Entschädigung für Verdingkinder noch offen
Bern - Am ersten Runden Tisch für Verdingkinder und andere Opfer fürsorgerischer Massnahmen sind am Donnerstag noch keine konkreten Beschlüsse gefasst worden. Bis zur zweiten Sitzung im Oktober sollen nun Modelle für Entschädigungszahlungen an die Opfer ausgearbeitet werden.
An der Sitzung nahm auch Justizministerin Simonetta Sommaruga teil. Sie hatte sich im April im Namen des Bundesrats bei den Opfern der Zwangsmassnahmen entschuldigt.
Die Opferorganisationen hatten im Vorfeld des ersten Runden Tisches konkrete finanzielle Forderungen gestellt. So sollen die Opfer in einem ersten Schritt Nothilfebeiträge von je 10'000 Franken erhalten. Ab 2014 sollen dann Entschädigungen von je 120'000 Franken in Form einer Zusatzrente ausbezahlt werden.
Der Runde Tisch habe die entsprechende Anträge entgegengenommen, hiess es in der Mitteilung. Nun würden im Hinblick auf die zweite Sitzung in der zweiten Oktoberhälfte Modelle für mögliche finanzielle Leistungen erarbeitet.
Kritik im Vorfeld
Der Runde Tisch war im Vorfeld in die Kritik geraten. So hatte der Verein «netzwerk verdingt» erst nicht am Treffen teilnehmen wollen. Die Organisation störte sich insbesondere am Umstand, dass auch Vertreter der katholischen Kirche zum Treffen geladen waren. Die Teilnahme von Bundesrätin Sommaruga bewog das «netzwerk verdingt» schliesslich zum Umdenken.
Nach Angaben Stadlers verlief die erste Sitzung in einer «konstruktiven Atmosphäre». Ein Vertreter der Schweizerischen Staatsarchive sei beauftragt worden, bis zur nächsten Sitzung eine Auslegeordnung zu Fragen der Akteneinsicht auszuarbeiten. Im Oktober sollen überdies Historiker Lösungsvorschläge zur historischen Aufarbeitung präsentieren.
Bis spätestens Mitte 2015 will das von Stadler geleitete Gremium seine Arbeit abschliessen.
Opfer von Behördenwillkür
Bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts hinaus wurden in der Schweiz zahlreiche Kinder aus armen Familien an Bauernbetriebe verdingt. Oft wurden die Verdingkinder dabei auch Opfer von Missbrauch.
«Administrativ versorgt» wurden Menschen noch bis zu Beginn der 1980-er Jahre. Der Behördenwillkür waren beispielsweise Frauen ausgesetzt, die unverheiratet schwanger wurden oder junge Männer, die als «arbeitsscheu» eingestuft wurden.
Seit Dezember 2012 existiert nun eine Anlaufstelle für Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen, zu denen auch Zwangssterilisierte und Zwangsadoptierte gehören. Alt Ständerat Stadler wurde mit der Aufgabe betraut, zwischen den Betroffenen und den Behörden zu vermitteln.
(bg/sda)
- melabela aus littau 1
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