Anschliessend sorgte Rosset für einen Wermutstropfen. Als Folge
des lange schwelenden Konflikts mit Daviscup-Captain Jakob Hlasek
erklärte er den Verzicht für das Daviscup-Abstiegsspiel vom Juli:
«Man wollte mich nicht für die Partie gegen Australien, nun will
ich, zumindest in diesem Jahr, nicht mehr.»
Schlagzeilen kann Rosset auch individuell machen: Bereits in der
kommenden Woche bietet sich ihm in Kopenhagen die Chance, ein
weiteres Stück Schweizer Tennisgeschichte zu schreiben. Mit einem
Sieg in der dänischen Metropole wäre er der erste Schweizer, der
drei Turniere bei ebenso vielen Starts gewinnt. Die bisherige
Bestmarke hält ausgerechnet Rossets früherer Doppelpartner und
heutiger Erzfeind Hlasek, der 1988 in London und Johannesburg zwei
Turniere de suite gewann und in der dritten Woche in Brüssel das
Endspiel erreichte.
Mit drei Siegen innerhalb von 40 Stunden gegen
Hallenspezialisten wie Roger Federer, Thomas Enqvist und Kafelnikow
stellte Rosset einmal mehr sein Faible für Indoor-Unterlagen unter
Beweis. Zehn seiner vierzehn Titel hat Rosset in der Halle
gewonnen. In dieser Spielzeit lautet seine beeindruckende Bilanz
13:2, seit der Nichtberücksichtigung für die Daviscup-
Weltgruppenpartie gegen Australien sogar 10:0. Die einzigen
Niederlagen kassierte er beim Saisonstart «down under» gegen Magnus
Norman und Wayne Black.
Der 26-jährige Australian-Open-Finalist Kafelnikow, der am
Montag im Champions Race Andre Agassi als Nummer 1 ablöst, bleibt
Rossets Lieblingsgegner. Gegen den Allrounder aus Sotschi hat der
lange Romand zehn von dreizehn Duellen für sich entschieden.
Der Genfer war nie in echter Gefahr. Beim Aufschlag
hatte er wie gewohnt Vorteile (9:6 Asse). Er konnte aber auch bei
den Grundschlägen mithalten, die grössten Fortschritte zeigte er am
Netz. Die beiden Breaks gelangen Rosset jeweils im viel zitierten
siebten Game. «Ich bin sehr glücklich, dass ich einigen Leuten
zeigen konnte, dass es zu früh war, mich abzuschreiben. Es war eine
sehr schwierige Woche, aber ich war stets voll konzentriert», so
Rosset, der für den Titel rund 220 000 Franken kassiert.
Die Atmosphäre auf dem Court war zwischen den beiden ehemaligen
Freunden recht giftig. Kafelnikow quittierte einige der wenigen
leichten Fehler Rossets mit hämischem Grinsen, worauf sich der
Genfer einmal am Netz aufbaute und Kafelnikow fragte, ob er ein
Problem mit ihm habe. Nach dem Spiel wollte Rosset aber nicht
dramatisieren: «Das kommt schon einmal vor, wenn man sich so lange
kennt.»
Wieder zu stark für Federer
Die Basis zum Titel hatte Rosset am Freitag weit nach
Mitternacht gelegt. Gegen seinen elf Jahre jüngeren Freund Federer
holte er wie schon in Marseille einen Satzrückstand (3:6) auf und
gewann die folgenden Durchgänge jeweils 6:4. Damit führt Rosset in
der persönlichen Bilanz nun 2:0 und bestätigte sich vorerst als
Schweizer Nummer 1. Knapp 20 Stunden später setzte sich Rosset 7:5,
1:6, 6:3 gegen Thomas Enqvist durch, gegen den er die letzten fünf
Partien verloren hatte.
(ba/sda)