Eine Sportart am Existenzminimum

publiziert: Freitag, 24. Nov 2006 / 21:38 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 7. Feb 2007 / 09:28 Uhr

Das Budget um 25 Prozent gekürzt, das grösste Talent an einen anderen Verband verloren und Engpässe bei der Betreuung - für die Schweizer Kombinierer sind das keine Gründe, die Ziele vor dem WM-Winter tiefer anzusetzen.

Disziplinenchef Hippolyt Kempf kämpft weiter.
Disziplinenchef Hippolyt Kempf kämpft weiter.
In der vergangenen Saison standen Disziplinenchef Hippolyt Kempf 800 000 Franken zur Verfügung. Damit liess sich haushalten, eine saubere Kaderstruktur und angemessene Betreuung im Schoss von Swiss-Ski finanzieren.

In der Vorbereitung auf die neue Saison mussten die Verantwortlichen aber Kompromisse eingehen, die auf Dauer kaum verziehen werden. Weil das Budget der bei der verbandsinternen Priorisierung in die Gruppe 3 eingeteilten Kombinierer auf 600 000 Franken gekürzt wurde, waren Einsparungen in den Bereichen Personal und Trainingslager unumgänglich.

So wurde der B-Weltcup-Trainer Robert Stadelmann erst per 1. November unter Vertrag genommen. Der A-Weltcup-Trainer Eugen Krügel kümmerte sich in der Vorbereitung um bis zu acht Athleten gleichzeitig. «Einmal mag das gehen. Aber im nächsten Sommer muss sich das wieder ändern», sagte Krügel. «Zum Glück sind unsere Athleten sehr selbständig. Doch wenn wir in einem Jahr mit Tim Hug und Felix Kläsi zwei Youngster in die Trainingsgruppe 1 integrieren wollen, liegen keine Kompromisse mehr drin.»

Hippolyt Kempf sieht nur einen Weg zur Besserung: «Wir brauchen jetzt gute Resultate, damit dann vielleicht wieder mehr Geld kommt.» Andernfalls sieht Kempf seine Strategie der Kontinuität auf allen Alters- und Leistungsstufen gefährdet.

«Die Alternative wäre eine ´Partisanen-Strategie´. Man nimmt eine talentierte Gruppe, führt sie an die Spitze, lässt alles in sich zusammenfallen und fängt wieder von vorne an. So würde womöglich auch eine halbe Million pro Jahr reichen.»

Das Feilschen um Jan Schmid

Kempf kämpft um jeden Tausender. Als ihm der in Trondheim aufgewachsene Jan Schmid (23) eröffnete, dass er seine Zukunft im norwegischen Verband sehe, liess ihn Kempf nicht einfach ziehen. Ohne die Freigabe von Swiss-Ski wäre Schmid gesperrt worden. Kempf und Swiss-Ski-Direktor Hansruedi Laich pochten auf eine «Ablösesumme» - und forderten 40 000 Franken. Laich stieg in den Verhandlungen bewusst hoch ein, um am Ende die angestrebten 15 000 Franken zu bekommen.

Für die «Transfersumme» kam aber nicht etwa der norwegische Verband auf. Jan Schmid, der als Student und Vertreter einer typischen Randsportart ohnehin nur dank der Unterstützung Dritter über die Runden kommt, musste das Geld selber auftreiben. Gegenbeispiel: Dem Slalom-Spezialisten Urs Imboden, der neu für Moldawien startet und in der Weltrangliste immer noch die Schweizer Nummer 4 ist, legte Swiss-Ski keine Steine in den Weg.

Kempf verlor jedoch im Gegensatz zu den Alpinen einen Athleten, den er noch so gerne behalten hätte. Schmid galt als grösstes Schweizer Talent. Weitere Abgänge im nächsten Frühjahr stehen bevor. Die Routiniers und Teamstützen Andreas Hurschler (29) und Ivan Rieder (30) entschieden sich erst nach langem Werweissen, eine (letzte) Saison anzuhängen.

Zusammen mit Ronny Heer (25) und Seppi Hurschler (23) bilden sie in der ersten von drei Weltcup-Perioden ein Swiss-Ski-Quartett. Am stärksten stuft Krügel momentan den Luzerner Heer ein - vor dem jüngeren Hurschler und den beiden «Oldies». «Andreas Hurschler und Rieder springen noch zu wenig konstant», sagte Krügel.

Am Wochenende der Weltcup-Auftakt

Im Gegensatz zu den Sprung-Spezialisten Andreas Küttel, Simon Ammann und Guido Landert absolvierten die Kombinierer schon vor der Weiterreise zur ersten Wettkampf-Station Kuusamo (Fi) einige Sprünge auf Schnee. Während drei Tagen trainierten sie auf der Schanze in Vuokatti. Mit je einem Sprint und einem Wettkampf über die klassische Distanz erfolgt nun am Wochenende der Weltcup-Auftakt.

Das Hauptziel bleibt trotz schlechteren Voraussetzungen gleich: Top-Ten-Klassierungen im Weltcup und an den Weltmeisterschaften in Sapporo. Doch Hippolyt Kempf wäre nicht Hippolyt Kempf, wenn sein Blick nicht auch in die Ferne schweifen würde: «Als Chef muss ich meinen Jungs Visionen geben. Ich denke dabei an die Weltmeisterschaften 2011 in Oslo, im Mutterland des nordischen Skisports. Ganz Norwegen wird sich am Holmenkollen mit uns Nordischen identifizieren.» Es gibt im Sport immer noch andere Anreize als Geld.

Termine

A-Weltcup: 25./26. November in Kuusamo (Fi/Sprint, Klassische Distanz). 2./3. Dezember in Lillehammer (No/Klassische Distanz, Mannschaft). 16./17. Dezember in Ramsau (Ö/Massenstart, Sprint). 30. Dezember in Oberhof (De/Klassische Distanz). 3. Januar in Ruhpolding (De/Mannschaft). 6. Januar in Schonach (De/Klassische Distanz). 13./14. Januar in Val di Fiemme (It/Massenstart, Mannschaft). 20./21. Januar in Seefeld (Ö/Sprint, Klassische Distanz). 27./28. Januar in Harrachov (Tsch/Sprint, Klassische Distanz). 3./4. Februar in Zakopane (Pol/Sprint, Massenstart). 9./10. März in Lahti (Fi/Klassische Distanz, Sprint). 17./18. März in Oslo (No/Klassische Distanz, Sprint).

Weltmeisterschaften: 22. Februar - 4. März in Sapporo (Jap/Sprint, Mannschaft, Klassische Distanz).

Kader

Nationalmannschaft: Ronny Heer (25, Einsiedeln), Andreas Hurschler (29, Egg). -- A-Kader: Michael Hollenstein (22, Oberdürnten), Seppi Hurschler (23, Grafenort), Ivan Rieder (30, Ramsau/Ö), Lucas Vonlanthen (25, Reichenburg). -- C-Kader: Joel Bieri (17, Kandersteg), Marco Gerber (20, Wald), Tim Hug (19, Gerlafingen), Felix Kläsi (19, Rüti), Tommy Schmid (18, Tiller/No). -- Rücktritte: Andy Hartmann, Pascal Meinherz. -- Nationenwechsel: Jan Schmid (startet neu für Norwegen). -- Disziplinenchef: Hippolyt Kempf. -- Trainer: Eugen Krügel (A-Weltcup), Robert Stadelmann (Ö, B-Weltcup).

(Philipp Bärtsch/Si)

 
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