Eine amerikanische Rassismus-Affäre, die keine war

publiziert: Samstag, 24. Jul 2010 / 12:46 Uhr / aktualisiert: Sonntag, 25. Jul 2010 / 21:33 Uhr
Shirley Sherrod wurde rehabilitiert, ihr Chef hat sich öffentlich entschuldigt und ihr eine neue Stelle angeboten.
Shirley Sherrod wurde rehabilitiert, ihr Chef hat sich öffentlich entschuldigt und ihr eine neue Stelle angeboten.

Eine leise sprechende Schwarze mit sanftem Naturell wurde diese Woche durch ein kafkaeskes Wirrwarr, in dem Hautfarbe, rechtsgerichtete Medien und Verantwortliche der US-Regierung eine Rolle spielten, zur bekanntesten Person im amerikanischen Politikgeschehen.

4 Meldungen im Zusammenhang
Weiterführende Links zur Meldung:

CNN International
Join Jonathan Mann for an insightful and irreverent eye toward American politics in the Barack Obama era.
edition.cnn.com/POLITICS

«Im Namen unserer Regierung möchte ich Sie um Verzeihung bitten», erklärte Regierungssprecher Robert Gibbs.

Shirley Sherrod war bis zu dieser Woche eine relativ unbekannte Abteilungsleiterin des Landwirtschaftsministeriums, die mit der Unterstützung von Farmern betraut war, die in einer armen Gegend der USA ums finanzielle Überleben kämpfen müssen.

Aber dann entdeckte ein erzkonservativer Blogger eine Videoaufzeichnung einer von ihr gehaltenen Rede, in der sie von der Zusammenarbeit mit einem weissen Farmer berichtete, der sich ihr gegenüber überheblich verhalten hatte.

«Ich musste mit der Tatsache klarkommen, dass so viele Schwarze ihr Farmland verloren hatten. Und dann wurde ich damit konfrontiert, dass ich einem Weissen helfen musste, sein Land zu retten», sagte Sherrod in dem häufig ausgestrahlten und zitierten Ausschnitt. «Ich habe ihn nicht in dem Umfang unterstützt, wie es möglich gewesen wäre.»

Nicht gezeigt wurde jedoch ihre Erklärung, dass dies vor über zwanzig Jahren geschehen sei, als Sherrod noch bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt war. Diese Geschichte habe ihr die Augen geöffnet und ihr gezeigt, dass es nicht auf die Hautfarbe ankomme. Schliesslich konnte sie dem unsympathischen Farmer genau die Hilfe bieten, die er benötigte.

Als CNN sich mit dessen Familie in Verbindung setzte, stellte sich heraus, dass alle Sherrod dankbar waren und es allein ihr Verdienst war, dass die Familie vom finanziellen Untergang gerettet werden konnte.

NAACP hatte ihre Entlassung gefordert

Aber die US-Bürgerrechtsorganisation NAACP hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ihre Entlassung gefordert und der US-Landwirtschaftsminister sie aufgefordert, ihre Stelle aufzugeben. Dieses Verhalten war nicht nur eine Reaktion auf Sherrods Rede, sondern auch auf eine lange und schmerzvolle Geschichte. Zehntausende Schwarze, Latinos und Frauen, die als Farmer arbeiten, haben sich beschwert, dass sie jahrelang vom Landwirtschaftsministerium ungerecht behandelt worden seien, wenn sie Hilfe vom Staat beantragt hätten.

Deshalb wollten die Bürgerrechtsorganisation, die sich vor allem um die Belange von Schwarzen kümmert, und ein Mitglied des Kabinetts des ersten schwarzen Präsidenten in der Geschichte Amerikas demonstrieren, dass man jede Form von Diskriminierung ablehne.

Als schliesslich alle Fakten ans Tageslicht gekommen waren, beschwerte sich die NAACP, dass sie absichtlich von dem Blogger und den Medien, die seinen Mitschnitt ständig wiederholten, getäuscht worden seien. Der Landwirtschaftsminister Tom Vilsack entschuldigte sich bei Sherrod und bot ihr einen neuen Job an. Hautfarbe und Politik – wieder einmal bleibt das Amerika unter Obama nur ratlos zurück.

Jonathan Mann - POLITICAL MANN
Dieser Text stammt von Jonathan Mann, Moderator und Journalist bei CNN International. Er moderiert das wöchentliche Politmagazin «Political Mann» auf CNN International. Der Text steht in der Schweiz exklusiv für news.ch zur Verfügung.

 

(li/CNN-News)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Barack Obama ist passionierter Basketballspieler. (Archivbild)
Washington - US-Präsident Barack Obama hat am Sonntag sein sportliches Können mit einem «Dreamteam» aktueller und ... mehr lesen
Barack Obama vollendet den Traum von der Sklavenbefreiung. Und passt doch in kein Schema.
CNN-News US-Präsident Barack Obama ist nach wie vor schwarz und die Amerikaner müssen ... mehr lesen
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
Aus der Reportage zum «Frauenhilfsdienst», Rekrutinnen nach einer Übung in Kloten, 1983.
Aus der Reportage zum «Frauenhilfsdienst», ...
Fotografie Vom 18. August 2023 bis 8. Oktober 2023  Eine Ausstellung im Stadtmuseum Aarau blickt auf die Arbeit der renommierten Fotojournalistin Sabine Wunderlin zurück. In den 40 Jahren ihrer Tätigkeit war sie Zeugin einer Umbruchszeit in der Schweiz. mehr lesen  
Vom 14.7.2023 - 22.10.2023 im Landesmuseum Zürich  Mit einer Ausstellung, die auf die Erfahrungen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen blickt, taucht das Landesmuseum Zürich in die jüngere ... mehr lesen
Gastarbeiter Nach dem Zweiten Weltkrieg nimmt die Schweiz fast die Hälfte der gesamten italienischen Auswanderung auf. Die Italienerinnen und Italiener arbeiten in Fabriken, bauen Strassen oder Staudämme und leisten einen wesentlichen Beitrag zum wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben des Landes. Wartende Gastarbeiter auf dem Bahnhofareal. Brig / VS, 1956
Lehrmittel und Lehrpläne sind in Bezug auf Geschlechterdarstellungen oft veraltet.
Bund, Kantone und Wirtschaft in der Pflicht  Bern, 25.05.2023 - Die Eidgenössische Kommission für Frauenfragen EKF richtet Empfehlungen an Bund, Kantone und Wirtschaft. Denn: Obwohl die Gleichstellung von Frau und ... mehr lesen  
Der britisch-kanadische Wissenschaftler Geoffrey Hinton gilt als einer der Pioniere der künstlichen Intelligenz (KI), ... mehr lesen  
Wohin führt uns in Zukunft die KI-Technologie?
Titel Forum Teaser
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Sa So
Zürich 13°C 18°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen recht sonnig
Basel 14°C 21°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich recht sonnig
St. Gallen 12°C 15°C anhaltender Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen recht sonnig
Bern 13°C 19°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen sonnig
Luzern 13°C 17°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen freundlich
Genf 14°C 20°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich sonnig
Lugano 17°C 20°C bedeckt mit Gewitternleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen sonnig
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten