Mit literarischen Mitteln die Welt deuten

Drittes Literaturhaus der Schweiz in Gottlieben TG eröffnet

publiziert: Sonntag, 9. Apr 2000 / 16:45 Uhr

Gottlieben TG - Das dritte Literaturhaus der Schweiz nach Zürich und Basel ist am Samstag mit einem Fest in Gottlieben am Bodensee eröffnet worden. Iso Camartin, Kulturchef des Schweizer Fensehens, sagte, dass Gottlieben künftig ein Ort sei, an dem mit literarischen Mitteln die Welt gedeutet werde.

Benannt nach dem Dichter Emanuel von Bodman (1874-1946), der hier die letzten 26 Jahre seines Lebens verbrachte, ist das Bodman- Haus in Gottlieben eine vielfältig im Sinne der Literatur genutzte Wirkungsstätte geworden. Im Erdgeschoss befindet sich eine Handbuchbinderei. Im oberen Stock ist das Arbeitszimmer Bodmans im Originalzustand zur Besichtigung offen.
Ausserdem gibt es eine von Esther Bächer konzipierte Eröffnungsausstellung. Unter dem Titel «Emanuel von Bodman und die Gottlieber Künstler» werden nicht nur die vielfältigen Kontakte Bodmans zu anderen Künstlern gezeigt, sondern man kann auch Briefwechsel und Kontakte zum Beispiel mit Herman Hesse oder Rainer Maria Rilke studieren.

Studierwohnung für Stipendiaten
Und Studieren ist ein weiteres Stichwort. Im Haus ist eine kleine Wohnung für Literaten eingerichtet. Der erste Stipendiat von der Gruppe Olten ist Fawzi Mellah. Er wird von Mitte April bis Ende Mai zum Arbeiten in das Literaturhaus einziehen. Weiter sind unter anderem Lesungen und Diskussionsrunden sowie Workshops zur Übersetzung von Lyrik geplant. Die Aufgabe der schreibenden Zunft, so Camartin, sei es, neue Karten anzulegen, mit denen man sich in den bekannten und den unbekannten Territorien, die man zu Lebzeiten betreten mag, besser zurechtfindet. Somit sei Literatur auch etwas wie Fährtenkunde für das Diesseits. Und diese Fährtenkunde soll im Bodman-Haus betrieben werden.

Rund zwei Millionen Franken Umbaukosten
Getragen wird das Bodman-Haus von der Thurgauischen Bodman- Stiftung. Auf Initiative des ehemaligen SBG-Chefs Robert Holzach wurde die Stiftung 1996 gegründet. Gut zwei Millionen Franken kosteten der Umbau und die Renovation des Hauses.
Für den Betriebsfonds fehlten vor der Eröffnung noch eine halbe Millionen Franken. Nach Angaben von Stiftungspräsident Robert Fürer geben nach weiteren grosszügigen Spendenzusagen die Finanzen keinen Anlass zur Sorge.

(ba/sda)

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