Türkei

Dutzende Festnahmen in Istanbul

publiziert: Dienstag, 18. Jun 2013 / 19:13 Uhr
Symbolischer Protest in Istanbul: «duran adam» blickt auf ein Bild von Atatürk.
Symbolischer Protest in Istanbul: «duran adam» blickt auf ein Bild von Atatürk.

Istanbul - Nach der gewaltsamen Auflösung der regierungskritischen Proteste in Istanbul ist die türkische Polizei am Dienstag gegen Linksextreme vorgegangen. Etwa 90 Mitglieder der an den Protesten beteiligten Sozialistischen Partei der Unterdrückten (ESP) wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft festgenommen.

10 Meldungen im Zusammenhang
Neben der ESP, die bei den wochenlangen Protesten gegen die islamisch-konservative Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan aktiv war, wurden laut Berichten der Fernsehsender NTV und CNN-Türk auch die Büros der Zeitung «Atilim» und der Nachrichtenagentur Etkin durchsucht. Beide stehen der Partei nahe.

Laut NTV gab es auch in der Hauptstadt Ankara 30 Festnahmen, im nordwestlichen Eskisehir seien 13 Menschen festgenommen worden. Einsätze gab es demnach in 18 weiteren Provinzen. Innenminister Muammer Güler sprach von 62 Festnahmen in Istanbul und 23 in Ankara.

Demnach richtete sich der «seit einem Jahr vorbereitete» Einsatz gegen die «terroristische Organisation» Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei, die an den Protesten im Gezi-Park beteiligt war. Die Polizei hatte am Samstag unter massivem Gewalteinsatz den seit Wochen von Demonstranten besetzten Istanbuler Park geräumt.

Erdogan spricht von «Verschwörung»

Angesichts anhaltender Proteste drohte Vize-Ministerpräsident Bülent Arinc am Montag mit dem Einsatz des Militärs. Erdogan sprach am Dienstag von einer «Verschwörung» gegen seine Regierung. «Das Volk hat diese Verschwörung vereitelt, indem es sich zu hunderttausenden versammelt hat», sagte Erdogan vor den Abgeordneten seiner AKP.

Die Kundgebungen seiner Anhänger habe das «wahre Gesicht» der Türkei gezeigt und nicht die Demonstrationen, die von «Verrätern und ihren Komplizen im Ausland» organisiert worden seien. Erdogan verteidigte auch die Polizei, die den «Demokratie-Test» bestanden habe.

Neue Protestform sorgt für Aufsehen

In Ankara setzte die Polizei in der Nacht zu Dienstag Tränengas und Wasserwerfer ein, um Hunderte Menschen zu vertreiben, die sich auf dem Kizilay-Platz, in der Kennedy-Strasse und im Güven-Park versammelt hatten. In Istanbul sorgte der Protest eines «stehenden Mannes» (türkisch: duran adam) für Aufsehen.

Stundenlang stand er auf dem Taksim-Platz und starrte in Richtung eines Porträts des Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk. über Twitter (Hashtag #duranadam) verbreitete sich die Nachricht. Wie Aktivisten mitteilten, kam es zu Festnahmen, als sich Dutzende Regierungsgegner dem Protest des «stehenden Mannes» anschlossen.

Die Proteste hatten sich an den Regierungsplänen zur Bebauung des Gezi-Parks entzündet, der eine der wenigen Grünflächen in Istanbul ist. Sie haben sich zu einer breiten Demonstration der Unzufriedenheit mit Erdogan ausgewachsen.

EU-Botschafter tagen am Mittwoch

Die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, forderte die Türkei am Dienstag auf, exzessive Polizeigewalt gegen Demonstranten zu unterbinden. Die Regierung in Ankara sei verantwortlich dafür, dass Sicherheitsleute jederzeit die international anerkannten Menschenrechte respektierten.

Wer dagegen verstosse, müsse zur Verantwortung gezogen werden, erklärte Pillay in Genf: «Ich fordere die Regierung auf, friedliche Protestaktionen zu erlauben und zu beschützen.»

In Brüssel wollen die Botschafter der EU-Länder am Mittwoch darüber beraten, ob in den 2005 gestarteten Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ein neues Kapitel - dasjenige zur Regionalpolitik - angegangen werden soll. Allerdings gilt es als unwahrscheinlich, dass die EU-Botschafter diesem Schritt derzeit zustimmen.

 

(fest/sda)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Ankara - Die türkische Polizei ist in ... mehr lesen
Die Unruhen in der Türkei nehmen kein Ende. (Archivbild)
Istanbul - Die türkische Polizei hat das erste Mal seit Tagen wieder Wasserwerfer gegen Demonstranten in Istanbul eingesetzt. Sicherheitskräfte räumten am Samstag den zentralen Taksim-Platz in der Millionenmetropole am Bosporus. mehr lesen 
Der Annäherung der Türkei an die EU droht ein herber Rückschlag.  (Archivbild)
Brüssel - Der Annäherung der Türkei ... mehr lesen
Istanbul - Hunderte Demonstranten in ... mehr lesen
Auf dem Taksim-Platz, in der brütenden Mittagshitze, im stillem Protest. (Archivbild)
Räumung Taskim-Platz Istanbul: Öffentlicher Raum gegen Einkaufszentrum, gewünscht vom Sultan.
Etschmayer Viele junge Menschen - vor allem ... mehr lesen
Weitere Artikel im Zusammenhang
Istanbul - Die türkische Regierung geht weiter mit harter Hand gegen Proteste vor. Nach ... mehr lesen
Die Unruhen in der Türkei nehmen kein Ende. (Archivbild)
Auch der Nacht zum Montag wurde wieder gewaltsam gegen regierungskritische Demonstranten vorgegangen.
Istanbul - In der Türkei ist die Polizei nach Angaben von Medienberichten auch in der Nacht zum Montag wieder gewaltsam gegen regierungskritische Demonstranten vorgegangen. ... mehr lesen
Istanbul - Tränengas, Gummigeschosse und Schockgranaten: Mit der gewaltsamen Räumung des Gezi-Parks hat Istanbul eine der gewalttätigsten Nächte seit Beginn der Proteste vor knapp drei Wochen erlebt. Hunderte Menschen wurden in der Nacht zum Sonntag verletzt. mehr lesen 
Recep Tayyip Erdogan droht mit Polizeieinsatz.
Istanbul - Die türkische Polizei hat ... mehr lesen
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
Die US-Army testet KI gesteuerte Drohnen - und wurde überrascht.
Die US-Army testet KI gesteuerte Drohnen - und wurde ...
Obwohl künstliche Intelligenz komplexe Probleme lösen kann, hat sie auch ihre Grenzen. In einem virtuellen Test des US-Militärs mit KI-gesteuerten Drohnen sollen laut einem Bericht des britischen Guardian unerwartete und tödliche Folgen aufgetreten sein. Es wird behauptet, dass die Drohne jeden attackierte, der sich einmischte. mehr lesen 
Die EU hat Meta, den Mutterkonzern von Facebook, mit einer historischen Geldbusse belegt. Der Konzern hatte wegen der fortlaufenden Übertragung von Nutzerdaten in die USA gegen die europäische ... mehr lesen
Meta wird in Berufung gehen und weiter auf Zeit spielen.
Publinews Spannende Neuigkeit aus der Welt der Elektromobilität: Der US-amerikanische Elektroautohersteller Tesla hat am vergangenen Wochenende den Bau einer neuen Megafactory in China angekündigt. Was bedeutet das für Tesla, für China und für die Zukunft der Energieversorgung? mehr lesen  
Die G20-Staatschefs auf dem «Familienfoto» in Indonesien 2022.
Publinews Während die Politiker über Klimaschutz reden, nehmen sie selbst immer noch an vielen Flugreisen ... mehr lesen  
Titel Forum Teaser
  • keinschaf aus Wladiwostok 2826
    belustigend peinlich Das kommt schon fast in die Nähe der Verwechslung von Oekonomie mit ... Mi, 28.12.16 01:21
  • Unwichtiger aus Zürich 11
    Grammatik? Wie kann Stoltenberg denn Heute schon wissen, welche Entscheidungen am ... Sa, 22.10.16 10:59
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Der phallophile Blick eines cerebrophoben Schäfleins! Frau Stämpfli schrieb am Ende ... Mo, 26.09.16 17:32
  • keinschaf aus Wladiwostok 2826
    phallophobe Geschichtsrückblicke "Und die grösste Denkerin des 21. Jahrhunderts? Verdient ihr Geld mit ... Sa, 13.08.16 17:48
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Alle Demonstranten gefilmt. Der Erdogan lässt doch keine Domo gegen sich zu! Die ... Di, 21.06.16 16:42
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Konzernrecht? Konzernpfusch! Was ist denn das? Konzerne werden vorwiegend von Vollidioten geführt. ... Fr, 10.06.16 17:49
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Das wird die Deutschen aber traurig machen. Wenn man keinen Flughafen und keinen Bahnhof ... Mi, 08.06.16 17:49
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Der... Daesh (IS) kommt immer mehr unter Druck. Davon sind inzwischen auch ... Do, 02.06.16 19:22
Jonathan Mann moderiert auf CNN International immer samstags, um 20.00 Uhr, die US- Politsendung Political Mann.
CNN-News Was würde «Präsident Trump» tatsächlich bedeuten? Noch ist absolut nichts sicher, doch es ...
 
Stellenmarkt.ch
Der Remoteserver hat einen Fehler zurückgegeben: (500) Interner Serverfehler.
Source: http://www.news.ch/ajax/top5.aspx?ID=0&col=COL_3_1
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Do Fr
Zürich 11°C 19°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt freundlich
Basel 11°C 19°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich freundlich
St. Gallen 10°C 16°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich freundlich
Bern 12°C 18°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich freundlich
Luzern 13°C 18°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt freundlich
Genf 13°C 20°C sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich freundlich
Lugano 16°C 23°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt freundlich
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten