Fortpflanzungsmedizin

Berset plädiert für Ja zur Präimplantationsdiagnostik

publiziert: Montag, 11. Apr 2016 / 11:12 Uhr / aktualisiert: Montag, 11. Apr 2016 / 13:01 Uhr
Der Bundesrat möchte den Verbot des Fortpflanzungsmedizingesetz aufheben.
Der Bundesrat möchte den Verbot des Fortpflanzungsmedizingesetz aufheben.

Bern - Am 5. Juni entscheidet dass Stimmvolk, ob im Reagenzglas erzeugte Embryonen vor der Einpflanzung in den Mutterleib untersucht werden dürfen. Bundesrat Alain Berset hat am Montag vor den Medien für ein Ja plädiert. Die Voraussetzungen seien streng, betonte er.

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Mit der Präimplantationsdiagnostik (PID) hatte sich das Stimmvolk schon letztes Jahr befasst. Es stimmte einer Verfassungsänderung zu, welche die Voraussetzung dafür schafft. Nun geht es um die Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes. Heute verbietet dieses die PID, der Bundesrat und das Parlament wollen das Verbot aufheben.

Allerdings wollte der Bundesrat ursprünglich eine restriktivere Regelung. Er wollte die PID nur jenen Paaren erlauben, die Träger schwerer Erbkrankheiten sind. Bei diesen kann mittels PID ein Embryo ausgewählt werden, der nicht von der Erbkrankheit betroffen ist. Heute dürfen die Untersuchungen erst während der Schwangerschaft durchgeführt werden. Die Paare müssen dann entscheiden, ob sie die Schwangerschaft abbrechen.

Das Parlament ging jedoch weiter: Die PID soll auch jenen Paaren offen stehen, die ohne künstliche Befruchtung keine Kinder bekommen können. Bei diesen Paaren können die Embryonen auf bestimmte genetische Eigenschaften hin untersucht werden, etwa auf Chromosomenanomalien, zu welchen auch das Down-Syndrom (Trisomie 21) gehört.

"Akzeptable Erweiterung"

Diese Erweiterung sei aus Sicht des Bundesrates "absolut akzeptabel", sagte Berset vor den Medien. Es handle sich um eine geringfügige Abweichung von den ursprünglichen Plänen. Die Voraussetzungen für die PID blieben streng.

So sei es auch in Zukunft nicht erlaubt, Embryonen aufgrund ihres Geschlechts oder anderer Körpermerkmale wie der Augenfarbe auszuwählen. Ebenfalls verboten bleibe es, einen Embryo mit dem Ziel auszuwählen, dass das Kind später als "Retterbaby" einem schwer kranken Geschwister als Stammzellenspender dienen könne.

Befürchtung Behinderter ungerechtfertigt

Es soll also niemand auf künstliche Befruchtung und PID zurückgreifen dürfen, um ein "Designerbaby" zu bekommen, ein Kind nach Mass. Behindertenorganisationen befürchten jedoch, dass die Akzeptanz Behinderter in der Gesellschaft abnehmen könnte, wenn Behinderungen mittels PID ermittelt und betroffene Embryos ausgesondert werden.

Diese Befürchtung hält Berset für ungerechtfertigt. Die meisten Behinderungen seien nicht genetischer Art, gab er zu bedenken. Der Sozialminister verwies auch auf die Bestrebungen des Bundes im Rahmen des Behindertengleichstellungsgesetzes.

Weniger Mehrlingsschwangerschaften

Andrea Arz de Falco, Vizedirektorin im Bundesamt für Gesundheit, erklärte, dass Chromosomenanomalien oft der Grund für Fehlgeburten und Unfruchtbarkeit seien. Mit der PID könne bei betroffenen Paaren vermieden werden, dass die Frau das Kind verliere. Es werde ein Embryo ausgewählt, der sich gut entwickeln könne.

Ausserdem ermögliche das neue Gesetz den Ärztinnen und Ärzten, künftig nur noch einen Embryo einzusetzen und die weiteren aufzubewahren. So könne die Zahl von Zwillings- und Drillingsschwangerschaften reduziert werden, die ein gesundheitliches Risiko für Mutter und Kind darstellten. Heute müssen grundsätzlich alle Embryonen eingesetzt werden.

500 bis 1000 Paare pro Jahr

Pro Jahr kommen in der Schweiz rund 2000 Kinder zur Welt, die im Reagenzglas erzeugt wurden. Angesichts der Belastung durch die Hormonbehandlung entscheide sich kein Paar leichtfertig für die künstliche Befruchtung, sagte Arz de Falco.

Der Bund geht davon aus, dass mit dem neuen Gesetz pro Jahr 500 bis 1000 Paare die PID in Anspruch nehmen würden. Die Kosten müssten die Paare selber tragen, sie würden nicht von der obligatorischen Krankenversicherung bezahlt. Die künstliche Befruchtung kostet Paare zwischen 5000 und 10'000 Franken, die PID weitere 5000 bis 10'000 Franken.

Im Ausland schon lange zugelassen

Mit der Gesetzesänderung soll auch der PID-Tourismus reduziert werden. Die Präimplantationsdiagnostik sei in den meisten europäischen Ländern seit Jahren zugelassen, stellte Berset fest. Entsprechend reisten Paare heute oft ins Ausland. Der Bundesrat und das Parlament wollten ihnen das Verfahren, das sich oft über Monate hinziehe, in einem Schweizer Spital ermöglichen.

Ob ein Paar die PID in Anspruch nehmen wolle oder nicht, entscheide es frei, betonte Berset. Das geänderte Fortpflanzungsmedizingesetz bringe also eine "neue Freiheit für Paare".

Zur Abstimmung kommt es, weil die Gegnerinnen und Gegner das Referendum ergriffen haben. Sie befürchten, dass das neue Gesetz Tür und Tor öffnet für die Selektion. Bekämpft wird die PID insbesondere von der EVP. Doch auch Vertreter von SVP und CVP sowie einzelne von FDP, BDP, SP und Grünen gehören den gegnerischen Komitees an.

(sda)

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