Dario Cologna vom Glück verlassen
Dario Cologna bleibt eine letzte Chance, um an den Weltmeisterschaften in Oslo doch noch eine Medaille zu gewinnen. Über 15 km klassisch gehörte der Bündner zu den grossen Verlierern an der Materialfront.
Nach einer ansprechenden ersten Zwischenzeit summierte sich der Rückstand auf die Schnellsten dermassen, dass bald einmal klar war: die fünfköpfige Schweizer Service-Equipe hatte für dieses Wachsrennen nicht die richtige Lösung gefunden. Damit war sie in prominenter Gesellschaft. Auch die Tschechen um Lukas Bauer (7.) oder die Schweden um Topfavorit Daniel Rickardsson (42.) griffen daneben, letztere schon zum wiederholten Mal nach der Doppelverfolgung und dem «Zehner» der Frauen. Nicht nur bei Dario Cologna selber wurden Erinnerungen ans Debakel der WM-Doppelverfolgung 2009 in Liberec wach. Doch der Athlet nahm seine Leute auch in Schutz: «Damals waren wir die einzige starke Nation, die falsch lag. Heute handelte es sich fast um eine Fifty-fifty-Situation.»
Unsicher bis zuletzt
Roger Wachs, der Cheftechniker, erklärte die Schwierigkeiten der Aufgabe. «Nachdem es letzte Woche geschneit hat, wandelt sich der Schnee in diesen Tagen um, er ist fein und faul, bevor er wieder grobkörnig und kompakter wird», sagte der Berner. Es seien Verhältnisse auf der Kippe zwischen Klister und Trockenwachs gewesen. Beim Rennski war die Steigzone mit Trockenwachs präpariert. Cologna hatte bis fünf Minuten vor dem Start getestet, was nie ein gutes Zeichen ist. Er blieb letztlich bei jenem Modell, mit dem er sich eingelaufen hatte.
Die Swiss-Ski-Service-Crew umfasst zwar fünfmal weniger Leute als jene der führenden Norweger, hat aber grossen Anteil an den Erfolgen in Tour de Ski und Weltcup oder am Olympiasieg (in jenem Rennen, das die Norweger schon im Wachsraum verloren). Das strich gestern auch der enttäuschte Cologna hervor. «Schade ist halt einfach, dass es schon wieder an einer WM passieren und ein extremes Wachsrennen geben muss. Ich erkläre die Niederlage ja nicht gerne mit dem Ski, wer das Rennen zu Hause gesehen hat, denkt vielleicht einfach, der ist nicht in Form.»
Cologna hat am Sonntag im «Fünfziger» eine letzte Chance, um doch noch mit einer ersten WM-Medaille aus Oslo heimzukehren. Er beharrte gestern nicht mehr mit der gleichen Entschlossenheit auf dem Standpunkt, in bester Form zu sein. «Das Gefühl stimmt nach wie vor, aber mir fehlen natürlich die Gewissheit und die Bestätigung, die ein gutes Resultat gegeben hätte.» Topform ist Bedingung, um am Sonntag um die Medaillen kämpfen zu können. Denn so, wie marginale Unterschiede beim Material grosse Auswirkungen haben können, verhält es sich auch mit dem physischen Part.
Der Erste seit dem Dopingsünder
Die Finnen und Norweger hatten die Wachserei wie schon tags zuvor bei den Frauen zu 100 Prozent im Griff. Folgerichtig setzte sich mit Matti Heikkinen ein Finne vor den beiden Norwegern und Mitfavoriten Eldar Rönning und Martin Johnsrud Sundby durch. Heikkinen sorgte für eine kleine Überraschung. Er hatte an der Tour de Ski vor Cologna die Doppelverfolgung in Oberstdorf gewonnen und 2009 in Davos seinen bisher einzigen vollwertigen Weltcupsieg gefeiert. Nach einem persönlichen Waterloo in Vancouver fokussierte sich Heikkinen schon früh auf diesen «Fünfzehner». Nun, zwei Jahre nach Bronze in Liberec, stand er gestern Abend mit Gold um den Hals vor den Zuschauermassen auf der grossen Bühne im Osloer Stadtzentrum.
«Diesen Erfolg hier in Norwegen zu schaffen, wo Langläufer so viel zählen wie bei uns in Finnland die Eishockey-Stars, ist speziell», sagte der alles andere als schweigsame Finne. Der Stellenwert des Langlaufs in der Heimat hält dem Vergleich mit Norwegen oder auch Schweden nicht (mehr) stand, das Budget ist vergleichsweise bescheiden. Zufall ist das nicht, vielmehr eine Spätfolge des grossen Dopingskandals an der Heim-WM 2001 in Lahti.
Der prominenteste Sünder von damals heisst Mika Myllylä. Dessen drei WM-Titel von 1999 waren bis gestern die letzten eines Finnen. Es war höchste Zeit, dass Myllylä von einem Landsmann mit unbeflecktem Image abgelöst wurde. Und Heikkinen macht der Nation mit der nicht nur beschmutzten, sondern auch glorreichen Langlauf-Geschichte Hoffnungen auf mehr. «Das war zwar das bisher beste Rennen meiner Karriere. Aber ich habe das Gefühl, dass ich eines Tages noch schneller sein kann.»
(fest/Si)
- kurol aus Wiesendangen 4
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