Boxen: Golota gegen Tyson - Sport oder Freakshow

publiziert: Donnerstag, 19. Okt 2000 / 13:16 Uhr

Kennen Sie Frank Garza? Nach einem auf zehn Runden angesetzten Schwergewichts-Kampf vom Samstag Schweizer Zeit in Auburn Hills bei Detroit im US-Bundesstaat Michigan könnte Ihnen der Name ein Begriff sein. Der 48-jährige ist nämlich Ringrichter beim Pay-per-view-Duell Mike Tyson (34) gegen Andrew Golota (32).

Si. Mills Lane hatte bei Tysons «Biss des Jahrhunderts» gegen Evander Holyfield beispielsweise auch als dritter Mann im Ring gestanden. Was dem Ring- und Zivilrichter eine eigene TV-Show einbrachte. «Only in America» würde Don King kommentieren.

Bei Tyson (180 cm/rund 100 kg) gegen Golota (192 cm/ca. 110 kg) treffen die unberechenbarsten und skandalträchtigsten Weltklasse- Schwergewichtler der letzten Jahre aufeinander. Ohrenbeissen, Nachschlagen nach dem Rundengong oder Armbrech-Versuch hat unter anderem Tyson auf seinem Box-Kerbholz. Kein Wunder, dass sich «Iron- Mike» bestens mit der Gut-Böse-Welt des in Nordamerika populären Wrestlings identifizieren kann.

Wiederholte Tiefschläge und Kopfstösse sowie unvermittelte Selbstaufgabe kennzeichneten Golotas letzte Auftritte. Die bewusst lancierte «Freak-Paarung», die durchaus auch sportlichen Reiz und Wert haben kann, soll für Tyson ein letzter Schritt zu einem nochmals grossen Zahltag sein. Denn mit einem Sieg über Golota würde er im nächsten Jahr endlich den WBC- und IBF-Schwergewichts- Weltmeister Lennox Lewis herausfordern, falls der Brite am 11. November in Las Vegas gegen David Tua (Neus) gewinnt. Eine Alternative für Tyson wäre ein dritter Kampf gegen WBA-Champion Evander Holyfield.

Die Nachfrage bestimmt den Markt. Demzufolge könnte sich Tyson als Herausforderer den eigenen WM-Kampf aussuchen, weil Holyfield (38) und Lewis (35) allein aus monetären Gründen sofort gegen ihn antreten möchten. «Iron»-Mike weiss: «Evander oder Lennox mögen ja nette Menschen sein. Doch ich bin der Ticketrenner. Denn mich möchten die Leute auch sehen.» Fakt ist schon einmal, dass die TV- Decoder-Gebühr in den USA 50 Dollar beträgt, um sich den Kampf Tyson gegen Golota anzusehen. Das sind fünf Dollar mehr, als für das WM-Duell Lewis gegen Tua verlangt wird.

Wieviel der zweifache Schwergewichts-Weltmeister Tyson nach seinem zweiten Gefängnis-Aufenthalt und zahlreichen kurzrundigen Kämpfen der letzten Jahre boxerisch noch drauf hat, ist unklar. Tommy Brooks, der einst bei Holyfield Assistenztrainer war und jetzt bei Tyson das Sagen hat, meint vage, dass sein Schützling ein besserer Boxer geworden sei. Das Ghetto-Kid war vor 14 Jahren als jüngster Boxer aller Zeiten Schwergewichts-Weltmeister in die Geschichte eingegangen. Tyson bleibt indes skeptisch, wenn er sich mit seinen damaligen Powerpunch-Auftritten vergleicht: «Ich denke, dass ich den Rost der letzten Jahre noch nicht abgeschüttelt habe.»

Der Pole Golota sorgte vor einigen Jahren für Aufsehen, als er in zwei Kämpfen gegen Riddick Bowe jeweils wegen Tiefschlagens disqualifiziert worden war. Bowe galt seinerzeit als bester Schwergewichtler. Und Golota lag gegen Bowe nach Punkten uneinholbar in Führung, ehe ihm wiederholt die Sicherung durchbrannten.

Vor elf Monaten erteilte Golota dem nachmaligen Lewis- Herausforderer Michael Grant eine Lektion. Der Pole schlug den US- Amerikaner zweimal nieder und lag in einem packenden Fight nach Punkten uneinholbar in Führung, ehe er nach einem erlittenen Niederschlag hätte weiterboxen können, trotz dem Sieg vor Augen aber dem Ringrichter in der zehnten Runde seinen Verzicht aufs Weiterkämpfen signalisierte. «Ich dachte, dass ich nach Punkten verlieren würde», lautet Golotas seltsame Erklärung rückblickend.

Frank Garza, der Ringrichter von Tyson gegen Golota, ist von der Box-Aufsichtsbehörde Michigans sogar mit der Vollmacht ausgestattet worden, bei einem (zu?) bizarren Ausgang die Boxer-Börsen zurückhalten zu können. Tyson erhält zehn Millionen Dollar, Golota deren zwei. Beide Boxer partizipieren zudem an den Pay-per-view- Einnahmen. «Nobody» Frank Garza wird für seine Tätigkeit als dritter Mann im Ring mit 350 Dollar entschädigt. Er hat sich derweil schon einmal die Autogramme der beiden Kontrahenten gesichert. Ob dies seine Autorität bei Golota/Tyson vergrössert hat?

(sda)

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