Immer stärkere Proteste

Demonstrationen in über 30 polnischen Städten gegen Regierung

publiziert: Samstag, 23. Jan 2016 / 17:37 Uhr
In ganz Polen sind die Menschen auf die Strasse. (Symbolbild)
In ganz Polen sind die Menschen auf die Strasse. (Symbolbild)

Warschau - In mehr als 30 polnischen Städten haben am Samstag erneut tausende Bürger gegen die rechtskonservative Regierung demonstriert. In Warschau versammelten sie sich vor dem Regierungssitz von Ministerpräsidentin Beata Szydlo und zogen zum Präsidentenpalast.

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Über den Köpfen der Demonstranten in der Hauptstadt wehten Flaggen Polens und der Europäischen Union. Auf Plakaten hiess es: «Nein zur Putinisierung, nein zur Überwachung, nein zum Kommunismus!» oder «Ich liebe die EU, einschliesslich Deutschland» - eine Anspielung auf die Angriffe gegen Deutschland aus dem polnischen Regierungslager.

In anderen polnischen Städten gab es ähnliche Demonstrationen. Das Komitee zur Verteidigung der Demokratie (KOD) setzte damit seine Proteste gegen die Regierung der Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS) des ehemaligen Ministerpräsidenten Jaroslaw Kaczynski fort. Dieser ist offiziell lediglich Parteichef. Allerdings erkennen sowohl Staatschef Andrzej Duda als auch Szydlo an, dass der Parteivorsitzende die Richtlinien der Politik vorgibt.

Freiheit verteidigen

«Wir sind keine Revolutionäre. Wir wollen unsere Demokratie und unsere Freiheit verteidigen», sagte der KOD-Gründer Mateusz Kijowski. Die spontan gegründete zivilgesellschaftliche Gruppe wird von den meisten Oppositionsparteien unterstützt. Sie wirft der seit November regierenden Kaczynski-Partei vor, die Schaltstellen der Macht in Polen mit ihr genehmen Vertretern zu besetzen, um ungestört ihre Regierungsvorhaben durchsetzen zu können.

Besonders der Versuch der Regierungsmehrheit, das Verfassungsgericht durch die Ernennung von fünf neuen Richtern unter Kontrolle zu bringen, sorgt für Empörung.

Auf Kritik, auch der EU, stösst zudem, dass die Chefs des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders TVP und des Radiosenders PR künftig direkt von der Regierung und nicht durch ein unabhängiges Gremium ernannt oder abberufen werden können. Die EU-Kommission leitete deswegen erstmals in ihrer Geschichte eine Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit ein.

Neues Polizeigesetz

Während der Proteste am Samstag stand vor allem das neue Polizeigesetz im Mittelpunkt, das weitgehende Möglichkeiten der Datenerfassung gibt. «Nein zum Überwachungsstaat» hiess es auf Transparenten.

Der ehemalige Staatschef Lech Walesa warf der Regierung wegen ihrer Gesetzesänderungen im Justiz- und Medienbereich vor, «das Land zu ruinieren».

Walesa, der ehemalige Chef der antikommunistischen Solidarnosc-Bewegung in Polen, sagte dem Fernsehsender TVN24: «Wir haben hart gearbeitet, um die Freiheit zu erreichen. Gerade sind wir dabei, das zu vergeuden.» An die Adresse der derzeitigen Regierung sagte er: «Alle Welt weiss, dass sie die Verfassung verletzt haben, und sie sagen uns frech ins Gesicht, dass das nicht stimme.»

Szydlo hatte sich am Dienstag vor dem Europaparlament in Strassburg gegen scharfe Kritik aus Brüssel verteidigt. Sie bezeichnete alle Massnahmen als im Einklang mit der Verfassung und den EU-Verträgen stehend. «Ich habe noch nie eine so dicke Lüge gehört», sagte Walesa dazu.

Gegendemonstrationen

In mehreren Städten organisierten Anhänger der Nationalkonservativen Gegenkundgebungen oder posteten in sozialen Medien Bilder, auf denen die KOD-Demonstranten als Marionetten der EU dargestellt wurden. Unterstützung für KOD gab es dagegen in mehreren europäischen Städten. Auch im australischen Melbourne und in den USA war zu Kundgebungen aufgerufen worden.

(pep/sda)

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