Das Kredit-Kartenhaus wackelt

publiziert: Montag, 16. Jul 2007 / 12:08 Uhr / aktualisiert: Montag, 16. Jul 2007 / 12:35 Uhr

4 Meldungen im Zusammenhang
Wenn von den grossen Gefahren für die Weltwirtschaft die Rede ist, wird die Schuldenkrise in den USA meist nur nebenbei erwähnt. Dabei geht es nicht um die extreme Staatsverschuldung oder das Aussenhandelsdefizit der Staaten, sondern im Speziellen um die Verschuldung der Bevölkerung durch Kreditkarten.

Diese Schulden betragen in den USA pro Haushalt ca. 10'000 Dollar, und Häufen sich im gesamten auf die beängstigende Summe von 880 Milliarden Dollar auf. Dabei handelt es sich nicht nur um hedonistische Konsumausgaben. Seit in den USA der Sozialabbau betrieben wird, um die Staatsverschuldung zu limitieren (während die Militärausgaben ständig steigen), müssen immer mehr US-Bürger zum Beispiel ihre medizinische Versorgung durch Verschuldung finanzieren. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, das 40 Prozent der US-Bürger jedes Jahr mehr ausgeben als sie verdienen.

Die Zahlen sind eindeutig, doch die Bankenindustrie hat noch lange nicht genug. Wer je in den USA war und einen Briefkasten leerte, sah sich garantiert schon mit fertig ausgefüllten Kreditkarten konfrontiert, mit denen man eigentlich sofort einkaufen gehen könnte. Was hier vor einigen Monaten fast einen Skandal verursachte, ist in den USA tägliche Praxis. Pro Jahr werden in den Staaten etwa vier Milliarden Kreditkarten-Angebote versendet... ca. 12 Stück für jeden Bewohner der USA vom Säugling bis zum Greis... illegale Einwanderer mit eingeschlossen.

Es ist klar, dass hier eine riesige Zeitbombe tickt, welche die US-Wirtschaft und damit zusammen die Weltwirtschaft in den Abgrund reissen könnte. Genau so, wie bereits die Immobilien-Krise einige Banken fast ins Verderben riss. Es fragt sich also: Wo bleibt die Politik, welche hier endlich einen Riegel schiebt, hier endlich die Banken in die Schranken weist?

Dass von Präsident Bush nichts zu erwarten war und ist, sollte jedem klar sein. In der Tat hat die US-Regierung 2005 ein neues Konkurs-Gesetz erlassen, dass eigentlich nur dafür gemacht wurde, um die Banken vor ihren eigenen fahrlässigen Kreditpraktiken zu schützen, indem selbst nach eingereichtem Konkurs die meisten Kreditkarten-Schulden noch abgezahlt werden müssen.

Dieses von allen Konsumentenorganisationen hart bekämpfte Gesetz wurde von Bush seit 2001 gefördert. Ob es wohl ein Zufall war, dass damals Bushs grösster Wahlkampfspender der Kreditkartenriese MBNA gewesen ist? Wohl kaum. Denn wer den Wahlkampf finanziert, der bestimmt auch die Politik jener mit, die ihre Kampagne finanziert bekommen haben.

Und es soll niemand sagen, dass sich die Banken nicht den Zeiten anpassen können. Nachdem George W. Bush sein Möglichstes getan hat, um als schlechtester Präsident aller Zeiten in die Geschichte einzugehen und die Republikaner ziemlich übel da stehen, glänzen nun die Demokraten mit Spendenrekorden.

Dabei handelt es sich nicht nur um die Spenden des berühmten kleinen Mannes, sondern vor allem auch um Banken und Grossunternehmen, die ihren Einfluss auch unter einem demokratischen Präsidenten oder einer solchen Präsidentin sichern wollen.

So ist es denn kein Zufall, dass die Wahlkampfkassen sowohl von Hillary Clinton, als auch ihrem grossen Gegner Barack Obama üppig mit Geldern aus dem Finanzsektor unterfüttert sind. Die Resultate aus diesem selektiven Sponsoring sind vor allem NICHT sichtbar. Weder bei der einstigen Kreditgesetz-Kritikerin Clinton noch bei Obama, der auf soziales Gewissen macht, finden sich irgendwelche grosse Punkte zum Thema Kreditkarten-Schulden und der ganzen damit einhergehenden Problematik.

Die Deregulierung des Kreditgeschäftes ist drauf und dran, die grösste Volkswirtschaft der Welt zu gefährden und die Verursacher dieser Krise, die nur darauf warten, über die Welt herein zu brechen, sichern die Weiterführung ihrer unethischen Geschäfte mit grosszügigen Spenden aus den Erträgen derselben ab. Das Argument, dass der Markt sich schon selbst regulieren werde, zieht hier schon lange nicht mehr – viel eher sieht das ganze wie ein Pyramidenspiel aus, das nur durch noch mehr Kunden, die leer gesogen werden können, zu finanzieren ist.

Es ist zu hoffen, dass die Finanzkonzerne es nicht schaffen werden, die Kreditgesetze in Europa ähnlich zu unterhöhlen... es wird nämlich schon schlimm genug sein, wenn das amerikanische Kredit-Kartenhaus dereinst krachend zusammen fällt.

(von Patrik Etschmayer /news.ch)

Lesen Sie hier mehr zum Thema
Insgesamt summieren sich die risikobehafteten Wertpapiere bei Merrill Lynch auf 27,2 Mrd. Dollar.
New York - In der weltweiten Finanzkrise haben US-Banken ihre Anleger mit neuen Hiobsbotschaften schockiert. Dagegen sagte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, sein Haus erwarte keine ... mehr lesen
Zürich - Nationalbank-Vizepräsident Philipp Hildebrand redet den Banken ins ... mehr lesen
Philipp Hildebrand beruhigt: Die Weltwirtschaft dürfte in der Lage sein, auch grössere Schocks zu absorbieren.
Bush will allen Hausbesitzern helfen, die in finanzielle Schwierigkeiten gekommen sind.
Washington - Die Krise auf dem ... mehr lesen
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
«Hier hätte ich noch eine Resistenz - gern geschehen!» Schematische Darstellung, wie ein Bakerium einen Plasmidring weiter gibt.
«Hier hätte ich noch eine ...
In den USA ist bei einer Frau mit Harnwegsinfektion zum ersten mal ein Bakterium aufgetaucht, das gegen das letzte Reserve-Antibiotikum resistent ist. Wer Angst vor ISIS hat, sollte sich überlegen, ob er seinen Paranoia-Focus nicht neu einstellen will. Denn das hier ist jenseits aller im Alltag sonst verklickerten Gefahren anzusiedeln. mehr lesen 4
Durch ungeschickte Avancen von SBB- und Post-Chefs, droht die Service-Public-Initiative tatsächlich angenommen zu werden. Von bürgerlicher Seite her solle ... mehr lesen  
Künftig mindestens 500'000.-- und die ganze Schweiz inklusive: SwissPass, der schon bald mal GACH heissen könnte.
Eine renommierte US-Kanzlei stellt einen neuen Anwalt Namens Ross ein. Die Aufgabe: Teil des Insolvenz-Teams zu sein und sich durch Millionen Seiten Unternehmensrecht kämpfen. Und nein, ROSS ist kein armes Schwein, sondern ein Computerprogramm. mehr lesen  
Sicherheitskontrolle in US-Airport: 95% Versagen, 100% nervig.
In letzter Zeit wurden aus Terrorangst zwei Flüge in den USA aufgehalten. Dies, weil Passagiere sich vor Mitreisenden wegen deren 'verdächtigen' Verhaltens bedroht fühlten. Die Bedrohungen: Differentialgleichungen und ein ... mehr lesen  
Typisch Schweiz Der Bernina Express Natürlich gibt es schnellere Bahnverbindungen in den Süden, aber wohl ...
Highlight der Kollektion: Eine Gibson Les Paul von 1959, die 300.000 bis 500.000 Pfund einbringen soll.
Shopping Mark Knopfler verkauft seine Gitarrensammlung Die Gitarrensammlung vom Dire Straits-Gitarristen Mark Knopfler wird am 31.01.2024 bei Christie's versteigert.
Erstaunliche Pfingstrose.
Jürg Zentner gegen den Rest der Welt.
Jürg Zentner
Frauenrechtlerin Ada Wright in London, 1910: Alles könnte anders sein, aber nichts ändert sich.
Regula Stämpfli seziert jeden Mittwoch das politische und gesell- schaftliche Geschehen.
Regula Stämpfli
«Hier hätte ich noch eine Resistenz - gern geschehen!» Schematische Darstellung, wie ein Bakerium einen Plasmidring weiter gibt.
Patrik Etschmayers exklusive Kolumne mit bissiger Note.
Patrik Etschmayers
Obama in Hanoi mit der Präsidentin der Nationalversammlung, Nguyen Thi Kim Ngan auf einer Besichtigungstour: Willkommenes Gegengewicht zu China.
Peter Achten zu aktuellen Geschehnissen in China und Ostasien.
Peter Achten
Recep Tayyp Erdogan: Liefert Anstoss, Strafgesetzbücher zu entschlacken.
Skeptischer Blick auf organisierte und nicht organisierte Mythen.
Freidenker
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Sa So
Zürich 1°C 7°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen trüb und nass
Basel 3°C 9°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
St. Gallen 1°C 5°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig starker Schneeregen immer wieder Schnee
Bern -1°C 7°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Luzern 2°C 7°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen trüb und nass
Genf 0°C 12°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wolkig, aber kaum Regen
Lugano 6°C 16°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig wolkig, aber kaum Regen
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten