Donnerndes Fanal am Ende eines stillen Lebens

publiziert: Donnerstag, 19. Apr 2007 / 07:38 Uhr

Washington - Die Stille war sein ständiger Begleiter. Erst ganz am Ende seines kurzen Lebens entfesselte Cho Seung Hui einen furchtbaren Knall. Es wirkt, als wollte der Amokschütze der Virgniia-Tech Welt ein Rätsel aufgeben - im Leben wie im Tod.

Cho Seung Hui präsentierte sich als Rätsel.
Cho Seung Hui präsentierte sich als Rätsel.
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Cho habe praktisch nie gesprochen, berichten die wenigen, die mit ihm zu tun hatten. Nicht, wenn man ihn grüsste. Nicht, wenn er im Unterricht angesprochen wurde. Manche glaubten, hinter der Fassade des Schweigens eine gepeinigte Seele zu erkennen.

Doch ihre Versuche der Annäherung wehrte Cho ab. Er blieb allein, bis sich die Welt nach dem grausamen Fanal seines Amok-Selbstmords ratlos auf die Spurensuche begab. Die Ergebnisse sind verstörend. Erklären können sie wenig.

Doch im Nachhinein lassen sich Verbindungslinien erkennen zwischen den wenigen Punkten, die der Student Cho in seinem abgewandten Leben setzte. Was sich zu seinen Lebzeiten als sonderbares Gehabe eines Aussenseiters darstellte, lässt sich nun als Warnzeichen für die Katastrophe deuten.

Makabere Theaterstücke

Im vergangenen Jahr besuchte MacFarlane mit Cho ein Uni-Seminar für kreatives Schreiben. Cho reichte zwei eigene Theaterstücke ein. «In den Stücken gab es wirklich seltsame, makabere Gewalt mit Waffen, die mir nie in den Sinn gekommen wären», erinnert sich MacFarlane.

Die Stücke wurden inzwischen von ehemaligen Mit-Studenten ins Internet gestellt. Sie sind voller Verweise auf Brutalität, gewalttätige Sexualität, Pädophilie, Fäkalien. Die Seminarteilnehmer empfanden Cho und seine literarischen Versuche als unheimlich.

Einzelunterricht

Cho fiel auch der Literatur-Professorin Lucinda Roy auf. Weil die Abneigung zwischen ihm und seinen Kommilitonen deutlich zu spüren war, bot sie ihm Einzelunterricht an, bei dem der scheue junge Mann nie seine Sonnenbrille abnahm.

«Ich war so besorgt, dass ich mehrere Leute ansprach, weil ich Hilfe für ihn wollte», berichtet Roy. Die Hochschulleitung sah aber keine rechtliche Handhabe für ein Eingreifen, weil Chos Stücke keine gezielten Drohungen enthielten.

Bezeichnend wirkt im Rückblick auch eine Anekdote aus dem Seminaralltag an der Universität. Zum Semesterauftakt bat die Professorin die Studenten, Papierschildchen mit ihren Namen vor sich aufs Pult zu stellen. Cho malte ein grosses Fragezeichen aufs Blatt, wie seine Kommilitonen nun berichten. Er präsentierte sich als Rätsel.

Depressionen

In Chos Zimmer fanden Ermittler nach dem Amoklauf verschreibungspflichtige Medikamente gegen Depressionen. Dass der 23-Jährige krank war, ahnten die Menschen in seinem Umfeld allenfalls.

Abgründige Szenen hinter der Kulisse familiärer Normalität war eines der wichtigsten Motive in Chos Stücken. Über seine eigene Familie ist wenig bekannt.

Chos Eltern werden von Nachbarn in Centreville als freundliche, tüchtige Leute beschrieben. Laut Medienberichten wurden sie nach der Schreckensnachricht mit schwerem Schock in ein Krankenhaus gebracht.

(von Peter Wütherich/sda)

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