Der Markt – Mächtigster Versager der Welt

publiziert: Montag, 5. Feb 2007 / 11:58 Uhr / aktualisiert: Dienstag, 6. Feb 2007 / 07:57 Uhr

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Die Markt-Fetischisten und Hohepriester sind momentan fast starr vor Entsetzen. An allen Ecken und Enden drängt der Staat, der in den 90ern und frühen 00er Jahren zusammen reduziert worden ist, zurück auf den Plan.

Die zwei Hauptthemen sind hier im Moment die Gesundheitsprävention und der – durch den UNO-Horrorreport – plötzlich wieder hochaktuelle Klimaschutz. In diesen beiden Themenbereichen drohen global und lokal neue Gesetze und Vorschriften, die ganze Industrien auf den Kopf stellen könnten.

Der Triumpf der Staats-Groupies, auch Etatisten genannt, ist momentan kaum zu übersehen. Denn der Beweis, dass die Marktkräfte sich nicht selbst regulieren können, scheint vollbracht. Sie übersehen dabei geflissentlich, dass der Staat zwar Regeln aufstellt, aber dabei auch vor allem nicht agiert, sondern nur auf viele Dinge viel zu spät reagiert. Dass er dabei auch noch selbst viele neue Probleme schafft, ist nur noch das Sahnehäubchen auf der ganzen Schose.

Doch fragt sich nun, warum der Markt so krass versagt hat, wenn es um die Volksgesundheit und das Weltklima geht. Betrachtet man die Sache genauer stellt man erstaunt fest, dass dieses kuriose Gebilde eigentlich gar nicht versagt hat. Es war nie die Sache des Marktes, den CO2-Ausstoss zu reduzieren oder unsere Kinder vor der Verfettung und frühzeitiger Diabetes zu bewahren.

Der Markt produziert nämlich einfach das, was die Konsumenten kaufen wollen. Wenn diese fette Autos und verfettende Schokoriegel wollen, dann gibt es die. Und zwar zu einem Preis, der die Herstellungs- und Werbekosten, einen möglichst hohen Gewinn für das Unternehmen und möglichst niedrige Kosten für die Rohstoffe beinhaltet.

Bleiben wir beim Schokoriegel. Wie man sieht, taucht nirgends ein Posten «Folgekosten» in der Kalkulation auf. Weder Umweltverschmutzung bei der Herstellung noch Krankenkosten bei den Verbrauchen müssen abgedeckt werden.

«Wäre ja noch schöner,» wird nun wohl mancher Hersteller dieser kleinen Zuckerbomben sagen, «wenn ich auch noch für die medizinische Behandlung eines verfressenen, verfetteten Teenies brennen müsste.»

Eigentlich hat er damit Recht, denn wir gehen ja davon aus, dass zum einen viele Leute ein «Mars» oder «Bounty» essen können, ohne gleich zu verfetten und andererseits, dass ja niemand zum Konsum eines solchen Riegels gezwungen wird.

Gezwungen nicht, aber die Illusion des mündigen Konsumenten sollte man seit langem in die Ecke gestellt haben, denn so ein Wesen gibt es praktisch nicht. Werbung, die sich schon an kleine Kinder wendet, Erziehende, die durch Zeitmangel und Unwissen ihrem Nachwuchs weder strukturierte Essenszeiten noch gesundes Essen beibringen, die ständige Verfügbarkeit von Süssigkeiten und anderem Junkfood und ein grassierender Bewegungsmangel sind alles Faktoren, die eine Generation der Fettklöpse hervorgebracht haben...

All diese Faktoren, die am Ende zu kranken, fetten Jugendlichen führen, sind nur zum Teil von den Produzenten beeinflussbar, sie sind viel mehr ein chaotisches, sich ständig wandelndes Gemenge aus Zeitgeist, sozialen und ökonomischen Befindlichkeiten. Die Resultate aus diesem Durcheinander werden anfangs meist nur sehr isoliert wahrgenommen.

Da es sich meist um neue und weitreichende Phänomene handelt, wird frühen Warnern meist mit Skepsis, ja sogar Feindseligkeit und Verachtung begegnet. Dies sowohl von der Wirtschaft, wie auch von der Politik und den Medien. Wenn das Problem endlich als solches anerkannt wird, ist es für eine schnelle Lösung längst zu spät.

Der Markt kann diese dann auch nicht bieten, wie sollte er auch? Denn obwohl seine Allmacht immer noch angebetet wird, ist er nichts als ein Teil der menschlichen Gesellschaft, dem genau so wie dem Staat und dem Individuum seine Grenzen und seine Verantwortung aufgezeigt werden muss. Die Maxime des Gewinns zählt dabei nur solange, wie die gesellschaftlichen und ökologischen Schäden die Gewinne in diesen Bereichen nicht überwiegen. Diese Buchhaltung zu führen ist Aufgabe der Staaten und darüber hinaus gehender Organisationen aber sicher nicht jene der Marktteilnehmer.

Kaum jemand hinterfragt mehr das Verbot, harte Drogen, Waffen, radioaktive Materialien oder gar Menschen handeln zu dürfen, auch wenn sich damit gute Gewinne erzielen lassen. Der Markt hat dort offensichtlich versagt gehabt. Es deutet nichts darauf hin, dass er nicht wieder am Versagen ist und dringend von den Versagern in der Politik eingebremst werden muss.

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

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