Die Bombe tickt und keiner spricht davon

publiziert: Freitag, 28. Jan 2011 / 11:48 Uhr / aktualisiert: Freitag, 28. Jan 2011 / 18:12 Uhr
Protest in Ägypten: Wo kommen bloss die ganzen Protestanten her? (Tipp: Schaut mal in der Geburtsstatistik nach!)
Protest in Ägypten: Wo kommen bloss die ganzen Protestanten her? (Tipp: Schaut mal in der Geburtsstatistik nach!)

Es wird über alle möglichen Ursachen gesprochen, warum es nun in den nordafrikanischen und arabischen Ländern jetzt brodelt und weshalb der Druck auf die Despoten, Kleptokraten und Tyrannen immer grösser wird. Doch der wichtigste Grund wird verschwiegen.

5 Meldungen im Zusammenhang
Weiterführende Links zur Meldung:

Daten zu den Ländern
Statistiken mit Geburtenzahlen zu allen Afrikanischen Ländern (mit Link zu Asien) des Deutschen Statistischen Bundesamtes
destatis.de

Ja, natürlich: Die Weltwirtschaftskrise hat dazu beigetragen, die Arbeitslosigkeit in diesen Ländern, die zu langsame Entwicklung derer Wirtschaft, die Ungeduld und der Zorn auf die korrupten Herrscher und ihre Schergen; dies alles sind Faktoren in den gegenwärtigen Aufständen. Dazu kommt auch die technische Entwicklung: Bereits der Protest im Iran nach den Wahlen im letzten Jahr war ein Handy-Aufstand gewesen, der Sturz von Ben-Ali in Tunesien basierte auf Facebook und Twitter und ebenso nun der Aufruhr in Ägypten.

Es wird auch immer wieder erwähnt, dass es die vielen Jungen in diesen Ländern seien, die sich nun erheben, doch das logische, nächste wird nicht gesagt: Diese Nationen sind soeben dabei, unter ihrem Bevölkerungswachstum zusammen zu brechen. Das ist der Grund.

Mubarak herrscht seit dreissig Jahren. Als er seine Herrschaft antrat, lebten etwa 45 Millionen Menschen in Ägypten. Heute dürften es 84 bis 85 Millionen sein. Betrachtet man diesen Faktor, hat Mubarak eigentlich gar keinen so miesen Job geleistet. Ja, mit einem Wirtschaftswachstum 2009 von 4,65% gegenüber dem Vorjahr liefert Ägypten eigentlich eine Zahl, auf die eine Schweiz, oder Deutschland, neidisch sein müssten.

Doch für die rasant in den Arbeitsmarkt drängenden und leider vielfach mangelhaft ausgebildeten jungen Menschen (denn natürlich leidet auch die Bildung unter der Flut der nachdrängenden Kinder), können gar nicht so schnell Arbeitsplätze geschaffen werden, wie sie nötig sind.

Auch eine Revolution und ein Umsturz können es nicht richten, wobei Tunesien dank der recht niedrigen Geburtenrate (der Niedrigsten aller Arabischen Länder), mittelfristig die besten Karten hat. Ägypten hingegen wird auch nach einem Sturz von Mubarak weiter an diesem strukturellen Problem leiden, das sich in einer einzigen Zahl ausdrückt: 2.9.

Dies ist die durchschnittliche Anzahl der Kinder pro Frau, eine Quote, welche die Flut der Unzufriedenen ständig anschwellen lässt und immer mehr Druck von unten erzeugt. Natürlich könnte eine neue, weniger korrupte und gerechte Regierung einiges von diesem Druck abbauen, indem die beschränkten Ressourcen gerechter verteilt, mehr Geld in die Bildung und die Familienplanung investiert und durch eine effizientere Wirtschaft Arbeitsplätze geschaffen würden. Doch das dringendste aller Probleme, das Bevölkerungswachstum, wird zumindest in den offiziellen Statements fast nirgends erwähnt.

Die Bevölkerungsbombe tickt in den meisten islamischen Ländern und wird von den jeweiligen Herrschern und auch im Volk selbst nicht als solche erkannt. Natürlich verschlimmern die Machthaber mit Korruption und einer Unrechtsherrschaft den Leidensdruck des Volkes noch weiter. Doch auch nach einem Sturz dieser Tyrannen bleibt das Grundproblem weiterhin bestehen.

Die Forderung nach politischen und wirtschaftlichen Reformen ist ja gut, recht und auch nötig. Doch jede Erleichterung, welche dadurch gebracht wird, würde schnell wieder verdampfen. Jeder demokratische Reformer, der sich dieses Problems nicht annimmt und es nicht glasklar kommuniziert, ist zum Scheitern verurteilt. All jene Staaten, die den Wandel in diesen arabischen Ländern zur Demokratie hin nun unterstützen, aber nicht gleichzeitig darauf bestehen, dass damit ein höheres Bildungsniveau der Frauen (was gleichzeitig zu niedrigeren Geburtenraten führt) und ein Familienplanungsprogramm eingeführt werden muss, kann sich danach auf die Kappe schreiben, nicht nur erst jahrzehntelang Diktatoren unterstützt zu haben, sondern darauf hin auch noch am Scheitern der neuen Demokratie beteiligt gewesen zu sein.

(Patrik Etschmayer/news.ch)

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