Der geheime Staat im Staat

publiziert: Dienstag, 10. Jan 2006 / 12:32 Uhr

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Einmal mehr wird über das Wesentliche in der CIA-Affäre nicht gesprochen. Klar, es ist spannend, darüber zu spekulieren, was, wie und wann der Justizminister und die Aussenministerin vom schweizerischen Geheimdienst über ein höchst brisanten Fax Bescheid wussten. Selbstverständlich muss die Geschichte untersucht werden, da nicht nur der Schweizer Geheimdienst, sondern alle internationalen Geheimdienste durch diese Affäre in Mitleidenschaft gezogen werden. Und natürlich muss nun die Schweizer Regierung Flurschadenbereinigung vornehmen, um ihr Image, ihre bilateralen Beziehungen zu den involvierten Ländern – die, übrigens so ungefähr alle wichtigen Player betreffen (mit Ausnahme Chinas und Japans) – zu retten.

Aber dass ausgerechnet die Schweizer Parteien Zettermordio schreien, ist zum Weinen, wenn es nicht zum Lachen wäre. Denn die Parteien sollten zunächst einmal ihren gewählten Politikern und Politikerinnen mitgeben, den schweizerischen Geheimdienst, dem nicht die erste Panne dieser Art unterläuft, gründlich zu untersuchen und nun endlich und wirklich einer parlamentarischen Kontrolle zu unterstellen. Denn eigentlich ist der Schweizer Geheimdienst ein Witz. Und dazu noch ein schlechter. Seine Erfolgsbilanz in den letzten 60 Jahren bestand darin, zu wissen, dass die Russen Kommunisten und die Amis Kapitalisten waren und teilweise noch sind. Der einzige herausragende Schweizer Spitzelerfolg bestand darin, fast eine Million unbescholtende Bürger im eigenen Land zu beschatten und dabei Fichen anzulegen, die selbst die Stasi beschämen würde.

Anders als in anderen Ländern hat diesbezüglich jedoch die Schweizer Politik nie wirklich aufgeräumt. Der Geheimdienst blieb nach sämtlichen und peinlichen Affären unberührt und kann seine Inkompetenz bei jeder Gelegenheit unter Beweis stellen. Und statt einmal den Augiasstall auszumisten, werden Chefredaktoren und Journalisten der Militärjustiz unterstellt. Ganz in der Manier der Kalten Kriegsobsession stehen Armee und Geheimdienst also als Staat im Staate. Und sie stehen über allen Grundrechten. Doch es gibt das Recht auf Information. Und es gibt das Recht auf freie Meinungsäusserung; erst recht für die Presse, die über diesen Fax nicht nur berichten darf, sondern sogar soll und muss. Dies gilt auch für Geheimdienstinformationen. Dort gibt es nur eine Ausnahme: Namen und Ortschaften dürfen nicht freigegeben werden, weil sie den betreffenden erheblich schaden könnten. So hätte sich der SonntagsBlick höchstens überlegen sollen, Ägypten, Rumänien und Bulgarien nicht namentlich, sondern beschreibend zu zitieren. Doch dass der „Sobli“ informieren muss, ist klar. Selbst wenn sich die Informationen später als gefälscht erweisen.

Die Lage ist relativ simpel: Erstens muss die Schweizer Regierung alles tun, um die angeklagten und involvierten Regierungen zu besänftigen. Zweitens muss die Schweizer Regierung nicht wie aufgescheuchte Hühner im Vogelgrippenstall reagieren, sondern sich auf eine einheitliche und klare Kommunikationspolitik einigen. Es lebe in diesem Zusammenhang der Ständerat Dick Marty! Er ist gescheit, beurteilt nüchtern und gibt das Wichtigste preis, ohne auch nur ansatzweise Porzellan zu zerschlagen. Alles Qualitäten, die momentan auf höchster Ebene fehlen.

Drittens ist das Schweizer Parlament aufgefordert, nicht ad hoc Aufklärung zu verlangen, sondern selbst endlich Aufklärung zu betreiben und so seiner Rolle als verantwortliches Parlament endlich einmal gerecht zu werden! Auch da scheint keiner wirklich zu wissen, wo die rechtlichen und politischen Kompetenzen des Schweizer Geheimdienstes laufen. Und last but not least sollte gerade die Linke sofort aufhören die Affäre, die vor allem auch innenpolitische Brisanz hat, als antiamerikanische Hetze zu missbrauchen. Die Linke verletzt so regelmässig eine Grosszahl engagierter und demokratischer amerikanischer Bürger und Bürgerinnen, die oft ihre Karriere aufs Spiel setzen und viel Zeit und Geld dafür investieren, nicht nur die USA, sondern die Welt insgesamt zu einem friedlicheren, offeneren und demokratischeren Planeten zu machen!

Und eines sollte bei der ganzen Geschichte nicht vergessen gehen: Mögliche europäische CIA-Foltergefängnisse hätten ganz viele Akteure. Erstens der amerikanische Geheimdienst, zweitens europäische Komplizen und drittens einen kleinen, aber voll funktionierenden Prozentsatz terroristischer Massenmörder.

(von Regula Stämpfli/news.ch)

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