gründe der Stagnation nannte Schär nicht.

Dass Arno Ehret im Sommer noch die Verantwortung für die beiden WM-Playoff-Partien gegen Russland trägt, entspricht explizit dem Wunsch des Verbandes. «Bereits in diesen Spielen sollen die Akteure den Nachweis erbringen, Verantwortung tragen zu können. Ich erwarte ein Zeichen der Mannschaft. Ausreden gibts keine und verstecken kann sich niemand mehr», wählte Schär deutliche Worte.

Kommission kümmert sich um Nachfolgeregelung

Eine noch zu ergänzende Kommission mit Schär und Urs Reinhardt, dem Vorsitzenden für den Ausschuss Leistungssport, wird in den nächsten Wochen die Liste möglicher Kandidaten erstellen.

Max Schär hat sich zum Profil des neuen Trainers Gedanken gemacht. «Ich werde meine Überlegungen aber zunächst einmal der Kommission vortragen. Es ist aber klar, dass wir lieber früher als später den Nachfolger präsentieren wollen.» Womöglich ziehen die Verantwortlichen auch ein Doppelmandat in Betracht, womit eine Lösung mit Schaffhausens Trainer Goran Perkovac durchaus denkbar wäre.

284-mal hat Ehret die Schweizer Equipe während seinen beiden Amtszeiten gecoacht. Auf dem Höhepunkt, 1993 erreichte er an der WM in Schweden den 4. Rang, trat er ein erstes Mal ab und wechselte als Trainer zum Deutschen Handball-Bund.

2000 kehrte Ehret zum damals auf Nationalmannschafts-Ebene erfolglosen SHV zurück. Unter der Leitung Ehrets erreichten die international nur beschränkt kompetitiven Schweizer die EM-Endrunden in Schweden (2002) und Slowenien (2004) - gewiss zu einem erheblichen Teil das Verdienst des in der Öffentlichkeit angenehm zurückhaltenden Trainers.

Fehlendes «Feuer» an der EM

Doch ausgerechnet nach der gelungenen EM-Kampagne vor zwei Jahren setzte ein Abwärtstrend ein. Gegen die Griechen verspielte die SHV-Auswahl auf naive Art den Vorstoss an die WM und büsste im Hinblick auf die Euro im eigenen Land einigen Kredit ein.

Bereits im Vorfeld des Turniers warfen Beobachter aus SHL- und EM-OK-Kreisen Ehret vor, er vermöge kein «Feuer» mehr zu entfachen. Der Deutsche mit feinem Gespür für mannschaftsinterne Prozesse tat jene Kritik als «absoluten Schwachsinn ab».

Was beim seltsam lethargischen Auftritt gegen Griechenland schemenhaft zu erkennen war, fand die Fortsetzung vor und mit einer Ausnahme an der missratenen EM in der Schweiz. Obschon Ehret die Vorbereitung mit unerhörter Akribie und nur prima vista weniger leidenschaftlich bestritt, erfüllten die Spieler den Mindestanspruch (Hauptrund) aus diversen Gründen nicht.

Ehrets Einwand, «dass wir wegen Verletzungen kaum einmal komplett waren», ist gewiss zu berücksichtigen, aber nicht immer der erste Grund für den Rückschritt.

Unterstützung vom Verband

Und doch: Bedrängt wurde Ehret trotz der Fehltritte an der letzten EM verbandsintern nicht. Zumindest hat er nichts in dieser Form wahrgenommen: «Der Verband stand immer hinter der Sache. Für mich war das immer ein korrektes und unterstützendes Verhalten.»

Ob er sich vollends aus dem Sport-Business zurückziehen wird, liess der Weltmeister von 1978 offen. Künftig dürfte er sich vermehrt um seine Mandate in Coaching-Seminaren kümmern. «Veränderung kann ja auch etwas auslösen.» Auf und neben dem Parkett.

(von Sven Schoch/Si)

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