Banken in Griechenland bleiben geschlossen
Athen/Brüssel/Frankfurt am Main - Die Griechenland-Krise verschärft sich. Erstmals schliessen von diesem Montag an alle Banken im Land. Zudem sollen Kapitalverkehrskontrollen eingeführt werden, wie der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras in einer Ansprache am Sonntagabend mitteilte.
Dies sei die Reaktion auf die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), die Notkredite für griechische Banken nicht weiter zu erhöhen, sagte Tsipras.
Wie griechische Medien weiter berichteten, sollen die Geldinstitute von diesem Montag an bis zum 6. Juli und damit bis nach der geplanten Volksabstimmung geschlossen bleiben. An den Geldautomaten sollen demnach maximal 100 Euro pro Tag abgehoben werden können, zumindest in den ersten Tagen.
"Geldeinlagen in griechischen Banken sind absolut sicher", sagte Tsipras. Gehälter und Renten seien "garantiert". Die kritische Situation könne überwunden werden. Die Würde des griechischen Volks angesichts von "Erpressung" sende eine Botschaft der Hoffnung an ganz Europa, sagte Tsipras und betonte, niemand könne Griechenland aus dem Euro drängen.
Der Vorstandsvorsitzende der Piräus Bank, Anthimos Thomapoulos, sagte vor Journalisten in Athen, die griechische Regierung habe den Geldinstituten die Öffnung von diesem Montag an untersagt, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg meldete.
Wie griechische Medien weiter berichteten, war noch offen, ob auch die Börse in Athen am Montag ebenfalls geschlossen bleibt.
EZB friert Nothilfe-Kredite ein
Die Europäische Zentralbank hatte zuvor beschlossen, die Notkredite für griechische Banken auf dem aktuellen Stand von rund 90 Milliarden Euro einzufrieren. Griechenlands Banken sind seit Monaten auf Nothilfen angewiesen.
Die Lage hatte sich noch dadurch verschärft, dass verunsicherte Verbraucher und Unternehmen grosse Mengen Bargeld von ihren Konten abheben. Die Einlagen fehlen den Banken in ihrem Tagesgeschäft. Zahlreiche Geldautomaten in Griechenland waren bereits am Wochenende leer.
Am Wochenende waren die Verhandlungen zwischen Griechenland und der Euro-Gruppe gescheitert, nachdem Tsipras überraschend ein Referendum über geforderte Reformmassnahmen angekündigt hatte. Das laufende Hilfsprogramm der internationalen Geldgeber vom Internationalen Währungsfonds (IWF), der EZB und der Europäischen Kommission bzw. der Euro-Gruppe für das akut pleitebedrohte Griechenland läuft am 30. Juni aus.
Mit 178 Ja- und 120 Nein-Stimmen votierten die Abgeordneten in Athen in der Nacht auf Sonntag für die Volksabstimmung über die von den internationalen Gläubigern ursprünglich vorgelegten Spar- und Reformmassnahmen. Die Rechts-Links-Regierungskoalition hat im Parlament 162 der insgesamt 300 Sitze.
Opposition gegen Referendum
Für den Plan der Regierung stimmten neben Tsipras' Syriza-Partei auch Abgeordnete ihres rechtspopulistischen Bündnispartners Partei der Unabhängigen Griechen sowie der Neonazi-Partei Goldene Morgenröte. Die Konservativen und die Sozialisten votierten dagegen, auch die Kommunisten und die zentristische Potami-Partei waren gegen das Referendum.
Unklar ist indes, wie das Referendum am Sonntag ausgeht. Umfragen zufolge will eine klare Mehrheit der Griechen in der Euro-Zone bleiben. Zudem befürworten die meisten Bürger einen Kompromiss mit den Gläubigern, wie aus zwei Erhebungen hervorgeht, die allerdings aus den Tagen vor der Zuspitzung der Krise stammen.
Regierung könnte über Votum stolpern
Mit dem Scheitern der Verhandlungen fehlt eigentlich die Grundlage für ein Referendum. Sollten sich die Bürger dennoch für die Vorschläge der Gläubiger aussprechen, könnte die Regierung zum Rücktritt gezwungen sein. Was danach passieren könnte, ist unklar.
Einige Finanzminister gaben Griechenland die Schuld am Scheitern der Gespräche am Samstagnachmittag in Brüssel. So sprach Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem von einem Vertrauensbruch. Der finnische Finanzminister Alexander Stubb sagte schon vor der entscheidenden Sitzung, "Plan B" - also Vorbereitungen für den sogenannten Grexit (Austritt Griechenlands aus dem Euro) - müsse nun zum "Plan A" werden.
Ob es in den kommenden Tagen weitere Versuche gibt, sich mit der griechischen Regierung zu einigen, ist unklar. Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis sagte der deutschen Zeitung "Bild", Bundeskanzlerin Angela Merkel halte als Vertreterin des wichtigsten Landes den Schlüssel in der Hand. Griechenland sei für neue Vorschläge offen. Die Vertreter der Gläubiger müssten guten Willen zeigen.
Am Sonntag telefonierte Merkel jedenfalls mit US-Präsident Barack Obama und beriet mit ihm über Griechenland.
EU-Kommissar Pierre Moscovici erklärte, Griechenland könne die Verhandlungen über die jüngsten EU-Vorschläge wieder aufnehmen. "Die Tür ist weiter offen." Und auch IWF-Chefin Christine Lagarde sagte, die Regierung könne ihren Kurs immer noch ändern.
(asu/sda)
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