Chirac kann Sarkozy nicht einmauern

publiziert: Samstag, 4. Jun 2005 / 13:40 Uhr

Paris - Noch vor dem offiziellen Startschuss ist die neue Doppelspitze der französischen Regierung in den Wahlkampf gestartet.

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Die Presse lieferte bereits Bilder der neuen Minister. Die "Libération" sieht eine "Mannschaft mit gezogenen Messern".

Sein Kabinett war noch nicht nominiert, da nahm Premierminister Dominique de Villepin schon in einem Arbeitsamt vor laufenden Kameras den Kampf gegen Frankreichs Hauptübel Arbeitslosigkeit auf.

Sein Intimfeind Staatsminister Nicolas Sarkozy bezog sogar schon vor seiner Ernennung im Innenministerium Quartier. Am Freitag zog "Speedy Sarko" mit einem Fernsehtross in das von einem blutigen Konflikt zwischen Zigeunern und Nordafrikanern erschütterte Perpignan, um "Frankreich von allen Rowdys zu befreien".

Gebannt schaut man im bürgerlichen Lager, wem im Marathonrennen der beiden Rivalen zur Präsidentenwahl 2007 als erstem die Puste ausgeht - und welchen Weg die Kontrahenten einschlagen. Denn beide geben entgegengesetzte Ziele an.

Anglophiler Sarkozy

Sarkozy versteht sich in der Aussen- und Sicherheitspolitik mit US-Aussenministerin Condoleezza Rice und predigt das angelsächsische Arbeitsmarktmodell. Er hält die deutsch-französische Achse für überholt und setzt auf Härte in der Innenpolitik.

De Villepin verspricht dagegen bei allem Reformeifer die Verteidigung des französischen Sozialmodells. Er steht für das enge Bündnis mit Deutschland und ist seit seinem Auftritt im UNO-Sicherheitsrat gegen den Irak-Krieg für Washington ein Symbol gallischer Untreue und Arroganz.

Nicht nur im Arbeitgeberverband MEDEF fragt man sich, ob bei dem Profilierungskampf an der Spitze eine Regierungspolitik aus einem Guss möglich ist.

Bei einer Staatsverschuldung von über einer Billion Euro, schleppender Konjunktur und zehn Prozent Arbeitslosen fehlt das Geld für grosse Ausgabenprogramme, wenn man nicht die EU-Krise verschärfen und den Stabilitätspakt einfach ad acta legen will. Strukturreformen wirken aber nur langfristig, Erfolge würden also kaum noch vor der Wahl wirklich sichtbar sein.

Sieger bereits klar?

Für die meisten Kommentatoren ist der Sieger des Wettlaufs schon ausgemacht: Sarkozy. Der unzähmbare "Super-Sarko" lässt sich auch von Präsident Jacques Chirac nicht den Mund verbieten und beharrt auf der Freiheit, Villepins Politik kritisieren zu dürfen. Zudem hat er als UMP-Chef Partei und Fraktion der Neogaullisten hinter sich.

Beide halten Distanz zu De Villepin, der als Vasall Chiracs gilt, der sich nie einer Wahl gestellt habe. Über das Innenministerium hat Sarkozy zudem Zugriff auf den Zuschnitt der Wahlkreise und auf die Geheimdienste, denen er vorwirft, unter seinem Amtsvorgänger Villepin in seinem Privatleben geschnüffelt zu haben.

Chirac kann bis zu den Wahlen Sarkozy - anders als 2004 - nicht mehr aus dem Kabinett drängen. Also versucht er, seinen alten Rivalen im Kabinett mit 23 Getreuen einzumauern. "Chirac verriegelt", titelte der "Parisien".

Wie die Stimmung ist, machte der bisherige Bildungsminister François Fillon deutlich. Chirac und De Villepin hätten ihn mit dem "Rausschmiss" aus der Regierung "zum vorzeitigen Wahlkampfleiter Sarkozys gemacht", sagte Fillon. Er werde jetzt in der Partei nur noch für Super-Sarko arbeiten.

(Hans-Hermann Nikolei/sda)

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