Ex-Präsident feiert in Luxus-Datscha sein Wiegenfest

Boris Jelzin: Der teuerste Rentner Russlands wird 70

publiziert: Montag, 29. Jan 2001 / 09:20 Uhr / aktualisiert: Montag, 29. Jan 2001 / 09:40 Uhr

Moskau - Boris Nikolajewitsch Jelzin feiert seinen 70. Geburtstag in Ruhe und bei bester Gesundheit. Knapp 13 Monate nach seinem überraschenden Rücktritt hat sich der herzkranke russische Ex-Präsident sichtlich erholt, befreit von der Bürde seines Amtes.

Doch selbst in der vom Staat zur Verfügung gestellten Luxus- Datscha im Moskauer Nobelvorort Gorki-9 kann Jelzin nicht von der Politik lassen. Immer wieder stellt er mit Kurzauftritten und Interviews unter Beweis, dass er auf der Höhe des politischen Tagesgeschehens ist.

Dabei spart er nicht mit Lob und Kritik an seinem Nachfolger Wladimir Putin, den er selbst in das höchste Staatsamt in Russland manövriert hatte. Lob gab es für Putins erfolgreichen Kampf mit den Oligarchen und den zuletzt unter Jelzin übermächtig gewordenen Gouverneuren, Kritik dagegen an dessen Fernbleiben vom Unglücksort nach der Katastrophe des Atom-U-Boots «Kursk». «Der Instinkt für das Richtige fehlt ihm noch», meinte der Vollblut-Politiker dazu.

Doch diese Auftritte Jelzins werden von der Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen. Denn bei der Bevölkerung war der in Jekaterinburg (früher Swerdlowsk) geborene Bauernsohn in den letzten Monaten seines Amtes unbeliebt geworden, nicht zuletzt wegen der grassierenden Korruption, in deren Schatten auch er und seine Familie gerieten.

Straffreiheit

Dass er per Ukas von Putin Immunität vor Strafverfolgung zugesichert bekam, liess seine ohnehin niedrige Popularität noch weiter sinken. Zuletzt machte auch die Staatsduma im Januar nicht Halt vor der Autorität des Ex-Präsidenten und seines Nachfolgers und schränkte diese Immunität in der so genannten Lex-Jelzin ein.

Die Zeitung «Moskowski Komsomolez» errechnete, dass Jelzin der teuerste Rentner des Landes geworden sei. Allein auf 1,5 Mio. Dollar wurden die jährlichen «Betriebskosten» für Jelzin geschätzt- darunter die Gehälter für Leibwächter, Arztrechnungen, Post- und Telefonrechnungen, Dienstwagen und Aufwendungen für Repräsentation.

Dazu kämen noch die kostenlose Nutzung der Staatsdatscha sowie die monatliche Rente von 12 000 Rubel (knapp 800 Franken). Zu Jelzins Entlastung meinte das Blatt lediglich, dass ein russischer Ex-Präsident «immer noch zehn Mal billiger als ein amerikanischer Ex-Präsident» komme.

Vom Freiheitsheld zum Dauerpatienten

Die Erfolge Jelzins sind inzwischen bei der Bevölkerung längst in Vergessenheit geraten. Erster, vom Volk gewählter Präsident - dieser Sieg am 12. Juni 1991 sicherte ihm einen festen Platz in der russischen Geschichte.

Zum Mythos aber wurde Jelzin spätestens, als er am 19. August 1991 auf einem Panzer eine flammende Rede für Freiheit und Demokratie hielt und den Putsch gegen den damaligen Sowjet- Präsidenten Michail Gorbatschow zum Scheitern brachte. Am 25. Dezember zog Jelzin in den Kreml ein, Gorbatschow trat zurück.

Die danach angestrebten, tief greifenden demokratischen und marktwirtschaftlichen Reformen waren dem kommunistisch geprägten Riesenreich dann doch zu viel. Immer wieder stiessen die Reformvorhaben auf Widerstand, während die unkontrolliert ins Land fliessenden Kreditgelder umgehend wieder in den Westen abwanderten- allerdings auf Schwarzkonten.

Jelzins Pläne erlitten nach seiner Wiederwahl im Sommer 1996 einen herben Rückschlag, als er noch in der Wahlnacht einen schweren Herzinfarkt erlitt. Mehrere Bypass-Operationen retteten Jelzin, doch der einstige Genussmensch war danach nicht mehr in der Lage, alles unter Kontrolle zu halten.

Meist zwischen Klinik und Sanatorium pendelnd erschien er danach nur selten im Kreml. Und wenn, dann endeten die Kurzbesuche mit Minister-Entlassungen oder gefeuerten Regierungschefs.

(Günther Chalupa/dpa)

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