Dilemma bei der Thronfolge

publiziert: Mittwoch, 2. Nov 2005 / 13:28 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 2. Nov 2005 / 18:32 Uhr

Madrid - Niemand wagt es offen auszusprechen. Aber so manchem Politiker in Spanien wäre es lieber gewesen, wenn das Thronfolgerpaar Felipe und Letizia einen Jungen und nicht ein Mädchen bekommen hätte.

Der stolze Vater Prinz Felipe verkündet die Geburt seiner Tochter Leonor.
Der stolze Vater Prinz Felipe verkündet die Geburt seiner Tochter Leonor.
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Dann hätte die Politik sich viele Scherereien erspart. Die Geburt der Infantin Leonor zwingt die Parteien jedoch dazu, ein Thema anzupacken, das sie bisher auf die lange Bank geschoben hatten: die Frage der Thronfolge.

Nach der geltenden Regelung haben im spanischen Königshaus Jungen Vorrang vor Mädchen. Das heisst: Wenn Leonor in ein paar Jahren einen Bruder bekäme, rückte dieser in der Thronfolge vor seine ältere Schwester. Genau dies soll verhindert werden. Da sind sich praktisch alle Spanier einig.

Kompliziertes Unterfangen

«Die männliche Erbfolge hätte niemals in die Verfassung aufgenommen werden dürfen», empört sich der Verfassungsrechtler Javier Pérez Royo. «Sie verstösst gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung.» Eine Reform ist ein kompliziertes Unterfangen, weil sie eine Änderung der Verfassung bedeutet.

Dazu wäre nicht nur eine Zwei-Drittels-Mehrheit im Parlament fällig, es müsste auch die Regierung zurücktreten, dann müssten Neuwahlen stattfinden und das neue Parlament nochmals über die Verfassungsänderung abstimmen.

Danach muss schliesslich noch ein Referendum abgehalten werden. Die Regierung plant die Reform für 2008, weil dann ohnehin Wahlen fällig wären. «Bis dahin kann man Felipe und Letizia nicht untersagen, weitere Kinder zu bekommen, nur weil die Reform der Erbfolge noch nicht beschlossen ist», sagt die Kolumnistin Victoria Prego. Aber was geschieht, wenn Letizia vorher einen Jungen zur Welt bringt?

Dann müsste die Thronfolge rückwirkend reformiert werden, damit Leonor eines Tages Königin werden kann. Dies ist jedoch eine heikle Angelegenheit. Es bestünde die Gefahr, dass eine rückwirkende Regelung auch die Thronrechte von Felipe in Frage stellt. Denn der Kronprinz ist jünger als seine Schwestern Elena und Cristina.

Heikle Volksabstimmung

Ein heikles Thema ist auch die Volksabstimmung, die für eine Änderung der Erbfolge notwendig ist. Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero will die Gelegenheit nutzen, bei dem Referendum auch gleich andere Punkte der Verfassung reformieren zu lassen. Darüber herrscht jedoch Uneinigkeit zwischen den Parteien.

Sollen die Spanier also nur über die Erbfolge abstimmen? «Dies wäre vielleicht nicht ratsam», warnt die Zeitung «El País». «Eine solche Abstimmung könnte leicht zu einem Plebiszit über die Monarchie werden.»

Wie dies ausgehen würde, wagt niemand zu prophezeien. Die Spanier sind zwar «Juancarlistas» (Anhänger von König Juan Carlos), aber nicht unbedingt Fans der Monarchie.

(Hubert Kahl/dpa)

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Kronprinzessin Aiko (m) wird vom Volk geliebt.
 
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