Ein winziger Schritt des WTO-Kolosses

publiziert: Montag, 19. Dez 2005 / 08:41 Uhr

Hongkong - Es ist ein winziger Schritt des Kolosses WTO: Nach sechs Tagen Verhandlungen, drei durchwachten Nächten, Streit, Drohungen und taktischen Finessen ist es gelungen, die Liberalisierung des Welthandels ein bisschen weiterzutreiben.

Glücklich nicht, aber erleichtert: WTO Generaldirektor Pascal Lamy bei der Schlusszeremonie mit John Tsang.
Glücklich nicht, aber erleichtert: WTO Generaldirektor Pascal Lamy bei der Schlusszeremonie mit John Tsang.
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Unter Dach ist die angestrebte Welthandelsrunde damit aber noch lange nicht. Schon in einigen Wochen dürften sich die meisten Unterhändler bei der nächsten Konferenz in Genf wiedersehen. Dann müssen sie weiter um Daten und Prozentsätze ringen.

Immerhin: Noch vor wenigen Tagen hatte eigentlich niemand mehr damit gerechnet, dass überhaupt ein Kompromiss in Hongkong möglich sein würde. Doch richtig glücklich ist mit dem Ergebnis niemand.

Viele Emotionen im Spiel

Vor allem den Industriestaaten gelang es kaum, die ihnen am Herzen liegenden Themen zu setzen. Statt über den weltweiten Wettbewerb von Bankgeschäften und Aluschrauben verhandelten die Minister und Delegierten immer wieder nur über Landwirtschaft.

Mit ihrem Anteil von bloss 10 Prozent am Welthandel gehört die Landwirtschaft eigentlich nicht gerade zu den zentralen Themen. Dafür sind um so mehr Emotionen im Spiel.

Das zeigten auch die gewalttätigen Proteste der südkoreanischen Bauern auf den Strassen rund um das Konferenzzentrum, die Reis nicht nur als Nahrungsmittel, sondern als Mittelpunkt ihres Lebens sehen.

«Das ist hier eine Welthandelsrunde und keine Agrarkonferenz», nörgelte der deutsche Wirtschaftsminister Michael Glos. Doch in die missliche Lage auf der Anklagebank hatte sich die EU nach Ansicht vieler selbst manövriert. Zu früh sei Brüssel im Oktober mit dem Kompromissangebot zum Abbau der Landwirtschaftshilfen aus der Deckung gekommen, hiess es in den europäischen Delegationen. Das Pulver sei ohne Gegenleistung verschossen worden.

Die Europäer am Pranger

Entsprechend schlecht gelaunt war EU-Handelskommissar Peter Mandelson. Er bot in Hongkong das genaue Gegenteil zum aufgeräumten und locker im Hemd auftretenden US-Handelsbeauftragten Rob Portman. Denn obwohl auch die USA ihren Farmern mit Milliardensummen helfen, standen vor allem die Europäer wegen ihrer Agrar-Exportsubventionen am Pranger.

Mit 2,6 Mrd. Euro jährlich sorgt Brüssel dafür, dass europäische Feldfrüchte auf dem Weltmarkt billiger sind. Und diese Unfairness brachte besonders den unnachgiebigen brasilianischen Aussenminister Celso Amorim auf. «Unmoralisch» seien die Zahlungen, schimpfte er.

Kämpferische Entwicklungsländer

Auch die Entwicklungsländer, deren teilweise prächtig gekleidete Minister und Ministerinnen Farbe ins langweilige Grau der Delegationsanzüge brachten, wussten für ihre Sache zu kämpfen. Sie scheuten dabei auch vor drastischen Drohungen nicht zurück. «Horden illegaler Immigraten werden die Vorstädte der reichen Länder in Brand setzen», sollten die Interessen der Ärmsten nicht beachtet werden, warnte etwa Kameruns Handelsminister Luc Magloire Mbarga Atangana.

Bekommen haben sie dennoch nicht viel. Selbst das vielbeschworene Entwicklungspaket enthält zahlreiche Zugeständnisse an die wirtschaftlichen Interessen der Reichen. Auf die WTO-Länder wartet noch viel Arbeit.

(Ellen Hasenkamp/afp)

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