Überwachung

Balthasar Glättli macht sich zum gläsernen Bürger

publiziert: Sonntag, 27. Apr 2014 / 08:16 Uhr
Balthasar Glättli
Balthasar Glättli

Bern - Der grüne Zürcher Nationalrat Balthasar Glättli hat aus seinen Handydaten sein Leben ein halbes Jahr nachzeichnen und das Ergebnis ins Internet stellen lassen. Er will damit auf die Möglichkeiten der Überwachung aufmerksam machen - mit politischem Kalkül.

6 Meldungen im Zusammenhang
Telekomunternehmen müssen heute sechs Monate lang speichern, wo ein Kunde mit seinem Handy war, mit wem er telefoniert oder E-Mail und SMS ausgetauscht hat. Der Bundesrat will diese Speicherdauer auf zwölf Monate ausdehnen. Gegen diese Vorratsdatenspeicherung wehren sich unter anderem die Grünen.

Welch detaillierte Informationen sich aus diesen sogenannten Randdaten herauslesen lassen, will der grüne Fraktionschef Glättli deshalb am Beispiel seiner eigenen Person zeigen. Er stellte seine Handydaten von Januar bis Juli 2013 der «Schweiz am Sonntag» und dem Newsportal watson zur Analyse zur Verfügung. Diese, sowie NZZ.ch, berichteten am Sonntag über die Resultate.

Auf einer interaktiven Grafik, realisiert von der deutschen Firma OpenDataCity, lässt sich für jeden Tag sehen, ob Glättli sich in Bern oder Zürich befand, wann er seiner Freundin ein SMS schrieb und mit welchen Journalisten oder Politikern er in Kontakt stand. Ergänzt werden die Angaben mit öffentlich zugänglichen Daten wie Tweets oder Facebook-Einträgen.

Besuch in geheimer Anlage

Daraus lässt sich detailliert herauslesen, was Glättli wann getan hat: Die «Schweiz am Sonntag» und watson vermuten aufgrund der Daten beispielsweise, dass Glättli Anfang Juli mit der Sicherheitspolitischen Kommission in Andermatt an einem geheimen Militärstandort gewesen sein dürfte.

Er habe seine Daten offengelegt, «um den Menschen vor Augen zu führen, wie exakt die Position von uns allen ständig überwacht und gespeichert wird», sagte Glättli im Interview mit watson. Solche Randdaten seien mächtig, selbst wenn keine Gesprächsinhalte abgehört würden. Vorbild für die Auswertung war unter anderem ein deutscher Politiker, der seine Daten auf gleiche Weise analysieren liess.

Bundesrat spricht von Anpassung an Moderne

Glättlis Aktion richtet sich konkret gegen das Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, kurz BÜPF. Darin wird geregelt, mit welchen Mitteln die Strafverfolger die Kommunikation von Verdächtigen überwachen dürfen. Der Bundesrat will den Erlass den modernen Kommunikationstechnologien anpassen.

Nebst der Datenspeicherung auf Vorrat während 12 Monaten gehört dazu auch die explizite Möglichkeit Software einzusetzen, mit der sich Computer ausspähen lassen («Staatstrojaner»), etwa um Skype-Anrufe mitzuhören. Der Ständerat hiess die vorgeschlagenen Verschärfungen grösstenteils gut; als nächstes ist der Nationalrat an der Reihe.

Ein Dorn im Auge ist Gegnern, dass ohne Verdacht Daten gesammelt werden. «Es ist nicht verhältnismässig, die ganze Bevölkerung ohne Verdacht zu überwachen, um drei, vier Verbrechen aufzudecken», sagte Glättli. Nach dieser Logik müsste man auch Mikrofone in sämtlichen Wohnungen platzieren, weil viele Verbrechen dort passierten.

Befürworter und die Justizbehörden argumentieren, die moderne Technik dürfe nicht den Kriminellen überlassen werden. Die Behörden dürfen ausserdem nicht beliebig auf die Daten zugreifen, sondern nur im Rahmen eines Strafverfahrens, für dessen Eröffnung ein Anfangsverdacht notwendig ist.

(asu/sda)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Zürich - Der grüne Zürcher Nationalrat Balthasar Glättli ist zum neuen Präsidenten ... mehr lesen
Glättli engagiert sich seit rund 10 Jahren für den Mieterinnen- und Mieterverband.
Der Bund will Hacker einstellen, muss diese aber auch kontrollieren können.
Bern - Die Revision des Überwachungsgesetzes BÜPF ist nicht zuletzt wegen des geplanten Einsatzes von Staatstrojanern stark umstritten. Für solche Computer-Überwachungen ist die ... mehr lesen
Bern - Schätzungsweise 400 Demonstranten haben am Samstag in Bern gegen ... mehr lesen
Protest auf dem Bundesplatz.
Edward Snowden zieht ein positives Fazit seiner Tätigkeiten. (Symbolbild)
Ein halbes Jahr nach den ersten ... mehr lesen
Die Spionage-App «mSpy» macht es ... mehr lesen
Problemlose Überwachung von Anrufen, Nachrichten sowie Standorten.
Weitere Artikel im Zusammenhang
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
Der Trend geht zu grösseren Wohnungen.
Der Trend geht zu grösseren Wohnungen.
Die EKW beobachtet den Wohnungsmarkt  Bern - Die Bedeutung des Wohnens hat während der Pandemie zugenommen. Grössere Wohnungen und Wohneigentum waren während der letzten Monate besonders gefragt. Dies sind Beobachtungen der Eidgenössischen Kommission für Wohnungswesen EKW. Sie bilden eine Momentaufnahme des zweiten Halbjahres 2021. Die EKW wird die Situation im Rahmen ihres Mandats weiter beobachten. mehr lesen 
Verbände Bern - Um den Herausforderungen der saisonbedingten Arbeitslosigkeit und des Fachkräftemangels im ... mehr lesen  
Durch die Massnahme sollten Saisonmitarbeitenden im Gastgewerbe Ganzjahresperspektiven geboten werden.
Private Radio- und Fernsehveranstalter werden mit 30 Millionen Franken aus der Radio- und Fernsehabgabe direkt unterstützt.
57.5 Millionen Franken für entgangene Werbeeinnahmen  Bern - Die Coronavirus-Pandemie trifft die Medien hart. Ihre Werbeeinnahmen sind bereits drastisch ... mehr lesen  
Reaktionär  Bern - Gegen die geplante Stiefkindadoption für Homosexuelle regt sich Widerstand. Sollte das Parlament das neue Adoptionsrecht in der vorliegenden Form verabschieden, will ein überparteiliches Komitee aus den Reihen der SVP, CVP und EDU das Referendum ergreifen. mehr lesen   3
Titel Forum Teaser
  • melabela aus littau 1
    es geht nicht nur um homosexuelle ich bin eine frau und verheiratet mit einem mann. leider betrifft es ... So, 14.08.16 13:18
  • Pacino aus Brittnau 731
    Kirchliche Kreise . . . . . . hatten schon immer ein "spezielles" Verhältnis zu ... Do, 09.06.16 08:07
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Das wird die Deutschen aber traurig machen. Wenn man keinen Flughafen und keinen Bahnhof ... Mi, 08.06.16 17:49
  • Pacino aus Brittnau 731
    Demokratie quo vadis? Wenn die Demokratie den Stacheldraht in Osteuropa-, einen Wahlsieg von ... Mo, 06.06.16 07:55
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Es... muss darum gehen, die Kompetenz der Kleinbauern zu stärken. Das sorgt ... Do, 02.06.16 13:07
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Kindeswohl egal! Es geht doch vor allem um die eigenen Kinder der Betroffenen. Die ... Do, 02.06.16 08:10
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Verlust der Solidarität: Verlust der Demokratie! Vollständig und widerspruchsfrei beantworten lässt sich das wohl nicht. ... Mi, 01.06.16 00:18
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Unterstützung "Deshalb sind für die Sozialhilfe 267 Millionen Franken mehr und für ... Di, 31.05.16 10:38
Der Remoteserver hat einen Fehler zurückgegeben: (500) Interner Serverfehler.
Source: http://www.news.ch/ajax/top5.aspx?ID=22&col=COL_2_1
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Do Fr
Zürich 4°C 7°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen trüb und nass
Basel 5°C 10°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen trüb und nass
St. Gallen 3°C 4°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig starker Schneeregen trüb und nass
Bern 4°C 6°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig starker Schneeregen wechselnd bewölkt, Regen
Luzern 5°C 8°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Genf 6°C 11°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wolkig, aber kaum Regen
Lugano 7°C 18°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt wechselnd bewölkt
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten