CNN Bürochef berichtet über das Erdbeben in China

publiziert: Freitag, 16. Mai 2008 / 19:07 Uhr / aktualisiert: Freitag, 16. Mai 2008 / 19:35 Uhr

Drastische Bilder der Toten und der Zerstörung laufen seit einigen Tagen auf dem chinesischen Staatsfernsehen CCTV – seit dem massiven Erdbeben, das die südwestliche Provinz Sichuan Anfang dieser Woche erschütterte.

Jaime Florcruz ist CNN Bürochef in Peking. Er berichtet über die Auswirkungen des Erdbebens in China.
Jaime Florcruz ist CNN Bürochef in Peking. Er berichtet über die Auswirkungen des Erdbebens in China.
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CNN International

China Earthquake

Diese Art von schneller und ausführlicher Berichterstattung gab es von der Seite chinesischer Medien nach einer nationalen Katastrophe äusserst selten.

Das Staatsfernsehen CCTV und auch regionale Fernsehsender haben ihr Programm unterbrochen und zeigen rund um die Uhr Berichte aus dem Katastrophengebiet.

Korrespondenten machen Live-Schaltungen von den Rettungsaktionen. Neuigkeiten über das tödliche Erdbeben werden stündlich übertragen – über die aktuellen Opferzahlen, die katastrophalen Schäden und die schnelle Reaktion der Regierung.

Ein Fernsehbericht zeigte Premierminister Wen Jiabao umrundet von trauernden Dorfbewohnern. Jiabao hielt zwei junge Mädchen fest im Arm: «Ihr Schmerz ist unser Schmerz», versicherte er den Menschen. «Solange noch Menschen am Leben sind, kann man wieder von vorne anfangen.»

Premierminister Wen reist in die Katastrophengebiete

Nach dem verheerenden Erdbeben war Premierminister Wen innerhalb weniger Stunden in die Katastrophengebiete gereist. Das chinesische Fernsehen folgte jedem seiner Schritte, während er Rettungsanstrengungen leitete und leidende Menschen tröstete. Das Fernsehen zeigte ihn im Helm auf Trümmerbergen wie er per Lautsprecher mit überlebenden Verschütteten sprach. Die Botschaft ist überzeugend: Diese Katastrophe ist schlimm, aber die Regierung tut alles, was in ihrer Macht steht.

Früher spielte die Regierung Katastrophen herunter

Solch eine schnelle Reaktion und ausführliche Berichterstattung hatte es bei früheren Katastrophen nicht gegeben. Bei einem grossen Erdbeben vor 32 Jahren in Tangshan hielten chinesische Medien die Informationen lange Zeit geheim, obwohl über 240’000 Menschen ums Leben gekommen waren.

Im Frühstadium der SARS-Epidemie im Jahr 2003 spielten chinesische Medien die gefährliche Seuche wiederholt herunter, sogar noch als die Epidemie ausser Kontrolle geriet und sich weltweit verbreitete.

In jüngerer Zeit, als während des Frühlingsfestes, Chinas wichtigstem Nationalfeiertag, schwere Schneestürme im südlichen China grosse Schäden anrichteten, spielten die Medien auf Anweisungen der Regierung die Krise herunter. Später war Premierminister Wen Jiabao jedoch gezwungen, sich für die langsame Reaktion seiner Regierung zu entschuldigen.

Vor Olympia steht China im Mittelpunkt des Interesses

Jetzt, wo in nur drei Monaten die Olympischen Sommerspiele in Peking beginnen werden, steht China im Mittelpunkt des Interesses. Wenran Jiang, der Direktor des China-Institutes an der Universität von Alberta, glaubt, dass das Land aus seinen Erfahrungen mit Naturkatastrophen gelernt hat. «China hat in der Vergangenheit Fehler gemacht. Die Regierung scheint aus früheren Fällen gelernt zu haben und mit dieser Katastrophe will man nun so kompetent umgehen wie nur möglich.»

Warum diese neue Herangehensweise? Jiang bemerkt, dass «die Berichterstattung in diesem Fall recht transparent ist», weil es «politisch weniger heikel ist, über eine Naturkatastrophe zu berichten». Des Weiteren ist der chinesischen Führung bewusst, dass sie einen Nutzen daraus ziehen kann, wenn sie transparente Berichterstattung erlaubt.

China will Nutzen aus einer transparenten Berichterstattung ziehen

Dadurch dass die Medien zeigen, wie die chinesische Führung Menschen helfen und Such- und Rettungskommandos organisieren, so Wenran Jiang, «wird ganz China mobilisiert. Die Katastrophe wird so zur Sache, für die das ganze Land zusammenstehen kann.»

Experten in der Region erkannten einen krassen Kontrast zwischen Chinas rascher und offener Reaktion nach dem Erdbeben und der defensiven, ungeschickten Handlungsweise der birmesischen Regierung nach dem verheerenden Zyklon vor wenigen Wochen. Im Gegensatz zu seinem südlichen Nachbarland scheint China willens, genaue Informationen über das Ausmass der Katastrophe bereitzustellen und internationale Hilfsangebote anzunehmen.

Dankbar für Beileidsbekundungen und internationale Hilfe

Chinesische Regierungsangehörige gaben bekannt, sie seien dankbar für Beileidsbekundungen und internationale Hilfe. Hilfstruppen stehen schon bereit, bereit zu helfen, sobald die chinesische Regierung ihnen grünes Licht gibt. Laut einem offiziellen Statement wird die Regierung ausländische Helfer ins Land lassen, «wenn die Zeit reif ist».

Die offene, aktuelle und agressive Berichterstattung ist weit entfernt von vergleichbaren früheren Situationen in China. Li Yunxia wischt sich die Tränen aus dem Gesicht, während Rettungsarbeiter in den Ruinen des Kindergartens graben, unter denen ihr einziges Kind, ein fünfjähriger Junge, begraben ist. Andere Eltern weinen, während Soldaten in blauen Schutzmasken durch den Matsch stapfen, Leichen aus den Trümmern ziehen und auf Tragen legen. «Die Kinder haben geschrieen, aber ich konnte die Stimme meines Sohnes nicht hören», sagt Frau Li schluchzend.

Dieses trostlose Schauspiel spielte sich am Donnerstag wieder und wieder überall im Südwesten Chinas ab. Tausende Mütter und Väter warten auf Nachricht über den Verbleib ihrer Söhne und Töchter.

Noch verstärkt wird ihre Trauer in vielen Fällen durch die strenge Ein-Kind-Politik der chinesischen Regierung, die einen explosiven Bevölkerungszuwachs verhindern soll. Ein Ergebnis dieser Regelung ist, dass das schwere Erdbeben, das schon für mindestens 15’000 Tote verantwortlich ist, eine andere tragische Auswirkung hat: tausende Eltern müssen mit dem Verlust eines Kindes zurechtkommen – und zwar meist mit dem Verlust ihres einzigen Kindes.

Chinesischer Minister für Überbevölkerung lobt die Ein-Kind-Regelung

Kürzlich hat der chinesische Minister für Überbevölkerung die Ein-Kind-Regelung gelobt, die 1979 eingeführt wurde und die Geburt von 400 Millionen Kindern verhindert hat. Einige reiche Familien ignorieren die Anordnung und zahlen die 1’000 Dollar Strafe pro Kind. In ländlichen Gegenden – wie in der vom Erdbeben betroffenen Gegend Sichuan – können Eltern einen Antrag auf die Genehmigung von mehr als einem Kind stellen. Die Behörden nehmen die Anträge zwar an, aber in den meisten Fällen werden sie nicht genehmigt.

Diese Tatsache bringt Eltern wie Li in einen qualvollen Schwebezustand: sie müssen warten, ob ihr einziges Kind überlebt hat oder tot ist. Tausende von Kindern waren in der Schule als das Erdbeben am Montagnachmittag China erschütterte. Viel Schulen sind eingestürzt und die Kinder sind darunter verschüttet worden.

In Dujiangyan City befürchtet man, dass mehr als 300 Schüler getötet wurden, als eine Schule mit mehr als 900 Kindern zusammenstürzte. Eine ähnliche Unglückszahl wird von einer anderen Schule der Stadt gemeldet.

Momentan drängen sich Eltern um die eingestürzten Schulen und werden von Soldaten zurückgehalten während Rettungstruppen nach überlebenden Kindern suchen.

(von Jaime Florcruz, CNN, Peking)

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