Die Schweiz auf der Couch

publiziert: Mittwoch, 18. Aug 2010 / 11:32 Uhr
Der Noch-Bundesrat auf Schulreise: Da war noch unbekannt, dass bald wieder 2 Sitze frei und die Schweiz im Bundesratsersatzfieber sein würde.
Der Noch-Bundesrat auf Schulreise: Da war noch unbekannt, dass bald wieder 2 Sitze frei und die Schweiz im Bundesratsersatzfieber sein würde.

Brauchen wir wirklich Professoren, die uns die Banalität des Stammtischs wiederkauen? Was in letzter Zeit meine Kollegen und zum Teil auch ich selber zum Doppelrücktritt von Bundesrat Leuenberger und Bundesrat Merz äusserten, war meist nicht mehr mal die warme Luft wert, die das Klima erhitzte.

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Vielleicht liegt das daran, dass nicht nur die Politiker, sondern eben auch ihre Vor-Hinter- und Nachdenker aufgrund medientaktischen Gefühls und verwirrender Komplexität keine klare Aussage mehr treffen können.

Dabei ist die Schweiz auf der Couch schnell analysiert:

In keinem einzigen anderen Land, das sich Demokratie nennt, beschliessen Minister ein paar Monate vor den richtungsweisenden Gesamterneuerungswahlen ihren Rücktritt. Die Remedur hierzu hiesse entweder Amtszeitbeschränkung auf 4, respektive 8 Jahre wie in den USA, oder aber die Ausschreibung von Neuwahlen sofort nach einem Bundesratsrücktritt. Nur so wird garantiert, dass die Wahlen, die vom sogenannten Volk entschieden werden, sich auch in der Politik ausdrücken.

Auf Kantons- und Kommunalebene klappt die Amtszeitbeschränkung übrigens mehr oder weniger freiwillig. Regierungsräte treten zurück, wenn sie sich schwerwiegende politische Verfehlungen geleistet haben oder sterbenskrank sind. Was zu einem weiteren demokratischen Defizit des schweizerischen Systems führt: Die Amtsenthebung. Es muss ein vernünftiges, mit grossem Mehr abgesichertes Verfahren geben, um einen Bundesrat auch absetzen und nicht nur alle vier Jahre vielleicht, eventuell und mit dreckigen Tricks abwählen zu können.

Diese zwei einfachen Reformen wären gute Anreize für Volk, Parlament und Regierung, die Schweizer Bundesräte so zu wählen, die Verantwortlichkeit, Stringenz und eine gewisse Planbarkeit des hochkomplexen Landes Schweiz, das als politischer Zwerg ein weltwirtschaftliches Dinosaurierdasein führt, zu stärken. Das wäre auch eine stabile Basis - statt jener wackeligen Wischiwaschi-Ebene «Niemand ist verantwortlich» - um politisch zu handeln. Selbstverständlich müssten dann mit diesen Reformen die gewählten Politiker auch besser entschädigt werden.

Das sind nicht riesige Umwälzungen, die ich hier vorschlage. Aber sie würden den Unmut über die SVP-fördernde Verunglimpfungen der «Classe politique» zu einem grossen Stück beheben. Gleichzeitig ist die Direktwahl des Bundesrats durch die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger durchaus bedenkenswert. Minderheitengarantien kennen wir aus den Kantonen, weshalb nicht kopieren, was anderswo funktioniert? Da wir schon dabei sind, muss unbedingt auch die politische Bildung in diesem Lande gefördert werden – kluge Medienpolitik wäre die eine Forderung (Unterscheiden öffentlich-rechtlich und private Freiheiten), kluge polit-philosophische Grundkurse schon in der Unterstufe die andere. Vielleicht genügt es ja auch schon, wenn Schweizernde endlich anständig lesen lernen würden...

Tja. Revolutionär sind meine Überlegungen nicht. Doch die Schweiz macht weiter nach dem Motto: «Weshalb einfach, wenn sich kompliziert doch alles verschlimmern lässt?»

(von Regula Stämpfli/news.ch)

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