Auch ohne Milosevic bleiben Anhänger stark

publiziert: Sonntag, 12. Mrz 2006 / 08:44 Uhr / aktualisiert: Sonntag, 12. Mrz 2006 / 16:31 Uhr

Belgrad - Der Tod von Slobodan Milosevic hat in Serbien sofort zu Spekulationen geführt, dass der umstrittene Politiker ermordet worden sei. Bereits zuvor sahen die Milosevic-Anhänger im UNO-Kriegsverbrechertribunal ein Mittel des Westens zur Vernichtung Serbiens.

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Nun hat die Milosevic-Fraktion zwar ihre Galionsfigur verloren, doch merklich geschwächt wird sie dadurch nicht. Zu viele ehemalige Gefolgsleute des früheren starken Mannes sind inzwischen wieder an den Schalthebeln der Macht gelandet: Im Polizeiapparat, in den Medien und in der serbischen Republiksregierung.

Die Sozialisten, deren Vorsitzender er immer noch war, sind sogar zu Mehrheitsbeschaffern für den nationalkonservativen Regierungschef Vojislav Kostunica im Parlament aufgerückt.

Nicht wenige Kritiker der Regierung sehen heute viele Übereinstimmungen zwischen den Positionen der aktuellen Regierung und der nationalistischen Ideologie von Milosevic. Meinungsforscher haben nicht ausgeschlossen, dass die Parteien, die während des Milosevic-Regimes seine Stützen waren, bei Parlamentswahlen sogar die Mehrheit erringen könnten. Zwar ist der nächste reguläre Urnengang erst in zwei Jahren, doch wegen der vielen Affären der Regierung scheinen vorzeitige Wahlen möglich.

Gegenspieler Milosevic und Djindjic

Milosevic als Person konnte in den Monaten vor seinem Tod die Gemüter in Serbien nicht mehr aufwallen. Zwar hatte das Fernsehen noch jeden Verhandlungstag im Milosevic-Prozess live übertragen, doch das Thema war aus den Schlagzeilen der Medien nach und nach verschwunden.

Dasselbe trifft auch für die Ermordung seines grossen Widersachers zu, des serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic, die sich am Sonntag zum dritten Mal jährt. Die mutmasslichen Mörder und Drahtzieher sollen Milosevic-Anhänger sein.

Doch der Prozess zieht sich seit drei Jahren ohne Aussicht auf ein Ende hin, weil es der Verteidigung mit immer neuen Tricks und Finessen gelingt, Zeit zu schinden. Demgegenüber sind die vielen Milosevic-Günstlinge, die unter seiner Obhut zu märchenhaftem Reichtum aufgestiegen sind, für die Gerichte bisher kein Thema.

Familie weitgehend unbehelligt

Das gilt auch für seine engste Familie. Seine Frau Mirjana Markovic wird mit internationalem Haftbefehl wegen «Amtsmissbrauchs» gesucht, obwohl sie für schwerste Kapitalverbrechen verantwortlich sein soll.

Tochter Marija, der nicht nur ein Fernsehsender zugeschanzt wurde, lebt unbehelligt in Montenegro, nachdem sie wegen angeblicher Krankheit wiederholt nicht vor Gericht in Belgrad erschienen war.

Sohn Marko, den die serbischen Medien zu den Grosskriminellen rechnen, ist im Ausland (vermutlich Russland) untergetaucht, ohne dass gegen ihn ermittelt wird. Nicht wenige Kommentatoren behaupten, der Schwung des Volksaufstandes am 5. Oktober 2000 gegen Milosevic sei verpufft.

Alte Ideologie wieder da

Nach der Ermordung von Djindjic sei mit der amtierenden Regierung viel von der alten Ideologie wieder salonfähig geworden. Damit sei auch zu erklären, warum der frühere Militärchef der bosnischen Serben, Ratko Mladic, trotz internationalen Drucks so lange untertauchen konnte.

(Von Thomas Brey, dpa/sda)

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Ort des Grauens: Srebrenica in Bosnien.
 
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