Der Copenhagen Accord im Härtetest

publiziert: Montag, 10. Mai 2010 / 13:41 Uhr

Zwei aktuelle Studien nehmen die Abschlusserklärung der Klimakonferenz von Kopenhagen und deren Folgen unter die Lupe – das Ergebnis ist ernüchternd.

Markus Huber schreibt seine Doktorarbeit im Gebiet der Klimaphysik an der ETH Zürich.
Markus Huber schreibt seine Doktorarbeit im Gebiet der Klimaphysik an der ETH Zürich.
1 Meldung im Zusammenhang

Die Vereinbarung, die die Staatoberhäupter, Minister und Delegierten kurz vor Schluss des Kopenhagener Klimagipfels der Öffentlichkeit präsentierten, liess zunächst auf tatkräftige Jahrzehnte vor uns hoffen. Schon im ersten Paragraphen beschlossen die Unterzeichnenden, die Emission von Treibhausgasen stark zu reduzieren, und damit den globalen Temperaturanstieg unter 2 Grad zu halten. Weiter unten folgen zwei leere Tabellen, in die die Länder bis zum 1. Februar 2010 ihre Emissionsziele bis ins Jahr 2020 eintragen sollten – konkrete Reduktionszahlen sucht man im Copenhagen Accord jedoch vergeblich.

Was sind die Folgen der eingetragenen Reduktionsziele?

Joeri Rogelj und Kollegen (1) untersuchten diese Frage vor allem hinsichtlich der künftigen globalen Emissionen und dem Temperaturanstieg, wohingegen William Nordhaus (2) die eingetragenen Zahlen vermehrt auf wirtschaftliche Aspekte geprüft hat. Die Ergebnisse sind ähnlich: Die Bereitschaft der Länder, die Emissionen und somit den Temperaturanstieg zu bremsen, haben wenig mit den im Copenhagen Accord beschriebenen Versprechen zu tun.

Spärliche Zusagen der Vertragsparteien

Kurz nach der Bekanntgabe der Reduktionsbekenntnisse haben Joeri Rogelj und Kollegen (1) die Zahlen zusammengetragen, und ein optimistisches und ein pessimistisches Szenario erstellt. Sie berechneten den jeweils daraus folgenden Temperaturanstieg mit einem vereinfachten Klimamodell. Die Aussichten, unter der 2-Grad-Marke zu bleiben, sind in jedem Fall düster. Die Autoren der Studie schätzen die Chance für eine Erwärmung um 3 Grad bis Ende dieses Jahrhunderts auf 50 Prozent, wenn es bei den derzeitigen Reduktionszusagen bleibt.

Unter 2 Grad bleiben wird teuer

Zu diesem Schluss kommt William Nordhaus (2), der die Auswirkungen der heutigen Reduktionszahlen mit einem vereinfachten Modell der Weltwirtschaft und des Klimasystems berechnet hat. Von speziellem Interesse hier ist der «Carbon Price», der definiert, wie teuer die Emission einer Tonne Kohlenstoff sein müsste, um ein gegebenes Klimaziel zu erreichen. Nordhaus zeigt auf, dass der Carbon Price bei einem 2-Grad-Klimaziel bei 64 Dollar (zu Preisen von 2005) pro Tonne Kohlenstoff für das Jahr 2010 liegen müsste. Der heutige global gemittelte Preis liegt bei 5 Dollar. Auch bei Nordhaus’ Temperaturprojektionen unter verschiedenen politischen Szenarien wird klar, dass die Wahrscheinlichkeit, einen Temperaturanstieg von mehr als 2 Grad zu vermeiden, gering ist.

Was von Kopenhagen bleibt

Abgesehen von den erwähnten Lippenbekenntnissen im Copenhagen Accord wird die Einbindung der Entwicklungsländer in den Accord positiv gewertet. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich jedoch auch diese nicht als Allheilmittel. Die beiden oben zitierten Studien zeigen auf, dass die derzeitigen Reduktionspläne nicht der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen entsprechen und weit von den im Copenhagen Accord genannten Absichten entfernt sind.

Literatur

(1) Rogelj, J. et al, 2010: Copenhagen Accord pledges are paltry, Nature, 464, 1126-1128

(2) Nordhaus, William, 2010: Economic Aspects of Global Warming in a Post-Copenhagen Environment (Working Paper)

(Markus Huber/ETH-Zukunftsblog)

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