Der Schatten des Bürgerkrieges

publiziert: Mittwoch, 23. Feb 2005 / 10:52 Uhr / aktualisiert: Freitag, 25. Feb 2005 / 12:23 Uhr

Stundenlang hing nach dem Bomben-Anschlag auf den Ex-Premierminister Rafik Hariri eine schwarze Wolke über Beirut. Sie wirft noch immer einen Schatten - es ist der Schatten eines verdrängten Bürgerkrieges.

Symbol des Wiederaufbaus: Eine Fahne mit Rafik Hariri hängt an der Fassade der Mohammed-El-Amin-Moschee.
Symbol des Wiederaufbaus: Eine Fahne mit Rafik Hariri hängt an der Fassade der Mohammed-El-Amin-Moschee.
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Den ganzen Flug von Zürich nach Beirut bin ich in die neuste Ausgabe des Spiegels vertieft. Und wie so oft, stürze ich mich auf den x-ten Serienteil des Zweiten Weltkriegs.

Diese Woche ist Winston Churchill der Protagonist: Der Löwe des englischen Volkes und Hitlerbezwinger. Der Beitrag rollt auf, wie er dem Volk mit Parolen am Radio wie "ich habe nichts anzubieten als Blut, Trübsaal, Tränen und Schweiss" den Engländern genügend Kraft gab, den deutschen Blitzkrieg im Jahre 1941 durchzustehen. Und am Ende des Artikels bin ich überzeugt: Ohne Churchill würde in England heute im Stechschritt marschiert.

Vielleicht gehe ich da etwas zu weit - aber der Dämpfer für die britische Moral wäre erheblich gewesen, wäre Churchill im deutschen Bombenhagel getötet worden.

Symbolfigur

Einen solchen Dämpfer erlitt der Libanon am Valentinstag. Mitten im Nobelquartier Solidere wurde der Mann ermordet, der zur Symbolfigur für den libanesischen Wiederaufbau geworden ist. Rafik Hariri war treibende Kraft hinter der Rekonstruktion der Beiruter Innenstadt. Und als Politiker stand er als einer, der Libanon in die Demokratie zu führen gewillt war.

Die Beiruter Luft ist seit seinem Tod von zwei Sachen verpestet: Den Erinnerungen an den seit über zehn Jahren verdrängten Bürgerkrieg und der Frage, wer denn hinter dem Anschlag steckt und was um alles in der Welt damit erreicht werden soll?

Um vier Uhr morgens holt mich am Flughafen Kemal der Taxi-Fahrer ab. Wie Immer. Leichte Jacke, kariertes Hemd und Jeans. Auch wie immer. Nur dieses Mal ist er nicht wie sonst glatt rasiert. Vermutlich hat er sich seit Tagen nicht rasiert. Küsschen gibt's diesmal auch nicht.

Totenwache

Bis vor einer Woche war Beirut die sicherste Stadt im gesamten Nahen Osten. Kemal war aufgesprungen, als die Bombe hochging. Er war im Aussenquartier Baabda, das in zwei Kilometern Luftlinie Entfernung vom Anschlagsort liegt. Doch er ist überzeugt, selbst hier die Druckwelle gespürt zu haben. "Ich habe mit Leuten geredet, die haben den Knall noch in Saida gehört." Saida liegt etwa 50 Kilometer südlich von Beirut.

Kemal fährt um vier Uhr morgens einen Umweg durch die Stadt, denn er will mir zeigen, wo Hariris Begräbnis stattfand. Einen Moment hält er vor der grossen sich in Konstruktion befindenden Moschee "Mohammed El Amin" (Auch ein Bauwerk, das von Hariri vorangetrieben wurde). Davor haben sich ein paar Menschen für die Nacht mit Decken eingerichtet. Andere stehen unter einem riesigen Zeltdach und halten Blumen und Kerzen in den Händen. Sie schieben 24 Stunden Totenwache für Hariri, so Kemal. "Es ist jetzt immer jemand hier." Wie Kemal quält auch sie die Frage, wer denn für den Tod von Hariri verantwortlich ist.

Heute Abend um 18 Uhr Ortszeit soll an gleicher Stelle eine Anti-Syrien-Demonstration stattfinden. Viele Libanesen vermuten Syrien – seit 1976 Besatzungsmacht im Land – hinter dem Anschlag.

(von Barnaby Skinner/news.ch)

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