Daniel Albrecht: «Ich bin quasi wieder der Nachwuchsfahrer»

publiziert: Mittwoch, 29. Apr 2009 / 17:28 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 29. Apr 2009 / 17:47 Uhr

Er zeigte das bekannte spitzbübische Lachen, war eloquent, offen und geduldig wie eh und je. Bis auf den grossen Gewichtsverlust war Daniel Albrecht beim ersten öffentlichen Auftritt gut drei Monate nach seinem Horrorsturz kaum etwas von den Folgen anzusehen.

Bestens gelaunt: Daniel Albrecht bei seinem ersten Auftritt nach seinem schweren Sturz.
Bestens gelaunt: Daniel Albrecht bei seinem ersten Auftritt nach seinem schweren Sturz.
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Daniel Albrecht, haben Sie Erinnerungen an den 22. Januar, den Tag, an dem Sie in Kitzbühel so schwer gestürzt waren?

Daniel Albrecht: «Absolut nicht, ich habe diesen Tag total vergessen. Ich habe im Nachhinein das Video angeschaut, aber von den Erinnerungen her ist nichts mehr da vom Unfall. Wirklich zu mir kam ich nicht etwa, als ich in Innsbruck aus dem künstlichen Koma erwachte, sondern erst hier im Inselspital. Was vorher war, ist irgendwie weg.»

Wie kamen denn die Erinnerungen zurück? Wer half Ihnen, damit Sie wieder das eine oder andere zu realisieren begannen?

Albrecht: «Am Anfang war es recht schwierig. Man kommt zu sich, hat aber noch keine Gedanken und keine Fragen im Kopf. Man weiss nicht, wie alt man ist, was für ein Jahr gerade ist. Das ist alles verloren. Es brauchte viele Gespräche mit den Eltern, mit der Freundin. So kam alles langsam wieder zurück.»

War es Ihr Wunsch, sich den Sturz anzuschauen, sich damit auseinanderzusetzen? Hat niemand gesagt, Sie sollten das besser sein lassen, das sei zu brutal?

Albrecht: «Man sagte mir anfangs schon, ich solle mir den Sturz nicht zu früh oder gar nicht ansehen. Eine Zeit lang habe ich das wirklich nicht getan und auch nicht gewusst, dass ich ein so guter Skifahrer bin. Als ich dann nach Hause gehen konnte, dachte ich, ich frage einmal meine Freundin, die hat das Video sicher, dann sehe ich es endlich. Es war sehr speziell. Man sieht sich selber, man sieht, dass man das gemacht hat. Aber es fehlt die Verbindung. Es ist, als ob man einen anderen stürzen sehen würde.»

In der Rehabilitation haben Sie sich als Sportler wohl ständig selber testen wollen, zum Beispiel, wie viel Kraft Sie noch haben. Haben Sie etwas Bestimmtes gemacht, um herauszufinden, wo Sie eigentlich stehen?

Albrecht: «Genau so war das. Nachdem ich wieder richtig zu mir gekommen war, wusste ich, auf welchem Niveau ich mich vorher bewegte. Dann sah ich mich im Spiegel, dass ich ein paar Kilo leichter war. Man fühlt sich nicht so gut und weiss nicht, ob das noch einmal etwas wird. Als Test versuchte ich, Liegestützen zu machen. Ich brachte keine einzige zustande. In dem Moment fragte ich mich nicht, ob ich es als Skifahrer noch einmal packen werde. Ich sah nur, dass ich schlecht beieinander war und akzeptierte das. Jetzt bringe ich es immerhin schon wieder auf zehn Liegestütze.»

Sie können sprechen wie vor dem Unfall. War das am Anfang anders? Mussten Sie es praktisch Wort für Wort wieder erlernen?

Albrecht: «Ich konnte zum Beispiel nicht mehr sagen, dass ein Schmetterling ein Schmetterling ist. Ich wusste zwar alles über das Tier, aber mir kam der Name nicht mehr in den Sinn, als ich es vor mir sah.»

Auf was freuen Sie sich am meisten in den Tagen, die vor Ihnen stehen?

Albrecht: «Am meisten freut mich, dass ich wieder gesund bin, oder zumindest halbwegs gesund. So richtig weiss ich das noch nicht, weil ich erst jetzt ins normale Leben zurückkehre. Ich werde dann merken, wie es mir geht. Ich freue mich auf gemütliche Tage daheim. Dann wird es wohl bald einmal losgehen mit dem Training und ich werde versuchen, wieder heranzukommen.»

Ist es Ihr fester Wille und haben Sie sich schon entschieden, auf die Ski und die Rennpisten zurückkehren zu wollen?

Albrecht: «Ich habe mir schon Gedanken gemacht, ob das mit dem Skifahren wieder etwas wird oder nicht. Das muss ich dann testen. Skifahrer zu sein, ist ein cooler Job und ich habe das unglaublich gerne gemacht. Jetzt versuche ich es einfach noch einmal. Die Situation ist die, dass ich alles tun werde, um es wieder zu packen. Es kann aber auch sein, dass es nicht klappt. Wie es ausgeht, wird sich weisen. Ich bin quasi wieder der Nachwuchsfahrer, der es in den Weltcup schaffen will. Vorher war ich für Carlo Janka ein Vorbild, jetzt ist es umgekehrt.»

Haben Sie viel von der grossen Anteilnahme mitbekommen?

Albrecht: «Das Ausmass war enorm und hat mich überrascht. Ich möchte allen Danke sagen, die für mich da waren, speziell meiner Familie und meiner Freundin. Und natürlich auch all den Fans, die an mich gedacht haben, die mir Briefe und Mails geschrieben haben, die für mich in die Kirche gegangen sind. Wenn jemand in die Kirche geht und für einen eine Kerze anzündet, hat das viel zu bedeuten. Ich bin extrem dankbar, auch den Ärzten in Österreich und in Bern.»

(fest/Si)

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