Zeitgeschichte

Ausstellung zum 20. Todestag von Niklaus Meienberg

publiziert: Samstag, 17. Aug 2013 / 10:15 Uhr

St. Gallen - «Warum Meienberg? Pourquoi Meienberg?» heisst eine Ausstellung in St. Gallen zum 20. Todestag des Journalisten Niklaus Meienberg (1940-1993). Im Vordergrund stehen die Texte Meienbergs, der zu den polarisierendsten und einflussreichsten Schweizer Intellektuellen zählte.

1 Meldung im Zusammenhang
Die Ausstellung im Kulturraum am Klosterplatz widerspiegelt Werk und Leben des streitbaren Journalisten, Schriftstellers und Historikers. Nach «Aufenthalt in St. Gallen (670 m ü. M.)» folgen Berichte aus dem wilden Paris der 1968er und Meienbergs Reportagen und freche Glossen über die Schweiz.

«Seine scharfsinnigen, wortgewaltigen, oft polemischen, oft sehr feinfühligen und leichten, vielfach ironischen Texte lösten stets Diskussionen aus», schreiben die Ausstellungsmacher. Zu erleben in Text, Bild und Ton sind auch Quellen und Zeugnisse aus Meienbergs Zeit.

Für Wirbel sorgte 1990 die Verleihung des Kulturpreises der Stadt St. Gallen an Meienberg und das demonstrative Fernbleiben des gesamten Regierungsrats. Auch der heutige Stadtpräsident Thomas Scheitlin, damals noch Gemeinderat, kritisierte in einem jetzt gezeigten Brief die Preisverleihung und nahm nicht teil.

Historische Reportagen

Zeitgeschichte schrieb Meienberg mit seinen historischen Reportagen über den St. Galler Landesverräter Ernst S., seinem Buch über den Neuenburger Maurice Bavaud, der 1938 Hitler zu töten versucht hatte und dafür hingerichtet wurde, und einer Familiensaga über General Ulrich Wille und dessen Clan.

Diese Werke hätten auch nach der Debatte zur Schweizer Vergangenheit in den 1990er Jahren und nach den Arbeiten der Bergier-Kommission nichts an Bedeutung verloren, heisst es. Meienberg habe sich als einer der ersten ernsthaft um eine Geschichtsperspektive «von unten» und um mündliche Quellen bemüht.

Als Meienberg 1993 - nach einem verzweifelten Versuch, den Golfkrieg zu stoppen, einem nächtlichen Überfall, einem Motorradunfall und einer Depression - den Tod suchte, wurde darüber auf den Frontseiten berichtet und an den Stammtischen diskutiert.

Einladung zur Lektüre

Die Ausstellung 20 Jahre danach will aber nicht die Person in den Mittelpunkt stellen, sondern eine Einladung zur Lektüre sein, wie der Journalist und Historiker Stefan Keller bei der Präsentation sagte. Es solle nach der Relevanz und Dringlichkeit des Autors gefragt werden.

«Warum Meienberg? Pourquoi Meienberg?» dauert bis zum 29. September. Begleitend findet eine Gesprächsreihe mit Peter Bichsel, Peter Meienberg (Bruder), Biografin Marianne Fehr, alt Bundesrätin Ruth Dreifuss, Roger de Weck, Paul Rechsteiner, Dorothee Elmiger, Peter Weber und anderen statt. Regisseur Richard Dindo führt zu den Örtlichkeiten des Films «Die Erschiessung des Landesverräters Ernst S.».

(asu/sda)

Lesen Sie hier mehr zum Thema
Solothurn - Mit einer Hommage für Urs Widmer zu seinem bevorstehenden 75. und ... mehr lesen
15'000 Besucher kkamen zu den diesjährigen Solothurner Literaturtagen.
Niklaus Meienberg nahm „tobend, manisch-verzweifelt“ Stellung vor Ausbruch des 2. Golfkrieges
Der Historiker und Journalist Niklaus Meienberg ist vor 20 Jahren im Alter von 52 Jahren gestorben. Es sollte noch mehr Historiker und Journalisten wie Meienberg geben.

Jean-Martin Büttner schrieb im Tagesanzeiger vom 19. August 2013, zuletzt habe Meienberg seinen Ruf selber ruiniert. In einem „manisch-verzweifelten Toben gegen den Irakkrieg, mit Ausfälligkeiten“, die auch die Wochenzeitung in Zürich nicht drucken wollte. Meienberg befürchtete Furchtbares bei einem Krieg der USA mit ihren Alliierten gegen den Irak. Am 2. August 1990 hatte der Irak Kuwait gewaltsam annektiert.

Was waren die Folgen des 2. Irakkrieges, gegen den Meienberg „manisch-verzweifelt“ ausfällig werdend ankämpfte? Der Krieg der USA mit ihren Alliierten gegen den Irak, nach der militärischen Annexion von Kuweit am 2. August 1990 begann am 17. Januar 1991. Vorangegangen war diesem Krieg eine weltweite 10 Millionen Dollar Werbekampagne der Werbeagentur Hill & Knowlton für den Kriegseinsatz. Für diesen Werbefeldzug wurde die Brutkastenlüge fabriziert, die erfundene Geschichte eines Mädchens, einer Zeugin die angeblich gesehen haben wollte wie irakische Soldaten bei der Invasion Kuwaits im Jahr 1990 kuwaitische Säuglinge in einem Krankenhaus in Kuwait-Stadt aus Brutkästen herausgerissen und getötet haben sollen. Diese Behauptung stellte sich später als unwahr heraus. Der US-Senat stimmte, nicht zuletzt auf Grund dieser Brutkastengeschichte, am 12. Januar 1991 mit 52 zu 47 Stimmen für einen Krieg gegen den Irak, was 1991 zum Zweiten Golfkrieg führte. Das Repräsentantenhaus stimmte mit 250 zu 183 Stimmen für den Krieg.

Laut Schätzungen forderte der 2. Golfkrieg 100‘000 bis 200‘000 Toten auf Seiten des irakischen Militärs und der Zivilbevölkerung. Diese hohe Opferzahl waren dem Krieg und seinen Nachwirkungen zuzuschreiben, sofortige Todesfälle, Todesfälle aufgrund von Verletzungen aus Kampfhandlungen und der anschliessenden zivilen Unruhen. Die Verelendung der Menschen im Irak durch den 2. Golfkrieg und die Sanktionen haben später zudem zu einem extremen Anstieg der Säuglings- und Kleinkinder-Sterblichkeit im Irak geführt. Hans-C. Graf Sponeck, der von 1998 bis 2000 das Programm "Öl für Lebensmittel" in Bagdad leitete, schilderte in verschiedenen Büchern, auch mit dem Journalisten Andreas Zumach zusammen, wie sich der Zusammenbruch von Elektrizitätsversorgung, Gesundheitswesen, Wasserversorgung und weiter Teile der Infrastruktur sich auswirkte. Sponeck beschrieb wie Schulen und Universitäten als Folge der Politik des Westens kollabierte, wie Tausende von Kindern starben an verunreinigtem Wasser oder durch den Mangel an Medikamenten, und die Iraker hungerten, weil sie im Land kaum noch Nahrungsmittel produzieren konnten.

Der 2. Golfkrieg war für die Rüstungsindustrie hingegen ein Lichtblick: Wieder einmal konnte sich Waffenfabrikanten gesund stossen, auch die Schweizer Kriegsmaterialexportindustrie belieferte die US-Alliierten die am 2. Golfkrieg und später am 3. Golfkrieg teilnahmen. Diese Geschäfte werden als verständliche Deals von „Gesunden“ taxiert, nicht als krank, wie das „manisch-verzweifelte Toben“ eines Niklaus Meienberg der vor Ausbruch 2. Golfkrieges im ausfälligen Stil Alarm schlug.

Heinrich Frei

http://de.wikipedia.org/wiki/2._Golfkrieg

http://de.wikipedia.org/wiki/Brutkastenl%C3%BCge

http://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Christof_von_Sponeck
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 21
Roger Ballen, «Call of the Void», 2010, Ausschnitt.
Roger Ballen, «Call of the Void», 2010, Ausschnitt.
Galerien Noch bis zum 29. Oktober 2023 im Museum Tinguely  Die Ausstellung Roger Ballen. Call of the Void im Museum Tiguely präsentiert die faszinierenden und verstörenden Fotografien des amerikanischen Künstlers, der seit 1982 in Südafrika lebt. Ballens Werke sind Teil der Serie Danse macabre, die sich auf Jean Tinguelys Spätwerk Mengele Totentanz bezieht. Die Ausstellung zeigt, wie Ballen mit seinen Bildern die Grenzen zwischen Realität und Fiktion, Leben und Tod, Schönheit und Grauen verwischt. mehr lesen  
Publinews 21. Mai - 17. September 2023  Als erstes Schweizer Museum widmet die Fondation Beyeler der kolumbianischen Künstlerin Doris Salcedo (*1958) eine umfängliche ... mehr lesen  
Plegaria Muda: 2008 beschäftigte sich Doris Salcedo mit der Bandenkriminalität in Los Angeles.
Fotografie Bis zum 28.08.2023 im Museum «Art Brut» in Lausanne  Diese einzigartigen Fotografien wurden auf Flohmärkten und bei Trödlern gefunden und zeigen eine Welt voller Fantasie, Kreativität und Unkonventionalität. Die Collection de l'Art Brut ist bekannt für ihre Sammlung von Kunstwerken, die von Menschen geschaffen wurden, die ausserhalb der traditionellen Kunstwelt stehen. mehr lesen  
Titel Forum Teaser
  • Pacino aus Brittnau 731
    Und noch ein Pionier . . . . . . ach hätten wir doch bloss für jeden hundertsten Juristen einen ... Fr, 24.06.16 09:54
  • jorian aus Dulliken 1754
    SRG: Eishockey & und der ESC Wer am Leutschenbach nicht gehorcht, muss den ESC oder die Eishockey WM ... Fr, 13.05.16 05:44
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Die... Entscheidung von A. Merkel ist völlig richtig: -Sie ist juristisch ... So, 17.04.16 14:13
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Komiker... Böhmermann wird vermurlich, damit die Türkei-Deal-Marionetten in Berlin ... Di, 12.04.16 13:37
  • Bogoljubow aus Zug 350
    Sind Sie sicher dass es nicht Erdowann oder gar Erdowahn heisst? So, 03.04.16 10:47
  • HeinrichFrei aus Zürich 431
    Zürich: von «Dada» zu «Gaga» Die «Dada» Veranstaltungen in Zürich zeigen, dass «Dada» heute eher zu ... Mo, 15.02.16 22:51
  • Midas aus Dubai 3810
    Finde den Unterschied Ah ja, wieder der böse Kapitalismus. Wie gesagt, haben Sie ein besseres ... Mo, 01.02.16 02:48
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Schöner kann man's nicht erklären «Es handelt sich hier um ausserordentlich sensible Figuren. Da ist zum ... So, 31.01.16 16:48
art-tv.ch Gotthard. Ab durch den Berg Das Forum Schweizer Geschichte in Schwyz zeigt die Tunnelbauten ...
Niconé.
Felix Steinbild
news.ch hört sich jede Woche für Sie die interessantesten neuen CDs an und stellt sie Ihnen hier ausführlich vor.
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Di Mi
Zürich 11°C 25°C sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig recht sonnig
Basel 12°C 27°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig recht sonnig
St. Gallen 10°C 22°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig recht sonnig
Bern 11°C 24°C sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig recht sonnig
Luzern 12°C 25°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig recht sonnig
Genf 11°C 26°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig recht sonnig
Lugano 15°C 23°C gewitterhaftleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich vereinzelte Gewitter
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten