Die «Bündner-Mafia»

publiziert: Sonntag, 2. Sep 2007 / 16:48 Uhr / aktualisiert: Dienstag, 23. Okt 2007 / 18:15 Uhr

An der Uni Zürich leben Studierende verschiedener Herkunft friedlich miteinander. Das perfekte Multikulti existiert jedoch nicht. Besonders eine Ethnie ist geradezu kriminell gut organisiert.

Ist es das Heimweh nach den Bergen, das die Bündner Studis im fernen Zürich zusammenschweisst?
Ist es das Heimweh nach den Bergen, das die Bündner Studis im fernen Zürich zusammenschweisst?
Semester für Semester rollt eine Migrationswelle durch die Schweiz. Tausende von Landbewohnern überfluten die Universitätsmetropolen, ziehen in WGs ein und lernen das städtische Leben kennen.

Dabei bewegen sich die Uni-Neulinge erst einmal unter ihresgleichen. Der Zusammenhalt und Organisationsgrad derer, die aus der gleichen Region stammen, ist in der Stadtanonymität umso stärker.

Feldforschung an der Uni Zürich

Unter den Schweizer Studierenden an der Universität Zürich bilden die Einheimischen naturgemäss die grösste Gruppe. Zusammenhalt lässt sich unter ihnen aber nur punktuell beobachten, die Masse macht die Zürcher träge. Obwohl in Luzern eine eigene Uni den Grossteil der innerschweizerischen Brainpower absorbiert, sind deren Einwohner eine weitere Ethnie mit gewissem Organisationsgrad. Weiterhin wären da die Ostschweizer, wobei die Rheintaler eine starke Untergruppe mit separatistischen Neigungen bilden.

Auch die wenigen Berner und Basler, die sich aus unerfindlichen Gründen für das Studium in die Limmatstadt begeben, sehen sich ab und an. Die Aargauer Studierenden fallen kaum auf. Die Unigänger aus dem Karottenkanton verteilen sich auf die etwa gleich weit entfernten Hochschulen in Bern, Basel und Zürich. Ausserdem besitzen sie dank ihres verwaschenen Dialektes die Anpassungsfähigkeit von Chamäleons - ihre Integrationsfähigkeit ist enorm. Die Welschen und Tessiner Diaspora an der Uni Zürich sind klein und gehen auch im helvetischen Mischmasch unter.

Doch eine Ethnie übertrifft alle anderen an Organisation und Zusammenhalt bei weitem – Sie lassen es nicht beim gemeinsamen Feiern bewenden: Die Bündner.

Grosse Ziele

Mit dem Bündnerclub und seinen 470 Mitgliedern sind sie auch vereinsrechtlich institutionalisiert. Zu den Zielen des Clubs gehört mehr als nur das gelegentliche Zusammensitzen unter Alpgenossen: «Die Vertretung der Studentenschaft des Kantons Graubünden an der ETH Zürich und Universität Zürich» und die Pflege von Kontakten zu Bündner Mittelschulen und Unternehmen sowie ehemaligen Studierenden sind in den Statuten vorgesehen. Auch die Förderung der Bündner Kultur- und Sprachenvielfalt hat sich der Bündnerclub zur Aufgabe gemacht. In einem Online-Shop wird man künftig auch spezielle Accessoires und T-Shirts beziehen können.

Thomas Joos, Vorstandsmitglied des Bündnerclubs, erläutert das Hauptanliegen des Vereins: «Wenn ein Bündner fürs Studium nach Zürich kommt, soll er einen Halt haben.» Einmal im Monat lädt der Verein zum Stamm, einem gemeinsamen Abend, an dem die Neuen Kontakte knüpfen können. Ausserdem organisiert der Club jedes Semester ein Fest, es ist eins der grössten an der Uni Zürich.

Alle paar Meter ein Kollege

Stark sind auch die informellen Netzwerke der gemäss Joos schätzungsweise 1000 Bündner Studierenden an der Uni Zürich. Die meisten kennen sich, vermitteln sich gegenseitig Nebenjobs und Wohnungen, und Tipps fürs nächste Examen erhalten sie von älteren Kommilitonen. Selbst im Paarungsverhalten lassen sich endogene Tendenzen beobachten. «Mit Bündner Kollegen braucht man lange, um die Uni zu durchqueren - alle paar Meter grüssen sie einen Kollegen», sagt Markus M . aus dem Zürcher Oberland, «Im Prinzip sind sie ja sehr sympathisch – und wenn man mal in ihrem Netzwerk drin ist, kann man davon profitieren!», schliesst er. «Herdentiere!», meint der Winterthurer Thomas Bruggmann auf die Frage, was ihm zu den Südostschweizern einfällt. «Bündner-Mafia», sagt Michel Meliopoulos, Stadtzürcher.

Schlecht integriert?

Kritik gibt es auch von der eigenen Seite. Jon Pult, Geschichtsstudent aus Chur, wohnt mit zwei Kollegen aus dem Bündnerland zusammen. Die Wohnung wurde ihnen ebenfalls einem Heimatgenossen vermittelt. Sein Freundeskreis in Zürich bestehe hauptsächlich aus Bündnern, berichtet Pult und sagt vorsichtig: «Möglicherweise sind die Bündner eine der am schlechtesten integrierten Minderheiten an der Uni Zürich.»

«Von schlechter Integration würde ich nicht sprechen – aber ein guter Zusammenhalt ist durchaus zu beobachten», entgegnet Thomas Joos vom Bündnerclub, «Es studieren halt so viele Bündner in Zürich, dass sich viele mit denselben Interessen zusammenfinden». Ausserdem gingen viele Bündner am Wochenende heim und träfen dort ihre Kommilitonen von der Uni. Aber machen das andere Studierende nicht auch?

Und trotzdem mag man sie

Vielleicht haben die Bündner einfach mehr Heimweh nach ihren Bergen als die Innerschweizer nach ihren Nebeltälern und die Ostschweizer nach ihren Rapsfeldern und suchen Trost bei Leidensgenossen. Aber nur vielleicht. Rationale Erklärungen greifen schlussendlich zu kurz. Die «Bündner-Mafia» bleibt ein kleines Mysterium. Doch das ist nicht weiter schlimm. Denn grundsätzlich, das bekräftigten alle, kann man die gemütlichen Leute mit den vielen «a» im Akzent ganz gut leiden.

(von Joel Bedetti/studisurf.ch)

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