Bayer Leverkusen, der «Meister der Herzen», wie er in
Deutschland nach den herausragenden Darbietungen dieser Saison auf
nationalem und internationalem Parkett auch genannt wird, steht zum
ersten Mal in der Vereinsgeschichte in einem Champions-League-
Final. Die Deutschen verdienten sich die Qualifikation dank der
Auswärtstor-Regel, nachdem das Hinspiel vor einer Woche in
Manchester 2:2 geendet hatte. Ihnen winkt nun der Gewinn des
Meistercups, obwohl sie die letzte Saison in der Bundesliga nur auf
Platz vier abgeschlossen hatten.
Während sich Leverkusen damit weiterhin Hoffnungen auf drei
Titel in dieser Saison machen kann, droht ManU heuer leer
auszugehen. Im FA-Cup und in der Champions League ist der englische
Serienmeister ausgeschieden und in der Premier League hat Arsenal
zwei Runden vor Schluss deutlich die Nase vorn.
Nach der bitteren 0:1-Niederlage am Samstag in Nürnberg, die den
Werksklub eine Runde vor Meisterschaftsschluss die Leaderposition
in der Bundesliga kostete, schien den Leverkusen auch gestern das
Pech an den Füssen zu kleben. Erleichtert nach der schnellen
Genesung ihres Spielmachers und Topskorers Michael Ballack, folgte
schon nach zehn Minuten der erste Rückschlag in Form der schweren
Knieverletzung von Abwehrchef Jens Nowotny (Verdacht auf
Kreuzbandriss). Dem Nationalspieler droht das Forfait für die WM in
Südkorea und Japan.
Weiteres Pech beklagte Leverkusen in der 13. Minute: Schneider
traf mit einem herrlichen Drehschuss nur den rechten Pfostenschuss.
Eine Viertelstunde später dann der nächste Tiefschlag: Zivkovic
rutschte im entscheidenden Moment aus, Roy Keane zog davon,
umdribbelte Goalie Butt und überwand auch noch Sebescen, der vor
der Linie retten wollte. 0:1 für die Engländer, die bis dahin
erstaunlich zurückhaltend agierten.
Doch dann kippte das Glück endgültig auf die Seite der
Einheimischen, nachdem Zé Roberto schon in der 18. Minute nach
einem Kopfball von Johnsen auf der Linie klären konnte. Oliver
Neuville glückte mit dem Abpfiff der ersten Halbzeit ein herrlicher
Treffer zum 1:1-Ausgleich: Der frühere Servettien traf nach einer
blitzschnellen Drehung aus 16 Metern via Lattenunterkante unhaltbar
ins Netz.
Im zweiten Durchgang enttäuschten die Engländer noch mehr als
vor dem Seitenwechsel. Erst in den letzten fünf Minuten schienen
sie zu merken, dass das Ausscheiden unmittelbar bevorsteht. Zuvor
gedieh kaum ein Angriff bis zu Leverkusen-Goalie Butt, während die
Deutschen ihre technische Klasse in die Waagschale warfen und den
Kräfteverschleiss der letzten Wochen mühelos zu kaschieren
vermochten.
Leverkusens Rückkehr ins Glück nach zwei bitteren
Meisterschaftsniederlagen in Serie hätte in der Schlussphase nicht
besser dokumentiert werden können: Erst drehte Butt einen
Hinterhaltschuss von Torschütze Keane mit einer Hand noch um den
Torpfosten (85.), dann rettete Placente nach einem schweren Fehler
von Butt und einem listigen Heber des eingewechselten Forlan mit
dem Kopf auf der Torlinie (88.). Das Glück von Manchester beim
Champions-League-Final 1999 gegen Bayern München stand diesmal
verdientermassen auf Seiten des Gegners.
Bayer Leverkusen - Manchester United 1:1 (1:1) =
BayArena. -- 22 500 Zuschauer (ausverkauft). -- SR Nielsen (Dä).
Tore: 28. Keane 0:1. 45. Neuville 1:1.
Bayer Leverkusen: Butt; Zivkovic, Nowotny (10. Sebescen), Lucio,
Placente; Schneider, Ramelow, Ballack; Bastürk (79. Vranjes), Zé
Roberto; Neuville (85. Berbatov).
Manchester United: Barthez; Brown (81. Forlan), Blanc, Johnsen
(60. Irwin), Silvestre; Scholes, Roy Keane, Veron, Butt (61.
Solskjaer), Giggs; Van Nistelrooy.
Bemerkungen: Leverkusen ab der 10. Minute ohne den verletzten
Nowotny; Manchester ohne Beckham und Gary Neville (beide verletzt).
13. Pfostenschuss Schneider. Verwarnungen: 36. Butt (Foul, im Final
gesperrt), 57. Scholes (Foul), 65. Zé Roberto (Reklamieren, im
Final gesperrt), 77. Irwin (Foul).
(kil/sda)