Initiative kommt im Parlament nicht an

Breiter Widerstand gegen «Pro Service public»

publiziert: Montag, 11. Apr 2016 / 15:46 Uhr
Isidor Baumann (l.) und Hannes Germann hegen Zweifel an der Initiative.
Isidor Baumann (l.) und Hannes Germann hegen Zweifel an der Initiative.

Bern - Ein Ja zur Initiative «Pro Service public» würde aus Sicht der Gegner die Grundversorgung nicht stärken, sondern schwächen. Die Initianten sehen sich mit breitem Widerstand konfrontiert.

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Hinter der Initiative stehen die Konsumentenzeitschriften «K-Tipp», «Saldo», «Bon à Savoir» und «Spendere Meglio». Sie fordern neue Grundsätze für Post, SBB und Swisscom. Diese sollen nicht nach Gewinn streben dürfen und auf Quersubventionierungen verzichten müssen. Die Löhne der Mitarbeitenden sollen zudem nicht über jenen der Bundesverwaltung liegen.

Im National- und Ständerat hatte kein einziges Mitglied für die Initiative gestimmt. Gegen das Volksbegehren stellen sich aber nicht nur Parteien, sondern auch viele Verbände.

«Verheerende Konsequenzen»

Der Titel «Pro Service public» töne vielversprechend, sagte Isidor Baumann, Urner CVP-Ständerat und Präsident der Schweizerischen Arbeisgemeinschaft für die Berggebiete (SAB), am Montag vor den Medien in Bern. «Einen guten Service public wollen wir ja alle.» Die Initiative würde jedoch genau das Gegenteil bewirken.

Die Grundversorgung müsse laufend weiter entwickelt werden. Dafür benötigten Post, SBB und Swisscom aber Erträge. Würden ihnen Gewinn und Querfinanzierungen untersagt, hätte dies verheerende Konsequenzen. Entweder käme es zu einem Leistungsabbau, oder der Bund und die Kunden müssten in die Bresche springen.

Flächendeckende Versorgung gefährdet

Auch Hannes Germann, Schaffhauser SVP-Ständerat und Präsident des Schweizerischen Gemeindeverbands, hob die Bedeutung der Querfinanzierung hervor. Diese sei zentral für eine gute Grundversorgung. Die «Service public»-Initiative gefährde das hohe Niveau der Grundversorgung speziell in den Randregionen.

Laut Kurt Fluri, dem Solothurner FDP-Nationalrat und Präsidenten des Städteverbandes, wären aber auch die Städte betroffen. So könnten Quartierpoststellen geschlossen oder Buslinien nicht ausgebaut werden, warnte er. «Pro Service public ist contra Service public.»

Schlecht für die Arbeitnehmenden

Die Gewerkschaften wiederum warnen vor schlechteren Bedingungen für die Angestellten. Rund 100'000 Personen arbeiteten bei Post, Swisscom und SBB, sagte der Präsident des Personalverbandes transfair, der Solothurner CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt.

Dürften die Unternehmen keine Gewinne mehr machen, könnten die guten Arbeitsbedingungen nicht verteidigt werden. Langfristig drohe der Abbau von Tausenden von Arbeitsplätzen. Lohnobergrenzen würde die Unternehmen zudem im Wettbewerb um qualifiziertes Personal schwächen. Die Arbeitnehmenden sollten branchenübliche Löhne erhalten.

Nostalgie verbessert Angebot nicht

Das sieht auch der Wirtschaftsdachverband economiesuisse so: Die Bestimmungen für Post, Swisscom und SBB müssten den jeweiligen Geschäftswelten angepasst sein, nicht der Bundesverwaltung, sagte Cristina Gaggini. Mit Nostalgie lasse sich die Grundversorgung nicht verbessern.

Auf der Seite der Gegner ist ferner das Konsumentenforum. Präsidentin Babette Sigg hob die Qualität der Grundversorgung hervor: Jede Ortschaft sei mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen, die SBB sei die pünktlichste Bahn Europas auf dem weltweit am intensivsten genutzten Netz, und die Preise seien in den letzten Jahren nur moderat gestiegen. Auch bei der Post belegten Studien die hohe Qualität der Grundversorgung.

Umstrittene Auslegung des Textes

Sollte die Initiative angenommen werden, dürfte die Umsetzung viel zu diskutieren geben. Die Gegnerinnen und Gegner werfen den Initianten vor, sich in Widersprüche zu verstricken. So behaupteten sie, ihre Initiative richte sich nur gegen die Löhne der Topmanager. Laut dem Initiativtext seien aber alle Löhne betroffen.

Auch behaupteten die Initianten, ihnen gehe es nicht um ein Gewinnverbot, sondern darum, dass die Gewinne wieder in die Unternehmen investiert würden. Davon stehe aber rein gar nichts im Text, stellte Isidor Baumann fest.

Für Stirnrunzeln sorgt ferner die Formulierung zum Gewinn. Die Gegner räumen zwar ein, dass im Initiativtext kein eigentliches Gewinnverbot verankert ist. Doch sie werfen die Frage auf, wie viel Gewinn die Unternehmen denn noch erwirtschaften dürften, wenn sie nicht nach Gewinn streben dürften. Das Stimmvolk entscheidet am 5. Juni über die Initiative.

(bg/sda)

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